Titel: Die Fratze Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
Jakob und Larissa sind zweieiige Zwillinge, die neben vielen anderen Dingen auch die Leidenschaft für Horrorfilme teilen.
Dieses Hobby erfährt seine jährliche Krönung durch den Besuch einer angesagten Halloweenparty, die von der ebenso angesagten Madlen veranstaltet wird.
Die Vorfreude steigt und die Vorbereitungen für die Fete sind im vollen Gange. Mit seiner Michael Myers Maske wird Jakob auch in diesem Jahr wieder ein echter Hingucker sein, nur, dass dieses Mal alles ganz anders ablaufen wird. Dreimal anders, um genau zu sein.
Wer mich kennt, weiß, dass ich eBooks hasse. Es gibt nur zwei Gründe für mich, ab und zu trotzdem eines zu lesen. Der erste Grund ist reine Neugierde bei Kostenlos-Aktionen. Der zweite Grund ist, wenn mich ein Autor einmal so beeindruckt hat, dass ich nicht bis zur Printausgabe warten kann und ich mir den neuen Stoff sofort reinziehen will.
Bei “Die Fratze” trifft der zweite Grund zu. Das und die Tatsache, dass diese Geschichte vom Autor mit drei verschiedenen Enden angeboten wird.
Dieses nette kleine Feature erlaubt mir nämlich, kurz vor dem Ende auszuwählen, welche Erinnerung ich gerne hätte.
Ja, diese Geschichte ist eine Erinnerung, erzählt aus der Sicht von Jakob und diese Erinnerung ist wirklich nicht angenehm. Nun, es ist Halloween und diese Geschichte enthält alle Elemente, die der Horror liebende Leser erwartet. Blut, Sex und Spannung – es ist alles da. Und das Ganze ist so gut erzählt, dass man es eigentlich nicht akzeptieren möchte, wenn die Lektüre sich dem Ende zuneigt.
Inzwischen kenne ich schon ein paar Werke von Christian Sidjani und auch ein paar Werke seiner gespaltenen Persönlichkeiten Nikolas Preil und Hauke Rouven. Obwohl alle Autoren sprachlich sehr gut ausgefeilte Werke abliefern, gibt es Unterschiede in deren Sprachgebrauch. Christian Sidjanis Geschichten vereinen alle Schreibstile in einem. Wir haben hier ein leicht gemäßigtes Tempo mit den dezent gewählten Formulierungen von Hauke Rouven gemischt mit dem brutalen und zum Teil wirklich derben Schreibstil von Nikolas Preil. Und ich kann nur immer wieder sagen: das rockt absolut!
Christian Sidjani ist einer der wenigen Autoren, die auch ein Rezept für Erbsensuppe ansprechend “erzählen” könnten.
Natürlich habe ich alle interaktiven Möglichkeiten voll ausgeschöpft und jedes der drei möglichen Enden gierig inhaliert. Diese Idee kannte ich bisher nur aus der Buchreihe “1000 Gefahren” für Kinder, bei denen man je nach Auswahl wild hin- und herblättern muss. Die Kindle-App macht es mir da ein wenig einfacher. Ich klicke auf die Auswahl und springe sofort zur richtigen Textstelle.
Alle drei Enden hatten es in sich. Eigentlich kann ich nicht sagen, welches mir am besten gefiel, aber wenn ich mich für ein Ende entscheiden müsste, würde ich “Killer” wählen.
“Die Fratze” ist wieder ein Paradebeispiel dafür, wie genial gut Indie-Literatur sein kann. Ein paar wenige Fehlerchen mögen wohl noch aufzufinden sein, die wahrscheinlich auch so manchem Verlag aufgrund von Betriebsblindheit durch die Finger gleiten. Allerdings sind es nicht so viele wie in den Werken von vielen anderen Selfpublishern, die mit der Erwähnung von Lektorat, Korrektorat und irgendwelchen Gütesiegeln auf Leserfang gehen. Wer kann, der kann eben.
Hier war ohne Zweifel jemand bei der Arbeit, der kann.
Fazit:
“Die Fratze” von Christian Sidjani ist ein spannendes, interaktives Leseerlebnis für Freunde von gut geschriebenen Horrorstories. Vorher war ich schon sehr angetan von dieser Schreibe, aber jetzt bin ich ein Fan. Gerne noch viel mehr davon. Kaufempfehlung!