Alcatraz – The Scapegoat Eine Rezension von Martin Wagner |
Alcatraz ist ein Name, den man wie keinen anderen mit einem Gefängnis verbindet, aus dem jeder Ausbruch erfolglos blieb. Die Zellen und die Mauern haben einige überwunden, aber spätestens im kalten Wasser der Bucht von San Francisco scheiterten alle Ausbrüche und endeten mit dem Tod der entflohenen Häftlinge. Viele Filme und sogar eine aktuelle Serie befassen sich mit der Gefängnisinsel und ihren Bewohnern und so ist es kein Wunder, dass sich auch die Spielindustrie diesem renommierten Gefängnis als Hintergrund für ein Spiel annimmt.
In Alcatraz – The Scapegoat, von Kuznia Gier, schlüpfen 3-4 Spieler in die Rolle von Insassen dieses berühmten Gefängnisses, die gemeinsam, es handelt sich hierbei nämlich um ein kooperatives Spiel, versuchen dem Gefängnis zu entfliehen.
Begrüßt werden die Spieler von einem Bild der Gefängnisinsel, das sofort klar macht, dass die Flucht nicht einfach wird. In der Box finden sich eine Anleitung in Englisch und Polnisch, die man sehr gut verstehen kann, selbst mit Schulenglisch, einige schön bebilderte Orts- und Charakterkarten, kleine Karten in einer Kartenbox, einige Tokens mit verschiedenen Symbolen und einige Holzfiguren verschiedener Größen, Farben und Formen.
Einen Spielplan gibt es nicht, den muss man vor jedem Spiel mittels der 12 beidseitig bedruckten Ortskarten selbst zusammenstellen, was jedes Spiel quasi einzigartig macht. Die Ortskarten zeigen dabei Orte, die man in einem Gefängnis erwartet, wie zum Beispiel Zellenblock, Kapelle, Büro der Wachmänner. An jedem Ort kann man im Spiel eine bestimmte Handlung ausführen. So erhält man in der Wäschekammer Kleidungsstücke und im Arbeitsraum Werkzeuge. Mittels dieser Gegenstände kann man die einzelnen Auftragskarten erfüllen, die einem schlussendlich die Möglichkeit geben die Wachen abzulenken und erfolgreich zu fliehen. Um diese Orte zu erreichen müssen die Spieler von Ortskarte zur Ortskarte gehen und dabei immer aufpassen, dass nicht zu viele Wachmänner am Zielort sind, denn diese sind natürlich nicht damit einverstanden, dass die Insassen Dinge stehlen und Aufstände anstacheln.
13 Runden haben die Spieler Zeit gemeinsam alle Aufträge zu erfüllen und Elemente des Fluchtplans zu sammeln und den Wachen aus dem Weg zu gehen, dann ist die Zeit um und die Wachen kommen den Insassen auf die Schliche.
Das klingt bis jetzt alles nicht so außergewöhnlich, aber ein Aspekt wurde bisher auch unterschlagen, nämlich der Untertitel des Spiels, The Scapegoat. Der Sündenbock hat nämlich eine ganz entscheidende Rolle zu spielen. Einer muss zurückbleiben und deshalb gilt für alle sich unabdingbar zu machen und möglichst Elemente des Fluchtplans zu sammeln, die sonst keiner hat. Dazu ist es nötig die anderen zu bestehlen und zu behindern so weit es möglich und nötig ist, ohne alles zu sabotieren, denn schlussendlich wollen ja alle das Gefängnis verlassen. Wer am Ende bleiben muss, entscheidet sich aber erst, wenn alle Elemente zur Verfügung stehen.
Während des Spiels, ist aber auch immer einer der Spieler der Sündenbock. Dieser wird nach Verhandlungen und nach geheimen Abstimmungen gewählt. Der Sündenbock hat mehr Handlungen als die anderen Spieler und darf Bestechungskarten verwenden, die der Gruppe durchaus helfen aber diese vor allen Dingen auch behindern können, schließlich will der aktuelle Sündenbock das Gefängnis verlassen und jemand anderen zurücklassen.
Die Entscheidung wer am Ende flieht und wer bleiben muss, ist unter Umständen recht einfach. Haben zwei der drei beziehungsweise drei der vier Spieler wichtige Elemente und einer der Spieler keine, so bleibt dieser zurück. Schwieriger wird es, wenn alle Spieler etwas beitragen könnten aber Elemente doppelt vorhanden sind. Einer muss bleiben und da tritt eine gute Regelung in Kraft: Die Spieler müssen überlegen, wer am nützlichsten war und wer nicht und dabei auch bedenken, dass sie als Insassen diese Entscheidung treffen. Sowohl der Sündenbock im Spiel als auch das Ende des Spiels bieten tolle Aspekte.
Das Spiel soll laut Anleitung zwischen 45 und 60 Minuten dauern und dies bestätigte sich beim ersten Spielen bereits. Trotz häufigem Nachschauen im Regelheft dauerte das Spiel nur eine Stunde. Während des Spiels wurde viel beratschlagt und kooperiert. Am Ende entschied eine reine Insassenentscheidung die Wahl des Sündenbocks und genau das machte dann Lust auf mehr. Die Regeln sind dabei durchdacht und passen ebenso perfekt gut zum Hintergrund, wie auch die Bilder und die Aufträge, die es zu erfüllen gilt. Ein weiterer Bonuspunkt für eine sehr gute Kritik ist aber die Wandlungsfähigkeit des Spiels. Keine Partie ist wie die vorherige und das rundet das ganze Spiel ab.
Fazit: Alcatraz – The Scapegoat ist ein wirklich tolles Spiel. Es gibt jede Menge Spielspaß mit tollen Bildern und einem Regelwerk, das auf den Hintergrund perfekt angepasst wurde. Von diesem Spiel wird man definitiv noch hören und für alle anglophoben Spieler sei zum einen gesagt, dass die Regeln auch mit Schulenglisch zu verstehen sind und zum anderen, dass das Spiel sicher bald übersetzt wird, denn es ist wirklich gut.