Titel: Castle Freak Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Lovecraft-Experten bezeichnen die Geschichte "He" (Er) als eine der atmosphärisch intensivsten Kurzgeschichten Lovecrafts. Darin geht es um einen wandelnden Leichnam, der aus seiner Gruft schreitet und mitten hinein in einen Ball der "High Society" platzt. Falls der eine oder andere Leser diese Geschichte nicht kennt, so kann er sich auf jeden Fall die Konsequenzen davon denken. Das Besondere an Lovecrafts Geschichte ist, dass er sie aus der Perspektive des Leichnams schildert.
1995 nahm sich die Horrorfilmindustrie dieses Stoffes an und produzierte einen Film, der vom Fangoria Magazin mit der "Goldenen Kettensäge" in der Kategorie Beste Direct-to-Video-Production ausgezeichnet wurde. Mit Lovecrafts Geschichte hat dieser Streifen nicht viel zu tun. Dennoch ist Regisseur Stuart Gordon mit "Castle Freak" ein recht guter Horrorfilm gelungen.
John Reilly fährt zusammen mit seiner Frau Susan und seiner Tochter Rebecca nach Italien, um dort eine Erbschaft anzutreten. Es handelt sich dabei um ein altes Schloss. Doch kaum ist die Familie dort eingezogen, als Rebecca die Anwesenheit von etwas Unheimlichem spürt. Niemand glaubt ihr. Als jedoch Leute spurlos verschwinden, nimmt sich John Reilly dem Geheimnis um das Schloss an. Ein Fehler. Denn der heimliche Bewohner des Gemäuers ist aus auf Rache.
Drehbuchautor Dennis Paoli und Regisseur Stuart Gordon verwandeln Lovecrafts Kurzgeschichte in eine Art Hommage an Autoren wie Wilkie Collins oder Sheridan Le Fanu. Diese Meister des klassischen Schauerromans bestückten ihre Geschichten stets mit alten Landhäusern oder Schlössern, seltsamen Ereignissen, unheimlichen Morden und rätselhaften Familiengeheimnissen. Und genau das bekommt der Zuschauer in "Castle Freak" geboten. Weit davon entfernt, ein Splatterfilm zu sein (auch wenn es zwei, drei Szenen gibt, die ziemlich unappetitlich sind), gehört dieser Film viel eher in das Geisterhausgenre, wo mit recht einfachen Mitteln eine düstere, unheimliche Atmosphäre geschaffen wird. Erscheint es zunächst, als würde ein Geist in dem Schloss sein Unwesen treiben, so wird schon recht bald klar, dass wir es hier mit einer überaus tragischen Gestalt zu tun haben, in deren gutmütigem Herzen sich zunehmend Hass und Rachegefühle gesammelt haben. Den Machern gelingt es durch die Anlehnung an die Aspekte der Schauerromantik, einen in sich schlüssigen Film zu kreieren, bei dem die Handlungsweisen und Veränderungen der Protagonisten durchaus nachvollziehbar sind. Dies trifft ebenfalls auf den Castle Freak zu, dessen Taten im Grunde genommen als schreckliches Resultat seines tragischen Schicksals erscheinen.
Mit "Castle Freak" ist Stuart Gordon nach seinem Erfolg "Re-Animator" ein sehr interessanter Horrorfilm gelungen, der gekonnt die klassischen Motive des Horrorgenres aufgreift und konsequent umsetzt. Aus Lovecrafts Erzählung ist übrigens nur eine Szene übernommen worden. In dieser nähert sich der Castle Freak einem Spiegel und erschrickt schließlich vor seinem eigenen Anblick.