Serie: Cyann – Tochter der Sterne, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Bourgeon, dessen beiden großen Comic-Reihen, das dokumentarisch-historische Epos „Reisende im Wind“ und die mystische Fantasystory „Gefährten der Dämmerung“, auch im Splitter Verlag erschienen sind, wendet sich mit Cyann, das nun bei Splitter ebenfalls in einer Neuauflage erscheint, ganz der Science Fiction zu, wobei für das Szenario dieses ersten Albums Claude Lacroix verantwortlich zeichnet.
Auf dem Planeten Olh, dessen Bevölkerung in einen strengen Kastensystem organisiert ist, rafft eine Seuche, das Purpurfieber, allmählich die Männer dahin. Nachdem schon sein Sohn der Krankheit zum Opfer fiel, ist nun auch der Patriarch des Hauses Olsimar, eines der Herrscherhäuser des Planeten, tödlich erkrankt. Hoffnung auf ein Heilmittel verheißt nach zahlreichen vergeblichen Versuchen, der Seuche Herr zu werden, alleine eine Expedition zum Planeten ilO. Diese Expedition soll seine Tochter Cyann leiten!
Doch Cyann ist eine arrogante, hedonistische Zeitgenossin, deren Trachten und Streben sich auf die vergnüglichen Dinge des Lebens beschränkt, die keine Autorität anerkennt und die vergleichsweise rücksichtslos ihre Freundschaft mit Nacara ThilvarO, einer jungen Frau aus einer der unteren Kasten, ausbeutet.
Dennoch beginnen die beiden jungen Frauen das für die Expedition notwendige Trainings- und Schulungs-Programm, müssen jedoch schnell erfahren, dass scheinbar mächtige Gegenspieler das Unterfangen zu sabotieren versuchen.
Szenarist Lacroix macht es dem Leser nicht leicht, sich in die Geschichte hineinzufinden. Zahlreiche Charaktere und die zunächst unerklärten gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen der Handlung hinterlassen anfangs eine gewisse Ratlosigkeit, die zwar mit Voranschreiten der Story schwächer wird, da sich einige Dinge klären, aber ganz verschwindet das Unverständnis nicht, sodass die Handlung bis zuletzt einen zerfahrenen, wenig stringenten Eindruck hinterlässt. Das Augenmerk des Autors liegt eindeutig auf Seiten der beiden Hauptfiguren, Cyann und Nacara, denn auf dem großen Ganzen, wobei die Zeichnung der beiden Charaktere und ihrer seltsamen Beziehung dann auch vergleichsweise vielschichtig und komplex – wenn auch wenig spannend – ausfällt.
Das Beeindruckende an diesem ersten Album ist also mitnichten die eher wirre Story, als vielmehr Burgeons außergewöhnliches Artwork, das allerdings auch einige Schwächen aufweist. Insbesondere die Frauenfiguren wirken bei aller Individualität in den Physiognomien und bei allem erotischen Posing nicht nur hölzern und tot, sondern, betrachtet man Burgeons andere Serien, regelrecht stereotyp. Dieses ist jedoch zu verschmerzen, da das Ambiente, die architektonischen Gegebenheiten, die Fauna und Flora so exotisch, lebendig, opulent und geradezu schwül-dekadent dargestellt sind, dass sie den Leser visuell tatsächlich auf eine phantastische „Science Fiction“-Reise mitnehmen. Ein Stilmerkmal Burgeons sind die kleinenstrichigen, zum Teil punktförmigen Schraffuren sowie ein sehr bewusst bzw. technisch wirkender Umgang mit Schwarz, durch die er Bildern wie einzelnen Bildelementen ein große räumliche Tiefe verleiht, was in Verbindung mit der farbenfrohen, kräftigen Koloration die Exotik des Settings nochmals unterstreicht.
In editorischer Hinsicht bietet ein umfangreicher, 32-seitiger kommentierter Einblick in Burgeons Skizzenbuch eine Fülle von Hintergrundinformationen, die es dem Leser spürbar erleichtern, die Welt von Cyann zu verstehen und die damit mehr als bloße Impressionen sind.
Fazit: So schwer zugänglich die verworrene Story Lacroix', so wenig sympathisch die Hauptfigur, so grandios die Visualisierung der Exotik, der Üppigkeit und der Fülle des fremden Planeten.