Titel: Der Monstrumloge und die Insel des Blutes Eine Rezension von Christel Scheja |
Rich Yancey träumte schon seit seiner Kindheit davon, Schriftsteller zu werden. Auch wenn er nach seinem Anglistikstudium erst eine Künstlerkarriere startete und sich als Theaterschauspieler versuchte, musste er doch sein Geld im Finanzamt verdienen. Erst nach zehn Jahren konnte er diese aufgeben und seinen Wunsch verwirklichen. „Der Monstrumloge und die Insel des Blutes“ ist der dritte Teil seiner im viktorianischen Amerika angesiedelten Sage um die Monstersucher. Will Henry ist noch immer der Lehrling des Monstrumlogen Pellinore Warthrop, der sich inzwischen einen guten Ruf in gewissen Kreisen Amerikas gemacht hat, weil es ihm mehrfach gelungen ist, Kreaturen, die es eigentlich nicht geben dürfte, zu erlegen und die Menschen so zu schützen. Dem Jungen macht es mittlerweile nicht mehr viel aus, dem Doktor bei seinen Vivisektionen beizustehen. Ein neues Abenteuer beginnt, als Warthorp ein Päckchen geschenkt bekommt. Das darin enthaltene „Nest“ infiziert jeden, der damit in Berührung kommt. Der Überbringer des Päckchens ist bereits erkrankt. Deshalb wird er im Haus festgehalten und beobachtet, um herauszufinden, welche Wirkung das ganze auf den menschlichen Metabolismus hat. In der Folge ist der Monstrumloge daran interessiert, herauszufinden, woher das Nest kommt, das er als eine Spur zum „Heiligen Gral der Monstrumlogie“ bezeichnet. Allerdings nimmt er später nicht Henry mit auf die Reise vor die Küste Afrikas, sondern einen neuen Assistenten. Der Junge ist nicht gerade begeistert über die Entwicklung, nutzt aber die friedliche Zeit, um seine Kenntnisse und Beziehungen zu erweitern. Dabei erfährt er auch einiges über sich selbst. Das ist um so besser, denn es schärft Henrys Sinne für die Wahrheit. Eines Tages kommt der neue Mitarbeiter mit einer schrecklichen Nachricht zurück: Pellinore Warthorp soll verstorben sein. Allerdings glaubt Henry nicht daran und macht sich auf die Suche nach ihm. Das ist der Beginn eines lebensgefährlichen Abenteuers voller Blut und Tod, das ihn bald selbst quer durch die Welt führen wird. Mit dem Roman um den Monstrumlogen fühlt man sich in die frühe Horrorliteratur versetzt. Rick Yancey erweckt mit seinen düsteren, behäbigen Schilderungen die Szenarien zum Leben, die auch schon Lovecraft und Co. schätzten – der selbstbewusste Snobismus der westlichen Welt, die gerade zur Jahrhundertwende auf nüchterne Wissenschaft setzte und die Grenzen des menschlichen Seins austesteten ohne dabei jedoch immer brav moralische Regeln einzuhalten. Morbide und blutig geht es in dem Labor des Monstrumlogen zu, kalt wird der Zerfall eines Menschen beobachtet. Später beschwört der Autor dann die Abenteuerliteratur der Zeit herauf. Sehr atmosphärisch wird die Welt aus der Sicht des westlichen Menschen geschildert, inklusive der Vorurteile gegenüber anderen Völkern, die man nicht für besonders zivilisiert und schon gar nicht fortschrittlich hält. Doch bis es so weit ist, müssen actionverwöhnte Leser erst einmal ein wenig Geduld haben, nimmt sich die Handlung doch sehr viel Zeit, um die Figuren weiter auszuarbeiten, die einzelnen Szenarien zu beschreiben, damit man sie sich auch genau vorstellen kann und das Geheimnis um das unheimliche „Nest“ genüsslich zu sezieren. Aber auch damit steht er in der Tradition der alten Geschichtenerzähler. Immer wieder sind kleine Schreckensmomente eingestreut, um den Leser bei der Stange zu halten, wirklich dramatisch wird es jedoch erst am Ende des Bandes. Die Figuren wirken halbwegs lebendig, auch wenn immer eine gewisse Distanz bleibt. Immerhin entwickeln sie sich weiter, was für zusätzliches Interesse an dem Verlauf der Geschichte sorgt. Gerade die Vergangenheit des Monstrumlogen in Europa macht ihn um so interessanter. Abgerundet wird die Geschichte aber erst so richtig durch die Illustrationen von Jürgen Speh, die bewusst in dem Stil gehalten sind, den man auch in den Abenteuerromanklassikern und frühen Pulp-Romanen findet. Alles in allem ist „Der Monstrumloge und die Insel des Blutes“ ein Roman ganz im Stil der Pulp-Romane der zwanziger Jahre, ein wenig behäbig erzählt, aber doch grausam und morbide, wenn es darum geht, in die dunklen Ecken der Welt abzutauchen und die Dinge ans Licht zu holen, die besser verborgen blieben. Wer Lovecraft und Co. mochte, wird jedenfalls auch an diesem Roman von Rick Yancey seine Freude haben.