Serie/Zyklus: Merle-Trilogie, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Merle und die blinde Junipa werden aus einem Waisenhaus Venedigs dem Spiegelmacher Arcimboldo übergeben. Der Mann entpuppt sich als gütiger Lehrmeister und schon bald haben sich die beiden Mädchen eingelebt. Dann macht Arcimboldo sogar noch mehr: Er setzt dem bilden Mädchen Spiegelaugen ein, und schon bald kann Junipa zum ersten Mal sehen. Doch das Glück währt nicht lange: Die Streitmacht des Pharo belagert Venedig seit 20 Jahren, doch nun gelang es den Häschern durch einen Trick, der „fließenden Königin“ habhaft zu werden. Diese hatte seit Beginn der Belagerung die Stadt verteidigt. Nur durch Zufall erfahren Merle und ihr Freund Serafin davon und können die Viole, in der das Schutzwesen der Stadt gefangen wurde, in Sicherheit bringen. Doch auch wenn Venedig nicht mehr gerettet werden kann, muss die fließende Königin entkommen, und dafür gibt es nur eine Möglichkeit: Merle muss die Königin trinken und begibt sich damit auf das Abenteuer ihres Lebens.
Kai Meyer erzählt eine stimmungsvolle Geschichte und wählt das Venedig einer alternativen Welt als Bühne. Dort gibt es Meerjungfrauen mit entsetzlichen Mündern und Steinlöwen, die fliegen. Alles wird bedroht vom Pharo und seinen Horuspristern, die mit ihren Mumienarmeen und Lichtschiffen die ganze Welt überrannt haben. Lediglich Russland unter dem Schutze der Hexe Baba Jaga konnte sich als einzige Nation der Macht des Pharo entziehen. Der Beginn ist - obwohl mal wieder ein altes Fantasy-Klischee strapaziert wurde - durchaus gelungen. Die Szenen beim Spiegelmacher sind interessant und fesseln und dürften wohl mehr die erwachsene Leserschaft ansprechen. Dann gewinnt das Buch an Tempo, als sich die Ereignisse überschlagen. Merle und die fließende Königin können fliehen, müssen jedoch Junipa und Serafin zurücklassen. Das eröffnet dem Autor die Möglichkeiten einer zweiten Handlungsebene, und geschickt werden die Ereignisse bis hin zu einem durchaus gelungenen Zwischenende gesponnen. Sicherlich ist die Geschichte nicht sonderlich originell. Man muss nur mal den Vergleich zu Philipp Pullmans Trilogie „His Dark Materials“ (der erste Teil „Der goldene Kompass“ wurde unlängst verfilmt) ziehen, um zu sehen, dass Kai Meyer zwar nicht abgeschrieben hat, aber sich wie Pullman auch von früheren Werken hat inspirieren lassen. Dennoch ist die Geschichte gelungen und Kai Meyer achtet ebenso aus Spannung wie auf Atmosphäre. Alles in allem ist dies ein gelungener Auftaktband zu einer Trilogie, die Lust auf mehr macht.
7 von 10 Punkten.
Eine Übersicht der Trilogie gibt es auf der Autorenseite.
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Themenbereich "Phantastik für Kinder und Jugendliche"
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