Titel: Die Maggan-Kopie
Eine Rezension von Martin Wagner |
Die nahe Zukunft ist in den letzten Jahren ein beliebtes Thema für Romane geworden. Das Genre ist dann meist entweder Cyberpunk, als Untergruppe von Science-Fiction mit sozialen Konflikten, oder pure Science-Fiction. Beide Genres bieten genug Angriffspunkte für spannende und interessante Geschichten mit jungen und alten Antagonisten und Protagonisten.
Jacqueline Montemurri hat sich in ihrem Debütroman für die Bezeichnung Zukunfts-Thriller entschieden und doch wird das Cyberpunk-Genre sehr schnell mehr als deutlich. „Die Maggan-Kopie“, so der Titel des Thrillers, erschien 2012 beim Hattinger Edition Paashaas Verlag und damit bei einem noch recht kleinen Verlag, was für einen Debütroman ja auch nicht unbedingt selten ist und auf keinen Fall etwas zur Qualität aussagt. Im Roman spielen zwei jungen Frauen die Hauptrollen, Maggan, die im Titel bereits auftaucht, und Svenja.
Gemeinsam erleben die beiden ein großes Abenteuer in einem Europa, das unter einer gespaltenen Gesellschaft, arm und reich, und unter einem deutlichen Vergrößerung des Ozonlochs bis tief nach Skandinavien hinein. Für Maggan beginnt alles bei einem Kletterausflug mit ihrem Vater, einem hohen Tier bei einem Konzern. Eine falsche Bewegung, ein tiefer Fall und eine Einlieferung in ein Krankenhaus, bei der die panische Aussage ihres Vaters zu ihrem Patientenstatus sie zwar verwirrt, aber sie sich nichts weiter dabei denkt. Auch die schnelle Verfügbarkeit eines Spenderorgans ist scheinbar ein glücklicher Zufall. Erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus stellt Maggan Fragen und stolpert dann mehr oder weniger über ein Geheimnis, das nicht nur Menschenleben fordert sondern auch Svenja auftreten lässt, die eine deutliche Ähnlichkeit zu Maggan hat. Schlagartig wird Maggan klar, dass das, was die ärmeren Menschen schon lange fordern, nämlich, dass Klone oder zumindest geklonte Organe für die Medizin zugelassen werden, für die reichen Menschen schon lange Realität ist. Für Maggan und Svenja bedeutet dieses Wissen aber keinen Frieden sondern Gefahr, denn Dr. Wong, ein Sadist und Hüter des Geheimnisses, und auch Maggans Vater versuchen alles, um das Geheimnis zu wahren ohne Maggan opfern zu müssen. Maggan und Svenja bleibt deshalb nichts anderes übrig, als gen Norden zu fliehen, wo eigentlich niemand leben darf und wo beide hoffen, nicht gefunden zu werden. Doch auch im Norden ist nicht alles, wie die Medien es verbreiten und die Gefahr alles andere als gebannt, was bis zum Ende des Buches für noch mehr Spannung sorgt und viele Opfer fordert.
So stellt man sich einen Cyberpunk-Roman vor, Action, Spannung, Konflikte zwischen Konzern- und Normalbürgern und Konflikte zwischen Arm und Reich. Dazu noch einige technische Entwicklungen, die zum Genre passen aber auch nicht allzu fern in der Zukunft realisiert werden könnten. Genre kann man also positiv abhaken. Werfen wir einen Blick auf die Spannungskurve im Allgemeinen und die Protagonisten und Antagonisten. Dank unterschiedlicher Episoden und Handlungsorten mit vielen interessanten Hintergründen und Rückblicken, bleibt die Spannungskurve bis zum Ende weit oben und die Autorin macht deutlich, dass sie das absolut beherrscht. Bei den Antagonisten macht sie auch alles richtig, Maggans Vater, Dr. Wong und die anderen Figuren gehen logisch vor und man kann schnell Antipathien aufbauen. Bei den Protagonisten können Maggan und ein Verbündeter überzeugen, Svenja selbst hingegen ist nicht komplett überzeugend, dafür ist ihre Lernkurve und die Verhaltensänderung einfach zu extrem. Da man dies aber auch als Stilmittel beziehungsweise als Teil von Svenjas Hintergrund deuten kann, sehe ich das nicht als Verschlechterung des Buches insgesamt. Hervorzuheben sind noch zwei weitere Dinge, zum einen das absolut gelungene Korrektorat und zum anderen das durchaus ungewohnte Format des Buches, das aufgrund der Breite garantiert hervorsticht und, obwohl ich anderes erwartet habe, nicht so störend ist. Ersteres verdeutlicht die Qualität des Verlages, letzteres der Mut einmal etwas anderes zu versuchen. Ich freu mich auf mehr Cyberpunk aus Hattingen und von Jacqueline Montemurri.
Fazit: Jacqueline Montemurris Debütroman setzt ein Ausrufezeichen in der Zunft der Autoren von Zukunfts-Thrillern und Cyberpunk-Thrillern, denn sie macht mit „Die Maggan-Kopie“ vieles richtig und hat sich dazu noch einen qualitativen Verlag ausgesucht. Die Geschichte ist spannend, bietet einige Überraschungen, sie ist vielseitig und die Figuren sind rund und dadurch können sie überzeugen. Kurzum, ein absolut gelungenes Buch, das einen nur hoffen lässt, dass Jacqueline Montemurri bald wieder einen solchen Roman schreibt.