Titel: Die Toten, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Zombies sind in Mode! Jeder gut sortierte Verlag besitzt mittlerweile einen Comic oder einen Roman, in dem mindestens ein Untoter die handlungsrelevanten Charaktere herumscheucht. Jedoch, wenn man genau schaut, ist das Zombie-Dasein ein punktuell amerikanisches. Europäische Schauplätze werden nur in Nebensätzen erwähnt. Der Leser würde sich doch - auch inspiriert durch die Filme 28 Days Later und 28 Months Later - mehr Handlung auf dem hiesigen Festland wünschen, mehr europäische Sicht auf eine mögliche Zombie-Epidemie.
Zum Glück gibt es den Zwerchfell-Verlag, der genau diese Lücke füllt. Die nun vorliegende Reihe enthält jeweils drei oder vier abgeschlossene Kurzgeschichten von verschiedenen Textern und Zeichnern mit dem Thema einer europäischen Zombie-Plage, die am 3.10.2009 ausbrach. Zeitlich beschäftigt sich der aktuelle Band 1 mit der zweiten bis sechsten Woche nach dem Ausbruch. Weitere Bände werden sich späteren Zeiträumen widmen.
Autobahn A5 bei Baden-Baden
Story: Yann Krehl
Zeichnungen: Michael Vogt
Farben: Sven Strangmeyer
Rainer und Gabi stoßen auf der Suche nach einer Unterkunft auf den etwas schrulligen Sebastian, der sich in einer Kirche versteckt hat. Zu ihrem Erstaunen hat er dort eine große Menge Vorräte angesammelt, auch Bargeld findet sich dort. Wie er dem Paar erklärt, hat er für die Zeit vorgesorgt, wenn sich die kleinen Probleme gelöst hätten. Offenbar hat Sebastian nicht ganz verstanden, welche Ausmaße das "kleine Problem" außerhalb seiner kleinen, abgeschlossenen Welt hat. Es stellt sich heraus, dass Sebastian seine Vorräte aus den verlassenen Fahrzeugen der nahen Autobahn holte. Als das Paar sich auch dort eindecken will, stoßen sie auf eine Gruppe Überlebender. Und schon stoßen die Realität und Sebastians kleine, selbst gebaute Welt zusammen und eine Katastrophe bahnt sich an ...
Gut gezeichnet, überzeugend coloriert, auch wenn hier sicher bei dem einen oder anderen Verlauf der Computer mithalf (ich bin ja nicht so der Freund von so offensichtlichen digitalen Colorierungen). Was mich gleich bei der ersten Geschichte überraschte, war die Konsequenz, mit der die Geschichte geführt wird - ohne Rücksicht auf irgendwelche besonderen Sentimentalitäten der Leser. Das macht die Story glaubwürdig und authentisch - ein schönes Stück Comic!
München
Story & Zeichnungen: Boris Kiselicki
Seep - du bist a deep! Mit diesen Worten leitet Kiselicki in seinem Schwarzweiß-Comic eine Geschichte ein, die nicht nur die Ereignisse der Zombie-Epedemie in der bayerischen Landeshauptstadt schildert, sondern auch noch ein gutes Stück Folklore mit einbringt. Das mag vor allem den norddeutschen Leser freuen und begeistern, denn bayerische Geschichten sind ja dank den etwas tumb dargestellten Charakteren und dem nicht ganz so unverständichen Dialekt in den Medien sehr beliebt. Und so fackelt Seep die Großraumdisko B1 (wer hat da nicht eine ähnlich benannte Promi-Lokalität im Sinn?) samt den dort befindlichen Schickimicki-Zombies ab. Ebenso lernen wir, dass die agrarökonomische Landbevölkerung einer Zombiebedrohung allein schon durch den Einsatz landwirtschaftlichen Großgerätes Herr werden kann. Das sollte man sich vielleicht im Hinterkopf bewahren, falls es doch einmal ...
Eine äußerst amüsante Geschichte mit bayerischem Background. Selten so gelacht! Und - es gibt sogar ein Happyend!
Frankfurt am Main
Story: Christopher Tauber
Zeichnungen: Ingo Römling
Die dritte Geschichte in diesem Band dreht dann noch einmal voll auf. Zwei Freunde aus dem Frankfurter Milieu, natürlich klassisch auf Droge, schießen sich massenhaft durch wandelnde Leichen, aber auch durch "Freunde", die einfach im Weg stehen. Kompromissloser und direkter ist es kaum möglich, zumal die Zeichnungen und die Colorierung sehr drastisch ausfallen. Ist die Gewalt in der ersten Geschichte nur durch Bisse u. ä. dargestellt, fliegen hier fast ständig Körperteile durch die Gegend und verbreiten einen warmen Regen aus Blut über die Protagonisten. Im Grunde beschreibt dieser letzte Comic am besten das Ergebnis einer apokalyptischen Szenerie, den Untergang der Gesellschaft, der so moralischen Zivilisation. Die Überlebenden verlieren den Mut zu überleben und lassen sich einfach nur noch gehen. Egal - man geht ja sowieso drauf. Sehr fein!
Natürlich, Zombie-Epidemien hat man in der letzten Zeit sehr viele gesehen - Vorreiter im Sinne der Qualität ist ja "The Walking Dead", wer sich jedoch gut gestalteten Geschichten mit deutschem Hintergrund widmen möchte, dem sei dieser Band sehr empfohlen.