Serie: Alim der Gerber, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Mehr als zwei Jahre sind vergangen, seit Alim, sein Schwiegervater Pepe und seine kleine Tochter Bul aus Bramhalem geflohen sind.
In den unwirtlichen Bergen im Norden haben die drei nicht nur Unterschlupf, sondern auch neue Freunde sowie eine neue Heimat gefunden. Doch nach wie vor ist ihnen General Torq Djihid mit seinen Truppen auf den Fersen, denn der Rat der Stadt Bramhalem will es sich nicht leisten, die Häretiker ungestraft zu lassen, da Alims Entkommen in Verbindung mit zwei schlimmen Wintern, welche Spuren des Zerfalls in der einstmals blühenden Stadt hinterlassen haben, von vielen Kastenlosen mittlerweile als Zeichen des Propheten Jesameth höchstselbst gedeutet wird und sich damit ein Schisma abzuzeichnen beginnt.
Doch die Entscheidung des Stadtrates ist nicht unumstritten: Der Opfergeber Khelob fordert, Torq Djihid zurückzubeordern, da es insbesondere unter den Gilden der Stadt zu gären beginnt, weil deren Karawanen wegen der fehlenden Soldaten kein ausreichender Schutz mehr zur Verfügung steht.
Während Khelob gegen den Rat opponiert, begeht Torq Djihid im hohen Norden in einer eroberten Klosterfestung einen Akt blanken Terrors, der von Alim und seinen Freunden entdeckt wird, als sie an Bord eines Flugschiffs - eines zeppelinartigen Gefährts - eines Abends dort eintreffen. Es bietet sich ihnen ein Bild des Schreckens: Sämtliche Mönche wurden grausam niedergemetzelt, von dem Täter allerdings fehlt jede Spur.
Sofort bei Sonnenaufgang machen sich die Ankömmlinge wegen des Massakers auf den Rückweg in ihr Heimatdorf, um schnellstmöglich einen Rat aller Clans einzuberufen, nicht ahnend, dass Torq Djihids Truppen dort schon auf sie warten.
War das erste Album der Serie trotz seiner inhaltlichen Ambivalenz bzw. eines schweren, ernsten Untertons durch exotische, bunte Motive sowie eine gewisse orientalische Leichtigkeit im Umgang mit den Fährnissen des Lebens geprägt, so kommt „Die Verbannung“ inhaltlich ungleich düsterer und rauer daher, wird Gewalt zum handlungsprägenden Element. Allerdings ist diese Gewalt nicht plakativer Art, sondern nach wie vor in einen politischen bzw. religiösen Kontext eingebettet und lässt sich zumindest in Bezug auf den Story-Arc um Torq Djihids Untaten als Statement zu einer auf Harmonie und Spiritualität ausgerichteten Religion - dem Buddhismus - interpretieren.
Jenseits der expliziten Brutalität legen Autor wie Zeichnerin viel Wert auf die Darstellung eines authentischen und kargen Lebens in einer rauen Bergwelt oberhalb der Baumgrenze, in dem bei aller Härte jedoch auch Platz für Momente der Freude und der Unbeschwertheit ist, wobei die Story insgesamt einen Deut weniger tiefgründig, dafür etwas spannender als die des Vorgängerbandes wirkt.
Das Artwork dieses zweiten Albums ist so exzellent und makellos wie zuvor; mit leichter Hand gelingt es Virginie Augustin und ihrer Co-Koloristin, Geneviève Penloup, eine diesmal kühle, gewaltdominierte Atmosphäre zu erschaffen, die gleichermaßen düster und intensiv wie leicht und verspielt wirkt.
Fazit: Deutlich härter und kälter als der erste Teil, ist auch „Die Verbannung“ ein Comic-Juwel, das in keiner Sammlung fehlen darf.