Reihe: The Magazine of Fantasy and Science Fiction, Ausgabe 92 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
„Ansleys Dämonen“ von James Sallis
Ansleys Dämonen ist Titelgeber, aber auch letzte Geschichte in dieser Anthologie. Das Thema ist nicht ganz einfach. Beschreibt es doch die Situation eines Mannes, der seine Freundin verliert und eine neue findet, diese aber auch wieder verliert. Die erste Freundin verlor er durch Krankheit, die zweite verlor er durch sich selbst. Die Erzählung ist für mich wenig überzeugend. Etwas langatmig, verspielt ungenau und wenig ansprechend.
„Muster und Gewohnheiten“ von Barry N. Malzberg
Diese Erzählung des Altmeisters bleibt doch ein wenig hinter dem zurück, was er sonst liefert und was ihn berühmt machte. Beileibe keine Fantasy oder keine Science Fiction ist diese Erzählung um Emily Dickinson. Die ältliche Lehrerin (und postum weltberühmte Lyrikerin) weiß nicht, wozu sie gut ist, macht dies und das, sucht Männerbekanntschaften und wird doch immer wieder enttäuscht.
„Die Greifer“ von Jane Yolen
Diese Geschichte handelt von einem jüdischen Jungen, der nicht in die Armee des Zaren eintreten soll. Hintergrund ist der, dass der Zar 1862 ein Gesetz erließ, demzufolge die jüdischen Männer in der Armee dienen sollten. Für sie Männer war das so gut wie ein Todesurteil. Diese Haltung der Regierenden ist eindeutig antisemitisch. Nur kann man der Autorin daraus keinen Strick drehen, denn sie schreibt weiter, ohne politisch oder rassistisch oder religiös zu werden. Es geht um die Geschichte eines Jungen, dessen Eltern bereits vor vielen Jahren nach Amerika auswanderten. Dennoch sind sie im Jahre 1962 nicht in der Lage, vor dem Zar reißaus zu nehmen. Und alles, obwohl sie alles Jiddische ablegten, um so unerkannt zu bleiben.
Eine etwas untypische Geschichte für eine Erzählung im SF-Bereich, da gerade einmal die Jahreszahl und der Zar in Verbindung gebracht werden, um daraus eine etwas andere Gesellschaftsstruktur darzustellen.
„Der Berührte“ von Dale Bailey
Diese Erzählung ist in meinen Augen noch die beste Erzählung dieses Buches. Der Berührte ist ein mongoloides Kind, dem niemand etwas zutraut. Von jeher ist er Außenseiter, und die Großmutter behauptet immer wieder, er sei von Gott berührt. Erst sehr spät wird klar, dass dies tatsächlich der Fall ist, denn er kann ein totes Eichhörnchen wiederbeleben. Als sein Bruder Cade bei einem Bergarbeiterstreik erschossen wird, benutzt er erneut seine Gabe und hat fast Erfolg. Doch seine Mutter kommt hinzu und spricht ihn plötzlich so an, wie sie sonst immer mit seinem Bruder sprach. Und genau das ist es, was er immer schon wollte, und so unterbricht er die Wiederbelebung seines Bruders.
Hier kommt eine unheimliche Begabung zu tragen, die letztlich niemanden etwas geholfen hat. Die Erzählung selbst ist sehr schön beschrieben, das Gefühl, dabei zu sein, stellt sich rasch ein, und ehe man es sich versieht, ist die kurzweilige Kurzgeschichte vorüber. Ein schöner Plot mit besonderem Pfiff.