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Serie: Walt Disneys Hall of Fame, Band 3 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Nachdem in den ersten beiden Bänden der „Walt Disneys Hall of Fame“-Reihe Don Rosa bzw. Vicar im Mittelpunkt standen, widmet sich das dritte Album dem 1927 in Venedig/Italien geborenen Künstler Romano Scarpa.
Obgleich er eine akademische Kunstausbildung genoss, begann Scarpa seine Comic- und Zeichentrickfilm-Karriere als Autodidakt, wobei Zeit seines Lebens sein Herz zwar Micky Maus gehörte, jedoch auch einige seiner Donald-Storys zweifellos zu den Genre-Meilensteinen gehören.
Eine von Scarpas Eigenheiten war sein Faible für längere Geschichten, so dass der vorliegende Sammelband auch nur vier seiner Storys enthält:
Donald und die Linsen aus Babylon (Paperino e le lenticchie di Babilonia)
Auf ihrer üblichen Suche nach Reichtum finden die Panzerknacker in den Ruinen Babylons einen riesigen Berg Linsen. Die anfänglich tiefe Enttäuschung weicht schnell einem raffinierten Plan, wie man den Fund doch noch vergolden könnte. Der erste Schritt dabei ist der Export der babylonischen Linsen nach Entenhausen, wo sie wie erwartet und erhofft auf wenig Publikumsresonanz stoßen. Einzig Dagobert sieht in der antiken Hülsenfrucht eine Delikatesse, für die er bereit ist, sein gesamtes Vermögen auf das Spiel zu setzen.
Auch wenn das Interesse des reichsten Mannes der Welt ihren eigenen ausgeklügelten Plan zu durchkreuzen droht: Die Panzerknacker wären nicht die Panzerknacker, würden sie nicht die Gelegenheit beim Schopfe packen, Dagobert um seine Taler zu erleichtern.
Amundsen Talisman (Paperino e l'amuleto di Amùndsen)
Wie die Jungfrau zum Kinde kommt Donald zu einem kaum schwimmfähigen Seelenverkäufer, für den er nun innerhalb von sechs Monaten Geld auftreiben muss, da er ansonsten sein Haus verliert. Wie der Zufall es will, hat die Geografische Gesellschaft von Entenhausen ein Preisgeld von 6000 Talern für die Erforschung der Antarktis ausgelobt, welches sich Donald und seine Neffen nun gezwungenermaßen unter den Nagel reißen wollen.
Dagobert wiederum sieht im Forscherdrang seiner Anverwandten eine Gelegenheit, Gold in die eigenen – wie immer viel zu leeren - Taschen zu spülen. Er jubelt ihnen dazu einen merkwürdigen Talisman unter, durch den er von Entenhausen aus mit Hilfe Daniel Düsentriebs die Irrwege und Schatzfunde seiner Verwandtschaft überwachen kann. Und deren Wege gehen in der Tat in die Irre.
Der Meister aller Klassen (Topolino e il campionissimo)
Während eines Jagdausflugs auf einem Atomversuchsgelände bekommt Goofy eine Handvoll Strahlung ab, die in ihm Bärenkräfte weckt und schließlich einen zwielichten Boxpromoter auf den Plan ruft, der Goofy in seine dubiosen Geschäfte verwickelt. Als Micky jedoch dem Kerl auf die Schliche kommt, hat der noch ein As im Ärmel und kennt keine Skrupel.
Donald und der „Fliegende Schotte“ (Paperino e la leggenda dello „scozzese volante“)
Manchmal gehen selbst mit Dagobert die Pferde durch, und der reichste Mann der Welt tätigt Ausgaben, die ihn an den Rand des Ruins treiben, wie zum Beispiel die 10 Taler für einen Kaibi, einen putzigen Vogel, der einmal pro Woche mit einer halben Sardine gefüttert werden muss.
Wie der Teufel es will, sind, als es an der Futterzeit ist, weltweit keine Sardinen aufzutreiben, obgleich Dagobert keine Kosten und Mühen scheut, seine gesamte Fischereiflotte aussendet oder sich für den Erwerb einer Ölsardinenfabrik entscheidet. Der Not gehorchend und den Tod des Kaibi vor Augen, macht sich Familie Duck selbst auf Fangfahrt und begegnet auf hoher See einem Mythos.
Die vier Geschichten des vorliegenden Sammelbandes mögen nicht repräsentativ für Scarpas Werk sein, da Micky Maus mit nur einer Story zu kurz kommt, dennoch vermitteln sie das, was viele seiner Comics inhaltlich auszeichnet: seien es die bissigen, satirischen Seitenhiebe - hier auf Ökonomie, Werbeindustrie, Superhelden-Comics oder Box-Promotion -, sei es eine unterschwellige melancholische Schwere, die Vermenschlichung gerade Onkel Dagoberts, welcher bei anderen Autoren deutlich härter und eindimensionaler angelegt ist, oder der Ansatz, eine Geschichte wendungsreich in Rückblenden zu erzählen und auf ein explizit ausformuliertes Happyend zu verzichten.
Grafisch überzeugt Scarpa vor allem durch die Dynamik, die seine Panels durch die mit viel Enthusiasmus eingesetzten Speed-Lines ausstrahlen, sowie die energische Körpersprache seiner Figuren, die es sogar mir bekennendem Micky-Ignorierer leicht machen, die Maus sympathisch zu finden.
Ein umfangreicher redaktioneller Teil, der sowohl auf den Werdegang Scarpas eingeht und unterschiedliche Aspekte seines Werkes beleuchte als auch die einzelnen Storys kommentiert bzw. einordnet, rundet das durch und durch positive Gesamtbild des liebevoll edierten Hardcovers ab.
Fazit: Walt Disney-Fans mit Schwerpunkt „Comic“ kommen auch an diesem dritten Band der „Hall of Fame“-Edition nicht vorbei.