Reihe: Talon, Band 1 Eine Rezension von Gloria Manderfeld |
NuCorp-Special Agent Adrian Tylers neuester Auftrag, die 'Operation Talon', führt ihn nach Mogadishu, wo er im Anwesen des Waffenhändlers Mutazzim Sadiq dringend benötigte Daten bergen muss. Aber diese Mission verläuft nicht glatt, auf dem Rückflug aus der Stadt heraus wird der Fluchthelikopter Tylers beschossen und stürzt in der somalischen Wildnis ab. Doch Adrian Tyler hat Glück im Unglück – vor seiner Mission wurde ihm ein Serum verabreicht, dessen Auswirkungen sich zeigen, als er von wilden Löwen gefunden wird. Er kann mit den mächtigen Raubtieren kommunizieren und erwirbt sich dadurch die Unterstützung der Löwin T'cha, die ihn an Sohnes Statt annimmt.
Adrian hat alles Vergangene vergessen und nennt sich nun Talon, weil es der einzige Name ist, an den er sich erinnert, er überwindet seine schweren Verletzungen und lernt in der Steppe unter T'chas Anleitung auf Löwenart zu jagen. Doch seine Vergangenheit holt ihn wieder ein, als der Sicherheitsdienstleister, für den er einst gearbeitet hat, einen Suchtrupp zur Absturzstelle schickt. Obwohl T'cha ihn zurückzuhalten versucht, fühlt sich Talon von den Menschen am Helikopterwrack geradezu magisch angezogen...
Die vorliegende Erzählung 'Dunkles Erwachen' besteht aus zwei Teilen, Talons Vorgeschichte, die in 'Der Auftrag' beschrieben wird und der Folgeerzählung 'Shion', die von Ereignissen berichtet, die sich aus 'Der Auftrag' ergeben haben. Was als klassische Soldaten-/Söldnergeschichte beginnt, wechselt nach dem Absturz des Helikopters in eine Gegenwartswelt, die mit mystischen Elementen versetzt ist. Neben dem Serum, welches Talon während seiner Tätigkeit für NuCorp verabreicht wurde, gibt es in 'Shion' auch eine uralte Kraft, die sich im tiefsten Afrika erhebt und alle Löwen zu sich ruft, was natürlich auch T'cha und deren Rudel betrifft und Talons Interesse weckt. Dabei folgt der Leser Talon meistens eher indirekt, bis auf die Vorgeschichte in Mogadischu und seinen Interaktionen mit den Löwen erlebt man Talons Aktionen stets aus dem Blickwinkel der anderen handelnden Personen. Damit mag zwar die Gedankenwelt des Hauptcharakters zum großen Teil verborgen und geheimnisvoll bleiben, aber es verhindert auch einen tieferen Einblick des Lesers in den Charakter und ein Gefühl der Verbundenheit mit seinem Schicksal.
Man darf nicht den Fehler begehen, Talon mit dem Dschungelhelden Tarzan zu verwechseln – Talon ist zwar in der Lage, mit Löwen zu sprechen, hat sich aber auch deren jägerische, raubtierhafte Lebensweise angeeignet und geht mit seinen Gegnern nicht gerade zimperlich um. Action gibt es überhaupt reichlich, Talons Gegner finden mit einer gewissen Regelmäßigkeit den Tod. Dabei werden die Szenen realistisch und packend beschrieben, allein der seitenlange Kampf zwischen Talon und dem Endgegner in 'Shion' war für mich recht mühsam zu lesen. Die Dramatik ungleicher Kämpfer nutzt sich sehr schnell ab, wenn sich das Grundszenario über mehrere Seiten nicht wesentlich ändert.
Auch andere Teile der Hauptgeschichte waren viel weniger überraschend gelöst, als man es sich wünschen könnte – gerade die DNA-Gewinnung in 'Shion' und die generelle Storyentwicklung hätte einige weniger vorhersehbare Wendungen vertragen können. Etwas mehr Lokalkolorit wäre für die Folgebände ebenfalls wünschenswert, gerade die jahrhundertealte Stammeskultur Südafrikas könnte hier einen neuen, interessanten Aspekt mit einbringen und aus schwarzen Nebenfiguren mehr als dem freundlichen Führer von nebenan oder dem erbitterten Gegner machen.
Dem Autor gelingt es, den Spannungsbogen zu wahren und die handelnden Personen mit wenigen Worten treffend zu beschreiben, sodass die hohe Fluktuation um Talon herum nicht negativ auffällt und man sich Konfliktsituationen gut vorstellen kann. Die generelle Sprache von 'Dunkles Erwachen' ist einfach und verständlich gehalten, der Lesefluss wird nicht durch Unsauberkeiten gestört. 'Dunkles Erwachen' ist bis auf einige Storyschwächen ein gelungener Auftakt zu einer Reihe, die so manches noch zu lüftende Geheimnis birgt: Was hat es mit dem geheimnisvollen Serum auf sich, das Adrian Tyler verabreicht wurde? Wer sind die Drahtzieher hinter diesem Programm? Welche Rolle wird Mr. Vanderbuilt weiterhin spielen?
Positiv ist zudem zu bemerken, dass der Autor seine schriftstellerische Tätigkeit auch mit sozialem Engagement verbindet – von jedem verkauften Ebook gehen 25 Cent an die Organisation regenwald.org
Fazit: Actionreicher Auftakt zu einer Reihe, die Gegenwart und Fantasyelemente auf abwechslungsreiche Weise zu mischen versteht, gutes Lesefutter für zwischendrin. Sieben von zehn möglichen Punkten.