Titel: Die Frau in Schwarz Eine Rezension von Sonja Buddensiek |
"Sie sagten doch, sie hätten einen Sohn? Einen kleinen Jungen?" - "Ja." - "Dann gehen Sie zurück zu ihm. Gehen Sie zurück und haben Sie ihn lieb."
Story:
Junganwalt Kipps gilt als verzichtbar in einer grossen Londoner Kanzlei, weshalb gerade er den Auftrag bekommt, den sonst niemand annehmen will. In einem von Marschland umgebenen, völlig isolierten Anwesen soll er das Erbe der verstorbenen Besitzerin klären. Dort bemerkt Kipps schnell, dass er bei den Einheimischen nicht, bei einer gespenstischen Erscheinung aber durchaus willkommen ist. Denn wer immer auch sie, die Frau in Schwarz, zu Gesicht bekommt, löst bei ihr eine Reaktion aus, die Unschuldigen das Leben kostet.
Meine Meinung:
Für Grusel- und Horrorfilme bin ich normalerweise eher nicht so zu haben, weil ich ziemlich schnell zum Angsthasen mutiere. "Die Frau in Schwarz" klang aber für mich so toll, dass ich wusste, dass ich ihn schauen muss. Mit hohen Erwartungen ging ich ins Kino - und kam komplett verängstigt, aber begeistert, wieder heraus.
Von Anfang an wird man von der eigenartig bedrückenden Atmosphäre des Films gefangen genommen. Schnell wird klar, dass Arthur Kipps kein glücklicher Mann ist. Bei der Geburt seines Sohnes ist seine Frau gestorben und seitdem trauert er - auch der kleine Joseph sieht in ihm mittlerweile einen traurigen, gebrochenen Mann. Das Dorf, in das er für einen Auftrag kommt, um zu zeigen, dass er ein wichtiger Mitarbeiter in der Kanzlei ist, wirkt düster und verfallen. Die Menschen sind feindselig, die Kinder verschreckt. Kipps hört nicht auf die Worte der Dorfbewohner und nimmt seine Recherchen über das Erbe des Eel Marsh House auf - ein Fehler...
Daniel Radcliffe darf endlich zeigen, dass er nicht nur einen Zauberstab schwingen kann, und das freut mich sehr. Denn es wird absolut klar, dass er mehr drauf hat, viel mehr. In diesem Streifen muss er präsent sein, denn es wird wenig gesprochen - und präsent ist er. Seine Mimik passt perfekt, von seiner Trauer über den Tod seiner Frau, seiner Entschlossenheit, das Haus zu durchsuchen über die nackte Panik, die ihn bald darauf erfasst...Er ist die Figur, auf die sich die Sympathien der Zuschauer konzentrieren und er schafft es die ganze Zeit über, zu fesseln.
Aber auch die Nebenfiguren lassen in keinem Fall zu wünschen übrig: Ciarán Hinds als freundlicher Helfer Sam Daily, der sich vor der Wahrheit um die Frau in Schwarz verschließt, Janet McTeer, dessen Frau, durch die die Witwe spricht und Zeichen schickt, und natürlich allen voran Liz White, die als einfach dastehende Geisterfrau kalte Schauer über den Rücken schickt. Und auch die restlichen Dorfbewohner und Kinder tragen dazu bei, dass man sich nicht mehr ganz wohl fühlt...
Und, mein Gott, nach den ersten noch ruhigen 20 Minuten wird es schaurig. Türen klappern, Gesichter tauchen auf, Gestalten huschen durch Korridore und über den Friedhof im Garten. Natürlich ist der Protagonist hier mal wieder selten-dämlich und geht den seltsamen Geräuschen nach, aber darüber kann man nicht nachdenken, dafür ist es viel zu gruselig. Immer wieder wird mit langsam anschwellender Musik gearbeitet, bis diese dann in einem großartigen, entsetzenden "BUH!" endet. Ich zitterte zeitweilig so sehr, dass ich nicht einmal mehr Popcorn essen konnte - und irgendwann erschrak ich schon durch das kleinste Geräusch. Der Film ist nervenzerfetzend und dabei absolut nicht übertrieben, er bleibt kontinuierlich auf dem selben guten Niveau.
Nach einer grauenhaften Nacht in der Villa mit so einigen Erlebnissen - wie von Geisterhand zerkratzten Fotos, plötzlich erscheinenden Spiegelbildern in Fenstern und einem aus dem Grab steigenden Jungen -, ist für Kipp klar, dass er sich dem Fluch stellen muss. So mündet der Film in einen atemberaubenden, das Blut in den Adern gefrieren lassenden Showdown voller schauriger Geschehnisse. Was hatte ich eine Angst! Vor allem, weil viele Szenen im Trailer anscheinend zensiert wurden, sodass ich in dieser Form nicht damit gerechnet hätte. Und auch das Ende ist sehr überraschend, so ganz anders als erwartet - und damit ein perfekter Abschluss.
Fazit:
"Die Frau in Schwarz" ist noch viel gruseliger als ich es erwartet hätte. Er ist atmosphärisch dicht, absolut packend und er erzeugt bei den eher weniger erfahrenen Zuschauern das nackte Entsetzen - zum Beispiel bei mir. Ich bin froh, dass wir zuhause keinen Schaukelstuhl haben [denn das war die mit Abstand schlimmste Stelle] und total begeistert. Wer sich mal so richtig gruseln will, sollte diesen Film probieren. 5 Punkte!