Titel: Ein König für Deutschland (2009) Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
In seinem neuesten Roman beginnt Andreas Eschbach mit der Beschreibung von Vincent Merrits Leben. Der einschlägig vorbestrafte Computerhacker sucht eine neue Anstellung in den USA und wird in einer kleinen Firma tätig, die in Sachen Personalpolitik ganz auf egozentrische, psychotische und sonstige chaotische Individuen setzt, jedoch in ihnen besonders begabte Computerspezialisten vereint. Im Laufe der Jahre kann Vincent sich in der Firma hocharbeiten, bis eines Tages ein hoher Regierungsbeamter vorstellig wird, der die Frage stellt, ob Wahlcomputer grundsätzlich manipulierbar seien. Vincent bejaht dies und demonstriert das auch auf Bitten des Beamten mit einem kleinen Programm, das er innerhalb weniger Tage schreibt.
Nur wenig später gewinnen die Republikaner die Wahl in Florida und Vincent schwant Böses, als er die Wahlergebnisse mit den von ihm voreingestellten Werten seines Beispielprogrammes vergleicht. Natürlich bekommt die Firma nun mehrere Aufträge der US-Regierung. Auch die kommende Präsidentschaftswahl wird in großen Teilen per Wahlcomputer abgehalten und gerade in den Bezirken, in denen solche Automaten stehen, gewinnt George W. Bush ...
Just zu diesem Zeitpunkt tritt der selbsternannte Magier Zantini auf, der mit einem unklaren Background Vincent überredet, gemeinsame Sache mit ihm zu machen und mithilfe des Programms Geld zu verdienen. Vincent wehrt sich und verschickt seine einzige Kopie an seinen in Deutschland lebenden Vater, den er in seinem Leben noch nie gesehen hat.
Simon König, Gymnasiallehrer, bekommt den Brief seines unehelichen Sohnes und wird sogleich an seine dadurch gescheiterte Ehe erinnert. Nach und nach wird ihm der Inhalt des Päckchens klar und als auch in Deutschland Wahlcomputer immer häufiger verwendet werden, beschließen sie, mit einer Parteigründung und einem völlig absurden Wahlprogramm - der Wiedereinführung der Monarchie in Deutschland - auf die Unsicherheit solcher Computer aufmerksam zu machen. Nachdem allerdings die Medien auf Simons Partei aufmerksam geworden sind und er als zukünftiger König gehandelt wird, bekommt die ganze Geschichte ein Eigenleben, das sich außerhalb Simon Königs Kontrolle befindet ...
Andreas Eschbach versucht mit dieser, an eine Fabel erinnernden Geschichte auf die Gefahren von Wahlcomputern hinzuweisen.
Die beiden verwendeten Handlungsebenen - in den USA und in Deutschland - haben nur einige Schnittpunkte, und könnten theoretisch auch für sich selber stehen. Mit großem Engagement versucht Eschbach, davon ausgehend, dass der Leser keine Ahnung von Computern hat, mit vielen und ausführlichen Fußnoten Fachbegrifflichkeiten und einschlägige Verfahrensweisen zu erklären. Dabei kann man fast schon übersehen, dass aus dem anfangs interessanten Computerthriller immer mehr ein Politik-Theater wird, das mit dem Was-wäre-wenn spielt. Leider vergisst Eschbach, je mehr die Seitenzahl voranschreitet, die Handlung interessant zu halten und aus den immer gleichen Versatzstücken auch etwas Neues zu gebären. Der nicht sonderlich kompliziert gehaltene Satzbau - meist Eschbachs klarer und prägnanter Stil - fordert im Gegensatz zu anderen Romanen hier schon die Geduld des Lesers heraus und mehr Anstrengung, auch am Ball zu bleiben und nicht einfach die eine oder andere Seite zu überblättern. Der Schluss und eigentliche Höhepunkt des Romans hingegen ist Eschbach vollends misslungen: Freute man sich auf die Umsetzung eines an sich völlig absurden Szenarios, so lässt der Autor am Ende alles fallen und hinterlässt einen durchweg entäuschten Leser.
Insgesamt hinterlässt "Ein König für Deutschland" einen etwas missmutigen Rezensenten. Vom Autor hat man wesentlich Besseres gelesen; sein Engagement gegen manipulierbare Wahlmaschinen in Ehren, aber hier fehlten einfach einige grundsätzliche Bausteine eines guten Romans.