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Titel: Edelherb
Eine Rezension von Daniela Schmidt
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Inhaltszusammenfassung:
Ein Mädchen zwischen High School und Verbrechen, zwischen Liebe und Verantwortung
Eine Familie wie die Corleones, eine Liebe wie in Romeo und Julia – der zweite Band der neuen einzigartigen Serie von US-Bestsellerautorin Gabrielle Zevin New York 2083: Wasser und Papier sind knapp, Kaffee und Schokolade sind illegal. Der Oberstaatsanwalt findet einen Grund, um Anya Balanchine in die Erziehungsanstalt Liberty einsperren zu lassen. Und das nicht zum ersten Mal. Aber diesmal gelingt ihr die Flucht auf eine Kakaoplantage in Mexiko. Dort lernt sie alles über die Geheimnisse der Schokoladenherstellung und des Kakaoanbaus. Wird Anya ihr Erbe als Kartellchefin etwa doch antreten? Und was ist mit Win? Kann ihre Liebe auch diese Herausforderung überstehen? Anya ist in tödlicher Gefahr, denn vor den Intrigen der eigenen Familie ist sie nirgendwo sicher.
»Hinter mir stand ein großer Mann. Als erstes fiel mir auf, dass er eine Maske trug, dann bemerkte ich seine Waffe. Sie war auf meinen Kopf gerichtet.«
Kritik:
Bei dem Roman “Edelherb” von Gabrielle Zevin handelt es sich um den zweiten Teil einer Trilogie. Der erste Band “Bitterzart” hat mir persönlich zwar nur mittelmäßig gefallen, jedoch wusste der unnachahmliche Schreibstil der Autorin zu bestechen, hatte aber auch einige Schwächen. So bin ich zum Beispiel mit den Figuren und der Thematik nicht recht warm geworden. Da ich allerdings auch schon erlebt hab, dass sich eine Reihe steigert, wollte ich den zweiten Band dann doch lesen. Leider hatte auch der zweite Band so seine Schwächen, konnte aber auf der anderen Seite auch kleine Fehler ausbügeln. Ob er am Ende besser war? Nein, leider nicht. Allerdings muss man verteidigend sagen, dass ich für manche Jugendbücher – wie eben dieses – vielleicht doch schon zu alt bin.
Die Geschichte von “Edelherb” knüpft nahtlos an den ersten Teil an, und man hat auch überhaupt keine Probleme wieder in die Materie rein zu finden. Auch im zweiten Teil der Reihe nimmt uns Anya Balanchine wieder mit und erzählt uns ihre Geschichte. Sie wird aus der Haftanstalt Liberty entlassen, muss aber schnell feststellen, dass es nicht so einfach ist, mit einer kriminellen Vergangenheit ein geregeltes Leben zu führen. Zwar kehrt sie nach Hause zu ihrer Schwester zurück und findet sich gut wieder in ihren Alltag ein, jedoch gestaltet sich die Suche nach einer Schule, die sie trotz ihrer Haftstrafe aufnimmt, als schwierig. Die Situation scheint ausweglos, doch dann taucht ein Unbekannter auf, der ihrer alten Schule eine beträchtliche Summe spendet. Diese Spende ist an die Bedingung geknüpft, Anya wieder aufzunehmen, was die Direktorin schließlich auch tut. Anya freut sich darüber, dass sie wieder mit ihren Freunden zusammen sein und ihr Abschlussjahr absolvieren kann, aber der Frieden währt nicht lange. Stattdessen steht die Polizei wieder vor ihrer Tür, um sie nach Liberty zu bringen. Aber dieses Mal erweist sich Anya nicht als vorbildlicher Häftling. Dieses Mal flieht sie: aus Liberty, aus New York, aus Amerika. Sie flüchtet nach Mexico und kommt auf einer Kakao-Plantage unter. Sowohl sie als auch der geneigte Leser lernen etwas über Schokolade und das Leben. Doch wirklich zur Ruhe kommt Anya nicht, denn sie erfährt, dass in New York schreckliche Dinge geschehen.
Die Geschichte selbst ist nach wie vor neu und innovativ, daran gibt es nichts zu mäkeln. Für mich ist die Schokoladenmafia immer noch etwas nie da gewesenes und hat alleine schon deshab einen Punkt verdient. Leider weiß die Reihe nicht so recht, in welche Richtung sie gehen soll. Ist sie nun eine Dystopie? Immerhin spielt sie im Jahre 2083 unter einer Diktatur, ein Strang, der durchaus schon bei anderen Reihen zum Tragen kam. Hier geht er aber leider vollkommen unter und scheint keine allzu gewichtige Rolle zu spielen. Oder ist es eine Mafia-Geschichte? Ja, das könnte man meinen, doch hier wird viel zu sehr auf die Teenager-Probleme eines Mädchens eingegangen, das obendrein doch bitte auch noch eine Heldin sein soll. Der Mafia-Flair ist zwar stets präsent, hätte aber meiner Meinung nach mehr ausgebaut werden können. Liebesgeschichte? Eigentlich schon, aber leider fehlt es dem Roman in erster Linie auch an einem: emotionaler Tiefe. So lässt sich die Geschichte zwar gut und flüssig lesen, aber das ist eben auch schon alles. Man schaukelt und treibt vor sich hin, so richtig Spannung mag nicht wirklich aufkommen, auch wenn hier und da schon einige unvorhergesehen Ereignisse auf den Leser treffen. Lobenswert erwähnen muss man allerdings den Stil der Autorin. Er liest sich nicht nur angenehm, sondern gibt dem Leser durch die persönliche Ansprache auch das Gefühl, das die Geschichte nur für ihn erzählt wird. Das hab ich so auch noch nicht erlebt. Besonders gut gefallen hat mir auch der Spielort, die Kakao-Plantage und der damit verbundene Stil, zum Beispiel die handschriftlichen Briefe, die Anya dort erhielt.
Nun kommen wir zu den Charakteren. Mit Anya bin ich schon im ersten Teil nicht warm geworden, und leider hat sich das auch in der Fortsetzung nicht geändert. Zu naiv, zu unbesonnen, zu kindlich, um sie wirklich in der Rolle ihres Vaters zu sehen, auch wenn sie inzwischen durchaus gereift ist. Leider wirkt sie auf der anderen Seite dann eben auch manchmal zu unbeeindruckt für ihr Alter, steckt bestimmte Dinge und Ereignisse, die jedem anderen den Boden unter den Füßen weg gerissen hätten, einfach so weg, ohne dass sie nennenswerte Spuren hinterlassen. Win hatte diesmal auch wenig “Spielzeit”, so dass die Geschichte zwischen den beiden auch nicht wirklich zum Tragen kommt in diesem Band, wenn man von Anyas Gedanken an ihn einmal absieht, aber leider bleibt auch er in seinen Reaktionen recht farblos. Schön ausgearbeitet waren allerdings Theo und Scarlett, zwei Charaktere, für die ich mich doch erwärmen konnte und die mir im Großen und Ganzen doch sympathisch waren und zu gefallen wussten. Die größte Charakterentwickung machten aber vermutlich ihre Geschwister durch, die so abhängig gar nicht mehr waren von ihrer großen Schwester und sogar eben die in Erstaunen versetzt haben damit.
Fazit:
Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich den zweiten Band nun genau so gut oder schlecht finden soll wie den ersten, oder ihn doch als schlechter einstufen sollte. Ich denke, dass jemand jüngeres durchaus Gefallen an dem Roman und der Reihe finden könnte, jemand, dem die Handlungs- und Denkweisen eben nicht teilweise so unlogisch und platt vorkommen wie mir. Alles in allem weiß in erster Linie der Stil der Autorin zu gefallen, während Handlung und Charaktere leider auf der Strecke bleiben. Und das sind Umstände, die in dieser Konstellation wahrscheinlich eher selten vorkommen. Den dritten Band würde ich nicht mehr lesen, es sei denn, die Meinungen und Rezensionen explodieren vor Begeisterung.