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Serie: Action Comics, Band 900 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Ein wahrer Meilenstein wurde erreicht - noch nie hat eine Serie eines Superhelden die magische Grenze von 900 Ausgaben überschritten. Seit 1938 ist Superman nun ein wichtiger Hauptbestandteil der Action-Comics. Geschaffen von Jerry Siegel und Joe Shuster, machte Superman im Laufe der vielen Jahrzehnte manche Höhen und Tiefen mit, wechselnde Zeichner und Autoren schufen ware Glanzstücke der amerikanischen Superhelden-Geschichte, aber auch einige Storylines, die man lieber nicht mehr lesen würde.
DC nutzt die Nummer 900, um mehrere Storylines zu einem Ende zu bringen. Zum einen ist da die Geschichte um Lex Luthor zu nennen, der mittlerweile einen gottgleichen Status innehat und natürlich auch in diesem Zustand nur beseelt ist, Superman endlich zu töten. Perfiderweise versucht Lex, erfüllt von unendlicher Macht und Energie, es auf zweierlei Weise: Zum einen will er den Stählernen physisch besiegen, kann dies jedoch aus zunächst unerfindlichen Gründen nicht. Superman übersteht jede brutale Attacke und ihm scheint kaum ein Haar gekrümmt zu werden. Die Auflösung dieser Idee ist jedoch irgendwie an den Haaren herbeigezogen und klingt nach Baron Münchhausen, der sich auch selber an den ebenselbigen Haaren ziehend aus dem Sumpf befreit. Hier suchte man wohl eine möglichst "kosmische" Möglichkeit, das Ganze zu einem Ende zu bringen.
Besser gefiel mir das psychische Duell zwischen Luthor und Superman. Lex behauptet, der Superheld besitze keine Gefühle , da er en Alien sei und für die Emotionen und wahren Bedürfnisse der Menschen kein Verständis habe. Passenderweise zur zweiten Storyline wird auch hier der Tod Supermans durch Doomsday zitiert und gezeigt. Ebenso sieht man den Tod Jonathan Kents, Supermans Adoptivvater, dessen Erscheinen in diesem Bereich einen Drehpunkt in Sachen Beweislage zugunsten Supermans erwirkt. Clark Kent hat eben doch genügend Menschliches in sich, um Emotionen zu haben und auch zu zeigen. Das hat Lex Luthor nicht bedacht und so scheitert auch dieser Versuch, Superman endgültig zu besiegen.
In einer zweiten Storyline kämpfen die Superhelden Superboy, der Eradicator, Cyborg Superman, Supergirl und Steel gegen Doomsday. Ihr Kampf scheint vergegens, denn immer wieder gelingt es Doomsday, eine Superkraft eines seines Gegner zu kopieren und gegen die fünf zu wenden. Dadurch wird er immer mächtiger. Jedoch ist nicht alles so, wie es scheint, und auch hier hat Lex Luthor seine Finger im Spiel. Das Ergebnis (wohl die nächste Doomsday-Storyline) ist erschütternd - vor allem für die Superhelden.
Was wäre ein Jubiläumsband ohne Gastbeiträge? In sechs mal längeren, mal sehr kurzen Comics schildern diverse Autoren ihre Sicht auf Superman und ihre Vorstellung von dessen Design.
Am besten gefiel mir von diesen zusätzlichen Geschichten "Life Support" (Writer: Damon Lindeloff; Zeichnungen: Ryan Sook), in der den letzten Tagen von Krypton eine weitere Episode hinzugefügt wird. Die Zeichnungen und die Farben sind super geworden, die Geschichte kann trotz weniger Dialogzeilen eine Menge Emotionen ausdrücken. Wunderbar!
An zweiter Stelle folgt "The Incident" (Writer: David S. Goyer; Zeichnungen: Miguel Sepulveda). Superman muss sich vor der Regierung der USA dafür rechtfertigen, das er während einer friedlichen Demonstration der Bürger im Iran Stellung bezog. Offenbar versuchte - ähnlich wie andere Staaten derzeit während des "Arabischen Aufstandes" Iran seine Bürger gewaltsam zu unterdrücken und Superman beschloss während einer großen Demonstration in Teheran, Anwesenheit zu zeigen. Iran hat natürlich diese Aktion als kriegerischen Akt der USA eingestuft und Superman ist es sichtlich Leid, dass alle seine Taten mit der offiziellen Politik Amerikas gleichgesetzt werden. Konsequenterweise kündigt er an, seine US-Staatsbürgerschaft zurückzugeben.
In den USA hat diese eine kurze Geschichte zu einem großen Aufheulen geführt. Besonders viele Konservative und insbesondere rechte Politiker griffen DC an, hier zum Verräter des amerikanischen Ideals zu werden, und posaunten allerlei widerwärtiges Zeug in die Medien. Allgemein wird diese Geschichte, so denke ich, aufgrund der Ankündigung Supermans, seine Staatsbürgerschaft niederzulegen, in den amerikanischen Foren als "nicht gut" bewertet. Hier spielt wohl der Patriotismus und die entsprechende Vereinnahmung der Figur Superman eine große Rolle. DC hat jedoch angekündigt, dass Superman künftig mehr global wirken wird, statt sich nur auf Metropolis zu beschränken.
Auch deutsche Medien scheinen dieses Thema großflächig aufzunehmen und zu kommentieren - und das obwohl weder oben genannte US-Politiker noch viele deutsche Redakteure kaum je ein Heft der "Action Comics" gelesen haben dürften.
Grundsätzlich ist das Heft lediglich aufgrund der Gastbeiträge auch für Nicht-Leser der Superman-Serien zu empfehlen. Das Beenden von zwei Storylines, die schon etliche Hefte laufen und einige Serien querten, ist in einem Jubiläumsheft vielleicht passend, führt jedoch kaum dazu, dass Neuleser diese Seiten irgendwie verstehen. Hier fehlt einfach das entsprechende Vorwissen. Besser wäre es sicher gewesen, in der 900er Ausgabe eine neue Geschichte zu beginnen, statt zwei zu beenden. Und auch aufgrund der guten Gastbeiträge kann ich diesem Heft irgendwie nicht sehr viel abgewinnen und setze es in der Gut/schlecht-Skala irgendwo in die Mitte. Das Artwork überzeugt meistens, die Geschichten der Gastbeiträge sind fast alle gut, nur eben die für Neu- oder Immerwiedermal-Leser verwirrende Hauptgeschichte trägt nicht so ganz zur Feierstimmung bei. Stammlesern mag es sicherlich ganz anders ergehen.