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Titel: Christmasland
Eine Rezension von Sebastian Hallmann
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Inhaltszusammenfassung:
Vicky, für ihren Vater einfach nur »das Gör«, hat die geheime Gabe, Dinge zu finden – verlorenen Schmuck, verlegte Fotos, Antworten auf unbeantwortbare Fragen. Dazu muss sie sich einfach nur auf ihr Fahrrad schwingen. Über die nahe gelegene alte Holzbrücke gelangt sie dann im Handumdrehen, wohin sie will, an all die meilenweit entfernten Orte, wo sich das Verlorene befindet. Der Kleinen ist klar, dass andere (ihre Eltern!) darüber nur ungläubig den Kopf schütteln würden. Sie glaubt es ja selbst nicht richtig.
Auch Charlie Manx hat eine spezielle Gabe. Er ist so in Kinder vernarrt, dass er sie gleich dutzendweise kidnappt. Über verborgene Wege bringt er sie in seinem unheimlichen Rolls-Royce nach »Christmasland«, wo er ewige Weihnacht zu feiern verspricht. Und da Vicky immer wieder Ärger anzieht, ist es kein Wunder, dass sich ihre Wege und die von Charlie irgendwann einmal kreuzen. Aber sie ist gewitzt genug, dem Häscher zu entkommen.
Das ist jetzt Jahre her, und aus dem einzigen Kind, das Charlie je entwischen konnte, ist eine junge Frau geworden, die am liebsten alles vergessen würde. Nur dass Charlie niemand ist, der etwas vergisst. Eines Tages nimmt er Vicky das Wichtigste in ihrem Leben. Kann sie es wiederfinden? Ein gnadenloser Kampf entbrennt, und Vicky will nur eines: Charlie endgültig vernichten …
(Amazon.de)
Kritik:
Manche Bücher beginnt man mit der Intention, dass man den Autor kennt und schätzt. Das war in diesem Fall nicht so, denn Joe Hill war mir bis dato kein Begriff. Erst während meiner Recherche nach mehr Lesestoff des guten Mannes stieß ich auf die Tatsache, dass Joe Hill ein Pseudonym für Joseph Hillstrom King ist. Genau, der Sohn des berühmten Stephen schreibt ebenfalls. Und, so viel möchte ich vorwegnehmen, das nicht schlecht!
Die Geschichte von “Christmasland” ist dabei natürlich das klassische Gut gegen Böse, mit übernatürlichem, Grusel, Horror und allem drum und dran. Hill wandelt also schon in einem gewissen Maß in den Fußstapfen seines Vaters, ohne dabei jedoch dessen Werke neu zu erzählen. So haben wir es hier mit einer angenehm originellen Story zu tun, die sich zwar innerhalb des Horrorgenres bewegt, dabei aber die bekannte Story auf eine Art und Weise interpretiert, die mir in dieser Form noch nicht unter gekommen ist. Das hat natürlich etwas für sich, vor allem da der Autor dabei auch absolut in der Lage ist, einen gut durchdachten und in einem angenehmen Maß ansteigenden Spannungsbogen aufzubauen, der sich auch tatsächlich bis in die letzten Seiten des Romans zieht. Zwischenzeitlich gab es zwar die eine oder andere Länge, man hätte das Buch meiner Meinung nach gut um 100 Seiten kürzen können, alles in allem kam aber keine Langeweile auf, wofür vor allem die wirklich sehr gelungene Atmosphäre der Geschichte gesorgt hat.
In Hinsicht auf die Charaktere hat Hill eindeutig das Talent von Daddy geerbt. Zwar sind seine Figurenzeichnungen nicht ganz so tiefschürfend wie die Kings, man hat aber dennoch zu jeder Zeit den Eindruck, es mit gut durchdachten Figuren zu tun zu haben. Dem Autoren gelingt es sogar, den Leser selbst für die Schurken in seiner Geschichte eine gewisse Sympathie empfinden zu lassen, ohne sie dabei jedoch ihres Schreckens und ihrer Bösartigkeit zu berauben. Ein toller Kniff, der leider nicht in vielen Romanen zum tragen kommt. Über die Nachvollziehbarkeit der Handlungsweisen lässt sich bei phantastischen Stoffen natürlich nur schwerlich etwas sagen, ich kann jedoch nicht sagen, dass mir unlogisch vorgekommen wäre, was in der Geschichte passiert ist.
Stilistisch ist Hill eine echte Überraschung. Wie ich schon sagte, bin ich erst bei der Suche nach weiteren Werken darauf gestoßen, dass es sich hier um Stephen Kings Sohn handelt, er hat also eine absolut eigenständige Schreibweise, die nicht mit der des Vaters zu vergleichen ist oder sie gar kopieren würde. “Christmasland” ist sehr eingängig, an vielen Stellen fast schon locker und mit einem gewissen Augenzwinkern geschrieben, ohne dabei jedoch zu einer Persiflage des Genres zu werden. Man kann also festhalten: Hill schreibt Horror – und das gut!
Fazit:
“Christmasland” von Joe Hill ist für mich eine handfeste Überraschung gewesen. Der Autor war mir bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt und somit hatte ich natürlich auch keine großen Erwartungen. Nach dem Genuss des Romans kann ich jedoch sagen, dass hier Horror in bester Qualität abgeliefert wird, der für jeden Genrefreund einen Blick wert sein dürfte. Atmosphärisch toll, hätten zumindest zu Beginn die wenigen Längen durchaus noch durch etwas Straffung des Manuskripts beseitigt werden können.