Titel: Elbenzorn Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Das Cover des Buches zeigt einen Krieger in voller Montur vor einem sich zusammenbrauenden Sturm. Das gelbe Licht, das noch durch die sich auftürmenden Wolken auf den Krieger fällt, lässt ihn und die restliche Darstellung nur noch düsterer wirken. Auf mich wirkt es etwas zu düster und kämpferisch, liegt doch der Fokus der Geschichte nicht im Kampf.
Vor langer Zeit verbannten die lichten Elben die dunklen Elben aus ihrem Reich – und seit langer Zeit ist der Königsthron der Elben verwaist.
Auf Wunsch ihrer dunklen Schwester Rutaaura macht sich die Elbin Iviidis auf den Weg ins Herz des Reiches, um Gerüchte und Neuigkeiten zu sammeln. Mit dem, was sie entdeckt, hätte sie jedoch nie gerechnet. Und ausgerechnet jetzt bleibt ihre Schwester ihrem nächsten Treffen fern.
Mit dem Beginn von “Elbenzorn” habe ich mich fast nach Aventurien (für Nichteingeweihte: Das ist die Welt des Rollenspiels “Das schwarze Auge) versetzt gefühlt: Eine Gruppe von Helden muss einen im dunklen agierenden Finsterling aufhalten. Und auch der ein oder andere Seitenhieb a’la Zwergenfrauen und ihre Bärte hat mich an manch’ einen guten Rollenspielabend erinnert. Insgesamt ist die Geschichte jedoch weitaus komplexer als die meisten Rollenspiel-Abenteuer.
Als Leser folgt man hauptsächlich den Handlungssträngen um Rutaaura und Iviidis, sowie dem des dunklen Intriganten. Aber auch aus der Sicht der einen oder anderen Nebenfigur wird die Geschichte beleuchtet. Als Leser hat man so die Möglichkeit, sich einen guten Blick über das Gesamtbild zu verschaffen – oder sich hoffnungslos verwirren zu lassen.
Rutaauras Teil der Geschichte ist es, der das Aventurien-Flair beschwört. Wirtshausschlägereien, humorvolle Kommentare (hauptsächlich durch den Zwerg Turrin Silberzunge) und eine heldenhafte Einstellung – egal ob es jetzt darum geht, einen in der Stadt hilflosen Wüstenbewohner zu unterstützen oder ein paar Kinder vor Sklavenhändlern zu retten. In Iviidis Teil der Geschichte geht es ruhiger zu. Intrigen und Worte sind hier die Waffen der Wahl. Und auch, wenn Iviidis das Leben am Hofe eher nicht liegt, gewinnt sie schnell allerhand Informationen – Informationen, die sie und den Leser langsam das Puzzle zusammensetzten lassen.
Epische Schlachten sucht man in “Elbenzorn” vergebens, dafür findet man an jeder Ecke sympathische Figuren. Sei es nun Turrin Silberzunge, Iviidis Ehemann Olkodan oder die Gardistin Broneete. Jede Figur hat ihre eigene Geschichte, einige davon erzählt Susanne Gerdom recht ausführlich, sodass man als Leser durchaus auf die eine oder anderer Fortsetzung hoffen kann.
In “Elbenzorn” erzählt Susanne Gerdom beileibe nicht nur die Geschichte der zwei elbischen Schwestern (und ihrer Gefährten), sondern auch die eines gespaltenen Volkes – und von demjenigen, der die Spaltung zu seinen Gunsten zu nutzen weiß. Es ist eine Geschichte, über die man noch lange nachdenken kann (und jede Menge hineininterpretieren) – aber auch eine, die man einfach genießen kann, die gelungene Mischung aus Intrigen, Kämpfen und einen guten Schuss Humor macht das zumindest ziemlich einfach. Ich jedenfalls werde mich jetzt gleich an den Nachfolger bzw. das Prequel, “Die Seele der Elben”, machen. Und dann hoffe ich auf weitere Geschichten aus dieser Welt – es gibt noch einige, die erzählt werden könnten.