Serie / Zyklus: Ameisen (Band 1) Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Sehr erfreut nimmt Jonathan Wells zur Kenntnis, dass er von seinem Onkel Edmund, den er als Kind nur ein paar Mal gesehen hatte, ein Haus geerbt hat. Mit Frau und Kind zieht er dort ein und stößt bald auf ein Mysterium: Der Keller ist versperrt und Edmund warnt Jonathan in einem an ihn gerichteten Brief eindringlich, diesen nicht zu betreten. Als aber der Pudel der Familie in den Keller eindringt, verwirft Jonathan die Warnung und betritt den Keller. Der Hund kann nur noch tot geborgen werden, doch auf Jonathan verübt der Keller eine große Anziehungskraft. Im Laufe der Zeit verschwinden neben Jonathan einige weitere Menschen im Keller und es bleibt keine Spur von ihnen zurück. Niemand scheint in der Lage, das Geheimnis des Kellers, der aus scheinbar unendlichen Treppen und Gängen zu bestehen scheint, zu enträtseln.
Parallel wird die Geschichte der Ameise 103 683 erzählt, die zusammen mit dem Männchen 327 und der Königin 56 einer Verschwörung auf die Schliche kommen. Im Reich von Bel-o-kan ist was faul und in der Ameisenföderation bahnt sich was an. Bevor die Ameisen der ganzen Sache auf die Schliche kommen können, wird 103 683 in einen Krieg mit Zwergameisen verwickelt und nur mit Mühe übersteht sie die gewaltige Schlacht. Und dann fliegt Königin 56 zum Paarungsflug und gründet ihre eigene Ameisenkolonie. Doch das Rätsel von Bel-o-kan hat sie nie vergessen.
Bernhard Werbers Roman ist höchst ungewöhnlich, da er sich auf Wesen konzentriert, die uns fast überall umgeben, aber nur selten wahrgenommen werden: die Ameisen. Die Beschreibungen um die Ameisen sind interessant und spannend und man verfolgt die Odyssee der Ameise 103 683 mit viel Interesse.
Erstaunlich ist allerdings, dass man den Ameisen mehr Interesse widmet als den Menschen des zweiten Erzählstrangs. Die Geschichte mit Jonathan und dem Keller ist nicht der große Wurf. Alles ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen und die Menschen an sich verhalten sich höchst unglaubwürdig. Gut, Bernard Werber ist Franzose, aber auch in Frankreich legen die Menschen ein gewisses Verhalten an den Tag. Die Menschen in dem Buch sind aber extrem sonderbar.
So ist dann auch die große Auflösung der Geschichte am Schluss nicht sonderlich begeisternd. Es ist der Höhepunkt einer verworrenen Geschichte, die vollkommen unglaubwürdig ist. Schade, dass deswegen das Zusammentreffen der Menschen mit den Ameisen überlagert wurde.
Insgesamt ist der Roman ein wenig überschätzt. Das Werk ist nicht schlecht, aber es wäre begrüßenswert gewesen, wenn Werber mehr Augenmerk auf die Charakterentwicklungen gelegt hätte, und auch die Schlussphase war eine Aneinanderkettung von verpassten Chancen: Das Durchlaufen der Tunnel machte die Menschen ameisengleich. Es wäre schön gewesen, wenn dies ausgebaut worden wäre. Auch der Kontakt zu den Ameisen war zu kurz. Dieser sehr interessante Ansatz hätte erweitert werden müssen und man hätte dafür die übrige Menschenhandlung straffen können. Das Ende an sich zeugte von einer gewissen Einfallslosigkeit. Fast möchte man annehmen, der Autor hatte keine Ahnung, wie er alles zu einem stimmigen Ende bringen sollte.
Dennoch: Der Roman ist schon faszinierend und lesenswert, trotz der Schwächen. Hätte Bernard Werber seine Arbeit sauber zu Ende gebracht, wäre das Buch der große Wurf geworden. So kam lediglich ein guter Roman heraus, bei dem viel Potential ungenutzt blieb. Und dass die Idee viel Potential enthielt, bewies die Tatsache, dass Werber noch drei Folgeromane verfasste.
7 von 10 Punkten.
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite.
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Die Ameisen - die Rezension von Jürgen Eglseer