Serie: Kreuzfahrer, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Während des fünften Kreuzzuges im Jahre 1219 wird eine kleine Schar Kreuzfahrer in den Katakomben der von den Christen belagerten ägyptischen Stadt Damiette bei dem Versuch, die Tore der Stadt von innen zu öffnen, von etwas Unbekanntem regelrecht dahingeschlachtet und nur der junge Knappe Franz kann dem Massaker entkommen.
25 Jahre später, im Jahre 1244, also gut zwei Dekaden nachdem der 5. Kreuzzug für die Christen insgesamt in einem Desaster endete, begibt sich mit Wilhelm von Sonnac, Ritter des Tempelordens und Gesandter des Papstes, auf Einladung Ali Musafirs erneut ein hochrangiger Christ nach Damiette – allerdings incognito -, um dem Scheich im Kampf gegen das Übel, das noch immer die Stadt heimsucht, zu unterstützen. Bevor die beiden Ehrenmänner sich jedoch austauschen können, wird ihr Treffen von Assassinen kompromittiert und Wilhelm muss zunächst unverrichteter Dinge zurück nach Lyon reisen.
Hier gelingt es dem Ritter, Papst Innozenz IV. davon zu überzeugen, dass das Böse, für das mutmaßlich die Attentäter mit unheiligen, alchemistischen Ritualen verantwortlich zeichnen, große Macht für die Kirche verheißt, sollte man es bezwingen und seine Geheimnisse entschlüsseln.
Mit Erlaubnis des Heiligen Vaters stellt Wilhelm also eine kleine Gruppe von Spezialisten zusammen – darunter auch sein jüngerer Bruder, mit dem er zwar vor allem durch Hass verbunden ist, dessen alchemistisches Wissen aber für die Mission unabdingbar ist – sowie die junge, begnadete Kriegerin Klothilde.
Kaum dass die Schar nach einer vor allem emotional stürmischen Seereise Damiette erreich hat, finden die Kämpfer den Eingang zu den Katakomben, wo sie zunächst einen weiteren, ungewöhnlichen Mitstreiter rekrutieren, bevor sie schlussendlich vor etwas stehen, das nicht ihr gesamtes Weltbild zum Einsturz bringen könnte.
Anders als bspw. in Jarrys "Der tönerne Thron" oder Jodorowskys "Der schreckliche Papst" spielt die historische Genauigkeit in Izus und Nikolavitchs Story eine nebensächliche Rolle; man merkt der Geschichte vom ersten Moment an, dass das Abenteuerliche, die Action sowie das Mysteriöse im Fokus der Autoren liegen und nicht Fakten oder Zahlen.
Dramaturgisch ist "Das Gespenst mit den Silberaugen" relativ einfach aufgebaut, mit Elementen - der Tempelritter-"Task Force" etwa, zu der auch noch eine junge Frau oder zwei sich hassende Brüder gehören -, die nicht nur in den Figuren-Entwürfen deutlich an eine moderne TV-"Soap Opera" erinnern oder an Historien-Reißer wie "Der 13. Krieger". Dessen ungeachtet und trotz schwacher Dialoge ist die Story gleichermaßen so leicht wie spannend und dynamisch, dass sie einen vom ersten Moment bis zum grandiosen, vollkommen überraschenden Cliffhanger nicht loslässt, welcher den Folgeband zu einem Muss macht.
Zunächst etwas gewöhnungsbedürftig kommen Zhang Xiaoyus Zeichnungen daher. Im Seiten- und Bildaufbau folgt das Artwork zwar gängigen, konventionellen Schemata, allerdings ist der Zeichenduktus bzw. die Strichführung mit ihren mutigen, harten, in den Hintergründen z.T. etwas schematisch-künstlich wirkenden Schraffuren eher ungewöhnlich. Allerdings dauert es nicht lange, bis man die Dynamik, die Rohheit und die Expressivität, die diesem grafischen Ansatz innewohnt, schätzen lernt. In Verbindung mit der realismusnahen, stimmungsvollen Koloration hinterlässt das Artwork daher einen durch und durch gefälligen Eindruck.
Fazit: Ein abenteuerliches, spannendes, dynamisches Fantasy-History-Mystery-Cross-Over, bei dem man allerdings dem historischen Hintergrund nicht allzu viel Beachtung schenken sollte und der jenen Lesern gefallen wird, die schon Dufaux' und Xaviers "Kreuzzug"-Tetralogie mochten.