Reihe: H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens, Sonderausgabe Band 3 Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
Mit "Der Besudler auf der Schwelle" liefert Edward Lee seinen (inzwischen mehr oder weniger abgebrühten) Lesern die in Deutschland langersehnte Fortsetzung von Lovecraft's "The Haunter of the Dark".
Hazel Greene, eine junge und hochintelligente Lehrerin, freut sich auf einen Kurzurlaub mit ihrer älteren und hochschwangeren Freundin Sonia. Deswegen steuern sie gemeinsam eine altmodische Hütte in den Wäldern an, die Sonia's Freund Frank von seinem Freund Henry geerbt hat. Die beiden Männer waren nicht nur Freunde, sondern auch Kollegen im Bereich der Wissenschaft. Diese gemeinsame Leidenschaft offenbarte Henry Dinge, die er nicht verkraften konnte, so dass er sich letztlich in der alten Hütte das Leben nahm. Auch Frank, Hazel und Sonia können das gefährliche Geheimnis nicht ruhen lassen und verlieren sich immer mehr in dem grauenvollen Vermächtnis, das Henry ihnen hinterließ.
Als ob das alles nicht schon aufregend genug wäre, hat Hazel nebenher zusätzlich mit ihren perversen, sexuellen Gelüsten zu kämpfen. Sie ist quasi der Inbegriff einer Nymphomanin, die unter ziemlich jeder bekannten Art der Sexsucht leidet.
Inmitten altbekannter, lovecraftscher Cthulhu-Mythen (Shoggothen), haben wir es hier in erster Linie mit einem wirklich deftigen Horror-Porno zu tun.
Die beschriebenen Sexualpraktiken und Perversionen enthalten im Grunde jede mögliche oder vielleicht auch unmögliche Art, Sex zu haben.
Wieder einmal habe ich mich gefragt, was Lee wohl geritten haben mag, als er sich diese Abartigkeiten ausgedacht hat. Die Beschreibungen der sadistischen Vergewaltigungen, denen Hazel sich selber immer wieder aussetzt, sind mitunter so realistisch beschrieben, dass mir schon nach dem ersten Drittel des Romans stellvertretend für Hazel der Hintern weh tat. Unnötig zu erwähnen, dass ich während der gesamten Lektüre kaum Appetit hatte.
Inmitten ihrer ausschweifenden Aktivitäten kam Hazel immer wieder der Gedanke "krank krank krank". Ja, genau das dachte ich dann auch von mir, als ich realisierte, was für einen irren Stoff ich mir da gerade reinzog.
Bisher hielt ich "Bighead" für das härteste Buch, das ich je gelesen habe. Dieser erste Platz in meiner Rangliste der ekelerregendsten Inhalte wurde nun souverän von "Der Besudler auf der Schwelle" übernommen.
Wie viele andere Leser vor mir, frage auch ich mich, ob Lovecraft sich nicht gerade mächtig im Grabe herum dreht.
Trotzdem ist es Lee wieder gelungen, mich nicht nur mit hochgradig intelligentem Fachwissen über sexuellen Fetischismus, sondern unter anderem auch mit wissenschaftlichen Details über angewandte Mathematik zu überraschen. Das und die spannende Horrorstory rund um Hazel's Sexwahn geben diesem Roman schließlich den typischen Schliff, der alle Romane von Edward Lee ausmacht. Mit dieser persönlichen Note hebt sich "Der Besudler auf der Schwelle" wieder einmal gekonnt aus der Schublade für Ekel-Splatter heraus und nimmt seinen, für mich hochverdienten, Platz in meiner Sammlung außergewöhnlicher Sammlerstücke ein.
Dieses seltene Schätzchen wird niemals im offiziellen Buchhandel erhältlich sein. Es gibt insgesamt 999 Exemplare, die alle von Hand nummeriert wurden. Ebenso gibt es deswegen auch keine ISBN-Nummer. Der FESTA-Verlag hat bekannt gegeben, dass dieser Roman niemals von diesem Verlag nachgedruckt wird. Evtl. ist aber das Erscheinen eines eBooks möglich.
Für mich ein absolutes Highlight sind die Signaturen von Edward Lee und Alan M. Clark (Illustrator) persönlich. Das hochwertige Hardcover mit Lesebändchen und allseits beliebter Lederoptik macht im Regal eine richtig gute Figur. Als Vorbestellerin hatte ich noch das Glück, dieses Sammlerstück zum Vorzugspreis von EUR 33,33 zu ergattern. Inzwischen muß der Leser ein wenig tiefer in die Tasche greifen. Für EUR 39,99 sind die verbleibenden Exemplare noch zu haben. Ich denke, auch die werden ziemlich schnell ausverkauft sein.
Fazit: Ja, ich gestehe: Ich bin anscheinend total "krank krank krank". Dieser Roman war der absolute Oberhammer der blutigen und sexuellen Perversionen überhaupt - ganz klar nicht geeignet für Leser unter 18 Jahren und schon gar nicht geeignet für Leser mit empfindlichen Mägen. Insgesamt und trotz allen Ekels hatte ich einige sehr unterhaltsame Lesestunden mit reichlich Action und einem apokalyptisch guten Finale.