Reihe: Barracuda, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Wir befinden uns in einer vergangenen Zeit, in der noch Segelschiffe Länder und Kontinente miteinander verbanden und in der für Piraten wie Captain Blackdog, den unangefochtenen Herrscher der "Barracuda", auf den Weltmeeren ein goldenes Zeitalter herrschte.
Nachdem Blackdogs Mannschaft eine spanisches Galeone aufbringen und entern konnte, metzeln die Piraten die Besatzung gnadenlos nieder, wobei allerdings der Kommandant der Spanier sein Leben dadurch retten kann, dass er den großspurigen Sohn Blackdogs, Raffy, in einen Duell besiegt.
Neben drei vermeintlich weiblichen Passagieren - Dona Emilia Sanchez del Scuebo und ihre Tochter Maria sowie der als junges Mädchen verkleidete Emilio – und dem Beichtvater der edlen Dame erbeutet Blackdog eine alte Schatzkarte, die augenscheinlich den Weg zum Diamanten von Kashar, dem größten Diamanten der Welt, weist.
Bevor sich der Captain jedoch auf die Schatzsuche begeben kann, gilt es, drei der vier Gefangenen auf dem Sklavenmarkt von Puerto Blanco an den Mann zu bringen, zumal Blackdog der Insel-Gouverneurin seit geraumer Zeit einen erheblichen Tribut schuldet. Während der Pater den inselansässigen Mönchen überstellt wird und die Geistlichen Dona Emilia freikaufen, landet Maria in den Fängen des skrupellosen und grausamen Sklavenhändlers Ferrango, der sie brutal misshandeln lässt, um sie zu brechen. Emilio hingegen trifft ein seltsames Los: er wird von dem rätselhaften Mr. Flynn erworben, der sich nicht nur als durch und durch kultivierter, fast schon dandyhafter Mann erweist und den Jungen in den Mädchenkleidern erkennt, sondern der sich auch dazu bereit findet, Emilio in der Fechtkunst zu unterrichten, da dieses Können in der brutalen Piraten-Gesellschaft über Tod oder Leben entscheiden kann.
Marias Lage eskaliert, als Mönche versuchen, das gefolterte Mädchen zu befreien und dabei entdeckt werden. Doch es ist nicht Ferrango, der sich an die Verfolgung der Flüchtigen macht, sondern der bösartige Raffy, der Sohn Blackdogs, der das Mädchen zur Strecke bringen will. Allerdings hat der die Rechnung ohne Marias Härte gemacht.
Auch wenn Piraten nie gänzlich aus Film und Literatur abgetaucht waren, ploppte das Genre erst wieder mit Disneys Blockbuster-Reihe "Pirates of the Caribbean" an die Oberfläche der Unterhaltungsindustrie und zwar in erster Linie in Form von Kinderromanen und vermeintlichen Kindersachbüchern. Im Comic hingegen fristen die Augenklappe behafteten Kerle nach wie vor ein Nischendasein innerhalb eines Nischendaseins, so dass Jean Dufaux' und Jérémy Petiqueux' "Barracuda" vor allem mangels präsenter Maßstäbe tatsächlich relativ frisch wirkt.
Im Gegensatz zur disney'schen Interpretation kommt allerdings erstens Dufaux' Geschichte komplett humorlos daher und sind zweitens die Helden – oder besser Figuren – düstere, gewalttätige, mehr oder weniger leidende Zeitgenossen, wobei ihre Charakterisierung unterm Strich relativ klischeehaft erfolgt. Lediglich Emilio, der übrigens in weiten Teilen als allwissender Ich-Erzähler fungiert, sowie Mr. Flynn, der in seinem ganzen Auftreten eine Hommage an den Schauspieler Errol Flynn zu sein scheint, bieten interessante Ansätze.
Das Erfrischende an Dufaux' Ansatz ist, dass er weitgehend ohne romantisierenden Firlefanz auskommt, der Verbrecher zu Helden stilisiert, denn seine Piraten sind alles in allem intrigante, eiskalte Killer, Menschenhändler und Frauenschänder, für die man als Leser letztlich keine Sympathie empfinden kann.
Ist die Geschichte unterhaltsam und spannend, so ist Jérémys Artwork grandios. Bisher tat sich der Künstler als Kolorist der Reihen "" und "Ritter des verlorenen Landes" hervor, nun stellt er sein Können als Zeichner unter Beweis. Mit feinem Strich entwirft er mit viel Sinn für historisch-authentische Details eine harte Welt, setzt Kämpfe und Gewalt hochdynamisch und zugleich düster in Szene und liefert insofern eine nahezu perfekte visuelle Umsetzung von Dufaux' Story.
Fazit: Eine spannende, abenteuerliche Geschichte, die den Fokus eher auf die gewalttätige, ernste Seite des Piraten-Mythos legt, die allerdings etwas unter den eher schwachen Figuren leidet. Jedoch alleine schon wegen des grandiosen Artworks eine unbedingte Empfehlung.