Reihe: Barracuda, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Seit den Ereignissen, welche die junge spanische Adlige Maria und den Novizen Emilio auf das Piraten-Eiland verschlugen, sind drei Jahre vergangen, drei Jahre, in denen die beiden Entwurzelten vordergründig ihren Frieden mit den Umständen geschlossen haben.
Maria hat ihren ehemaligen Besitzer und Peiniger, den Sklavenhändler Ferrango vor Kirche und Welt geehelicht, nur um den Liebestollen bei jeder Gelegenheit zu demütigen. Das Los der Sklaven allerdings, die sie einst, als sie noch zu ihnen zählte, auf Geheiß des Herren quälten, ist weit weniger freundlich, denn Maria übt grausame, blutige Rache.
Emilio, der nach außen hin immer noch die Rolle eines Mädchens spielt, wird von Mr. Flynn nach wie vor im Fechtkampf unterrichtet, ist jedoch vom bloßen Schüler zum Geliebten des dandyhaften Mannes aufgestiegen.
Raffy hingegen, der großspurige Sohn Captain Blackdogs, ist, nachdem der Vater die Insel ohne ihn verlassen hat, während der Sohn, von Maria angeschossen, mit dem Tode rang, mittlerweile nicht nur dem Alkohol verfallen, sondern leidet auch an dem schwindenden Respekt der übrigen Piraten.
Doch das Leben hält weitere Unwegbarkeiten für die Personen bereit, deren Schicksale miteinander verknüpft sind: Raffy trifft eines Tages auf Maria, welche er für sein Los verantwortlich macht, diesmal jedoch hält er die Pistole in den Händen. Statt die junge Frau zu töten, erkennt er in ihr das tiefe Leid, das dem seinen so ähnelt, und lässt sich auf eine Liebes-Affäre mit ihr ein.
Für Flynn bedeutet die Ankunft eines Mannes namens Morkam eine Konfrontation mit seiner eigenen Vergangenheit, denn eben jener düstere Kapitän, den er einst nach einem Duell – so glaubte er - tödlich verwundet und im Gesicht gezeichnet in der Gosse zurückließ, war später dafür verantwortlich, dass Flynn viele Jahre im berüchtigten Gefängnis von Hartford verbringen musste. Und nun will Morkam seine Rache an Flynn vollenden.
Lag der thematische Schwerpunkt des ersten Album deutlich noch im Piraten-Sujet, so kommt der zweite Band eher als „Mantel & Degen“-Abenteuer daher. Duelle, Intrigen, Romanzen und Rache bilden eine muntere Geschichte vor einem exotisch-historischen Hintergrund, in dem Piraten zwar gegenwärtig sind, die Handlung jedoch nur am Rande beeinflussen. Wer also auf opulente Seeschlachten und Bilder gischtgepeitschter Decks hofft, wird möglicherweise trotz der munteren, spannenden Story enttäuscht sein.
Ein echter Hingucker ist nach wie vor das zeichnerisch klare, detailreiche, cineastisch-dynamische, vor historischer und abenteuerhafter Authentizität strotzende Artwork Jérémys, das in Verbindung mit der atmosphärisch stimmigen, kräftigen Koloration, die oft auf Rot oder Blau als „Eyecatcher“ in einem ansonsten erdigen Farbenspiel setzt, gleichermaßen hart wie düster daherkommt und insbesondere den Figuren einen großen (visuellen) Wiedererkennungswert verleiht.
Fazit: Weniger eine Piraten-Geschichte, als vielmehr ein gefälliges, spannendes „Mantel & Degen“-Abenteuer, das von Jérémy virtuos in dynamische Bilder umgesetzt wurde.