Titel: Das Mädchen mit den gläsernen Füßen Eine Rezension von Jessica Kaufmann |
Inhalt:
Seltsame Dinge gehen auf St. Hauda´s Land vor: Eigentümliche geflügelte Kreaturen schwirren umher, im Meer sind wundersame Feuerwerke zu beobachten … und Ida Maclaird verwandelt sich langsam, von den Füßen aufwärts, zu Glas. Nun kehrt sie an den Ort zurück, wo alles begann, in der Hoffnung, hier Hilfe zu finden. Doch stattdessen findet sie die große Liebe: Mit ihrer traurigen und trotzigen Art schafft Ida es, die Knoten in Midas’ Herzen zu lösen. Gemeinsam versuchen sie nun, das Glas aufzuhalten.
Meine Meinung:
1. Dieses Buch ist so anders als alles was ich bisher gelesen habe.
2. Dieses Buch passt perfekt in die jetzige Jahreszeit.
3. Dieses Buch ist langsam, ruhig und sanft und trotzdem spannend und energiegeladen.
Es ist schwer im Jugendbuchbereich noch ein Buch zu finden das ohne Vampire und Co auskommt und allein durch neuartige fantastische Elemente und durch eine gut durchdachte Story auskommt. In diesem Buch gibt es keinen obercoolen Schönling der seine etwas zurückhaltenden Prinzessin erobern will. Ebenso gibt es hier keine schmalzige Liebesgeschichte die zuckersüß dahin plätschert (was nicht heißen soll, dass in diesem Buch die Liebe zu kurz kommt). Dieses Buch punktet alleine durch außergewöhnliche Charaktere und durch sprachliches Können. Es braucht keine Effekthascherei, es ist wie es ist, einfach, ehrlich, phantasievoll und harmonisch.
Die fantasyhaltigen Elemente - ich scheue mich davor sie so zu nennen, denn dieses Buch hat so viel mehr zu bieten - sind gut platziert und so eingebaut, dass sie zwar auffallen, die eigentliche Geschichte aber nicht überlagern. Die Charaktere wirken anfangs alle ganz stinknormal. Midas - ein junger Mann mit einer mehr als miesen Kindheit, der die Welt durch das Objektiv seiner Kamera sieht. Ida - eine junge Frau die die Sonne und das Leben liebt und auf einmal durch ihre gläsernen Füße gezwungen wird langsamer zu machen und so mehr und mehr an Lebenslust verliert. Und dann ist da noch Henry Fuwa, dessen Lebensgeschichte unweigerlich mit der von Midas und Ida verstrickt ist. Er lebt im Moor, zurückgezogen und liebt seine kleinen Schützlinge (wirklich süße Tierchen und extrem interessant, aber was sie genau sind verrate ich nicht) und versucht alles um sie zu schützen. Auch ist er derjenige der weiß was genau mit Ida passiert sein könnte und wieso sich ihre Füße in Glas verwandeln "Spoiler" Im Moor gibt es einen kleinen Teich in dem Menschen aus Glas liegen und er weiß von einem Tier, ganz aus weiß, das kein Albino ist und das alles durch seinen Blick in Weiß/Glas verwandelt und WER oder welches WESEN dafür verantwortlich sein könnte. Wie schon erwähnt, diese Geschichte ist anders, besonders, außergewöhnlich - aber nicht nur die Geschichte an sich, sondern auch der Blickwinkel aus dem die Geschichte erzählt wird. Wir erleben sie aus der Sicht von Ida, von Midas, von Henry und von vielen anderen. Aber wir erleben sie auch aus der Gegenwart und aus der Vergangenheit. Wir reisen zurück in die Kindheit von Midas, lernen die Träume von Ida kennen oder schwelgen in alten Erinnerungen von Henry. Wir entdecken starke Gefühle, große Veränderungen und vorallem ehrliche und realistische Menschen mit liebenswerten Charakterzügen. Die Charaktere halten sich anfangs noch zurück und betreiben keinerlei Selbstinszenierung. Sie bleiben schlicht und trotzdem greifbar. Ida ist etwas zutraulicher als Midas und das zeigt sie auch. Sie geht auf Midas zu und versucht ihn aus der Reserve zu locken was mir sehr gut gefallen hat.
All dies wird aus einer sehr tristen und winterlichen Kulisse heraus beschrieben. Der Leser bekommt immer Stück für Stück mehr Informationen üder die Insel, die durch den harmonischen und sehr ruhigen Stil, einfach aber wunderschön daher kommt. Die Landschaftsbeschreibungen passen zur Geschichte und fügen sich nahtlos ein. Alles was beschrieben wird ist sehr ruhig und atmosphärisch, fast schon wirkt alles wie eingefroren und erstarrt, einfach langsamer und gemütlicher - so wie das halt im Winter so üblich ist. Auch der Schreibstil passt sich dem perfekt an. Poetisch, lockend aber nie zu forsch oder dahinrasend. Einfach leicht und schwerelos, wie eine Schneeflocke.
Besonders gefesselt haben mich die "Fantasy" Elemente des Buches. Sie sind wirklich sonderbar und so anders, ich konnte nicht aufhören zu lesen. Was genau für Idas gläserne Füße verantwortlich ist, hat man während des Lesens zwar in Verdacht aber es dauert ziemlich lange bis sich der Verdacht auflöst und man die Lösung präsentiert bekommt. Aber es spielen sich noch so viele andere zwischenmenschliche Beziehungen innerhalb des Buches ab in denen man gefangen genommen wird, dass man den langsamen Anstieg zum Showdown gar nicht wirklich wahrnimmt. Man wird als Leser auf eine Reise mitgenommen und entweder kann man sich auf diese Reise einlassen und sie genießen oder man muss den Zug vorher verlassen und hat etwas sehr schönes und einzigartiges verpasst.