Land: USA: 1998 Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter |
Es ist eines der faszinierendsten Rituale des Alltags: Man will zB 20 Deka Emmentaler kaufen und gibt seine Order der Verkäuferin hinter der Theke kund. Diese schneidet ein paar Scheiben von einem Käselaib ab und sagt dann: "Darf ´s ein bisserl mehr sein?". Selbst der größte Querulant würde auf diese Frage nicht verschnupft "Ich sagte 20 Deka, also will ich 20 Deka, und zwar genau 20 Deka!" antworten.
Was das mit Düstere Legenden zu tun hat? Nein, nicht die Tatsache, dass der Film noch größerer Käse ist und eigentlich nicht in der Videothek, sondern im Kühlregal beim Spar erhältlich sein sollte. Vielmehr möchte ich die Aufmerksamkeit des geneigten Lesers auf eine der ärgerlichsten Angewohnheiten Hollywoods richten: Das Ausschlachten von Erfolgsmaschen. Scream war 1996 nicht nur der Überraschungshit des Jahres, nein, er war Vorbild einiger ähnlich gestrickter Teenie-Horrorfilmchen, einer blöder und unnötiger als der andere. Weniger wäre also mehr gewesen.
Der Inhalt des Filmes ist rasch nacherzählt:
An der Pendleton-University geht ein Killer um. Was wenig aufregend wäre, würde dieser seine Opfer nicht in der Art "urbaner Legenen" morden, die eine Art Mythen des Alltags sind, bestenfalls mit realem Kern, aber bis zur Unkenntlichkeit ausgeschmückt. Beunruhigenderweise stehen die Morde allesamt in Verbindung mit der Studentin Natalie (Alicia Witt). Anfangs glaubt ihr niemand, schon gar nicht Professer Wexler (Robert "Freddy Krueger" Englund), der selber über diese Mythen doziert, aber es mehren sich die Zeichen, dass Natalie recht behält. Gemeinsam mit ihrer Freundin Brenda (Rebecca Gayheart) und dem Reporter der Studentenzeitung, Paul (Jared Leto), macht sie sich auf die Suche nach dem Täter.
Mehr bietet der Film nicht und das ist schade, denn das Grundmotiv - ein nach dem Muster urbaner Legenden mordender Killer - könnte Stoff für einen durchaus spannenden, intelligent gemachten Film bieten.
Statt dessen setzten die Produzenten auf das Erfolgsrezept von Scream und Konsorten: Ein paar Jugendliche, die natürlich allesamt wie Models aussehen, werden von einem geheimnisvollen Killer dezimiert. Die Überlebenden fahnden nach dem Täter - und das könnte jeder sein.
Im Laufe des Filmes werden fast alle Protagonisten selber "verdächtig" und teilweise dadurch entlastet, dass sie gemeuchelt werden. Ein bisserl Teenie-Romanze muss natürlich auch sein, wobei der männliche Hauptdarsteller unweigerlich in Verdacht gerät, er wäre der Irre. Der Showdown findet selbstverständlich nachts vor dem Hintergrund eines Gewitters statt. Und Erwachsene - vor allem die Polizei - sind strunzdoof und zu gar nichts nütze. Der Killer wird zig-mal umgenietet und überlebt alle Attacken, bis ihm doch noch das Licht ausgeblasen wird.
Und so weiter. Für anspruchslose Gemüter mag das witzig sein, ich fühle mich jedoch verarscht, wenn mir ein und dieselbe Nummer ständig erneut untergejubelt wird! Und diese Art von Filmen wirkt tatsächlich wie aus einem Guss. Spannung oder gar Gruseleffekte stellen sich höchstens ein, wenn man in seinem Leben noch nie einen Film gesehen hat. Alle, ausnahmslos alle "Buh!"-Szenen geschehen mit laustarker Ankündigung. Man weiß genau: Jetzt passiert was! Ach so, ist nur ein Freund, der den Protagonisten einen Schrecken einjagen möchte. Da, schon wieder! Oh nein, jetzt ist es der echte Killer!
Gähn... Für mich stellen solche Filme das Pendant zum auf der Bananenschale ausrutschenden Mann dar - einmal mag das ganz witzig sein, aber nach der hundertsten Wiederholung...
Aber halt, ich will nicht ungerecht sein - ein Mal hat mich der Film doch überrascht! Folgende Situation: Killer ist hinter Studentin her. Sie flieht vor ihm, und zwar durch einen Korridor von A nach B. Wohlgemerkt, der Killer ist hinter ihr her! Doch als sie bei Punkt B ankommt, erwartet sie dort der Killer bereits. Wie bitte?!?
Ansonsten: Business as usual. Unnötig auch zu erwähnen, dass der Film sehr erfolgreich war und eine Fortsetzung nach sich zog.
"Darf ´s ein bisserl mehr sein?" "Nein danke, eher etwas weniger". Mahlzeit.