Serie / Zyklus: Forgotten Realms, The Priests, Book 1 Eine Besprechung / Rezension von Wiebke Schiefelbein (ElvenArcher). |
Marrec, Medusenhalbblut und Priester der Göttin Lurue, spürt daß etwas nicht so ist wie es sein sollte. Er verliert mehr und mehr den Kontakt zu seiner Göttin. Angewendete Zauber kann er nicht wieder auffrischen und seine Gebete geben ihm nicht mehr das Gefühl der Verbundenheit und Sicherheit. In einer Vision sah er den Ort Fullpoint und ein Kind des Lichtes, von dem er das unbestimmte Gefühl hat, daß es ihm helfen wird zu seiner Göttin zurückzufinden. In Fullpoint angekommen, treffen die beiden auf die Elfe Elowen und können zusammen mit ihr gerade noch die Verschleppung der kleinen Ash verhindern. Marrec erkennt in dem Mädchen das Kind aus seiner Vision.
Sie können den Ziehvater überreden ihnen Ash mitzugeben und zu viert machen sie sich auf den Weg nach Two Stars, wo Elowen eine Magierin namens Ususi kennt, welche ihnen weiterhelfen soll. Doch Ususi ist genauso ratlos und schließt sich der Gruppe auf den Weg nach Yeshelmar an, wohin der Nentyarch, Herr der Elfen aus dem Rawlinswood, ins Exil gezogen ist. Vertrieben von The Rotting Man, Avatar der dunklen Göttin Talona, der Lady of Poison.
Der Nentyarch klärt die Gefährten auf, daß Ash ein Aspekt von Araluen ist. Araluen wurde von Lurue geschickt um gegen The Rotting Man anzutreten. Dieser jedoch hatte Gegenmaßnahmen getroffen und Araluen bis auf einen kleinen Strahl der Hoffnung abgefangen. Dieser Strahl manifestierte sich in Form des stummen Kindes mit den Händen einer Heilerin.
Nun muß Ash mit dem Rest ihrer selbst wiedervereinigt werden, denn The Rotting Man nutzt den Teil in seiner Gewalt um Lurue langsam aber sicher zu vernichten, was ihr Avatar (Marrec) ja schon schmerzhaft zu spüren bekommt. Bevor die Gruppe aufbrechen kann, wird Ash von einem Verräter entführt...
Lady of Poison ist der erste Teil einer bislang auf 4 Bände ausgelegten Serie, die sich mit den Göttern und ihren Priestern beschäftigt. Die Bände sind in sich abgeschlossen und bauen nicht aufeinander auf. In jedem Band wird eine andere Gottheit behandelt und nur die Grundthematik verbindet die Bücher und formt die Reihe.
Wie es in vielen Forgotten Realms Romanen üblich ist, ist die Herkunft aus dem Rollenspiel nicht zu verleugnen. Einzelne Charaktere treffen aufeinander, bemerken ihre ähnlichen Ziele und formen eine Gruppe, die fortan gemeinsam durch die Lande zieht. Passenderweise ergänzen sie sich immer sehr gut in ihren Fähigkeiten, man hat einen Zauberer, einen Waldläufer, einen Priester, einen Krieger etc. Besonders schön ist es natürlich wenn man Charaktere hat, die zweierlei Rollen übernehmen wie in diesem Falle Marrec, der Priester und Krieger ist.
Ferner ist es die übliche Story: Gruppe findet sich, Gruppe erkennt gemeinsames Ziel / nimmt einen Auftrag an, Gruppe zieht los und erfüllt den Auftrag mehr oder weniger souverän. Meist werden viele, viele Monster, die den Fehler machen in den Weg zu geraten ihres Leidens erlöst, die Helden bekommen zwischendrin ordentlich Prügel, sammeln ein paar Schätze ein, der Bösewicht erlebt das Ende des Romanes nicht und die Gruppe beschließt beieinander zu bleiben. Etwas Liebe, hier und da ein Witz, ein Kind und natürlich die göttliche Intervention (Spielleiter-Willkür...) bringen noch zusätzliche Würze ins Spiel - äh das Buch - natürlich fehlt auch das magische Schwert nicht. Einmal zügig umrühren, das Ganze mit einem kräftigen Schuß Herr der Ringe versehen und von einem Autoren schreiben lassen, der sein Handwerk versteht.
Bruce R. Cordell hat eine angenehme Mischung aus wörtlicher Rede und Beschreibungen geschaffen, die Platz genug für eigene Vorstellungen läßt, aber den Leser nicht völlig in der Luft hängen läßt bzw. ihn mit jedem Grashalm am Wegesrand langweilt.
Die Story selbst erinnert mehr als einmal an Tolkiens Epos. Wenn man sich die drei Bücher des englischen Autoren sparen will, kann man ohne Gewissensbisse zu diesem Roman greifen. Da findet sich die Gemeinschaft des Ringes (in diesem Falle des Kindes) zieht nach Bruchtal (Yeshelmaar) begegnet Elrond (the Nentyarch) bekommt wichtige Geschenke, danach gehts samt Verräter ab nach Moria und Mordor (hier als eine Örtlichkeit zusammengefaßt), die Gegenstücke der Orks verfolgen die Helden und Sauron bzw. The Rotting Man findet sein wohlverdientes Ende. Es fehlen die großen Schlachten, hier spielt sich alles in kleinerem Maßstab ab, aber dafür ist der Roman auch kürzer und besteht nur aus einem Band.
Mit dem Medusenhalbblut Marrec hat der Autor einen interessanten Charakter geschaffen, der ähnlich wie Aragorn mit seinem Schicksal hadert, aufgrund seiner Herkunft und seiner Fähigkeiten innerlich zerrissen ist und erst mit der Zeit lernt diese und auch sich selbst zu akzeptieren. Rückblicke in seine Vergangenheit helfen dem Leser ein besseres und tieferes Bild zu bekommen.
Da sich die Reihe ja um die Priester verschiedener Gottheiten dreht, bleiben Marrecs Begleiter etwas im Hintergrund, allerdings gilt für sie, das gleiche wie für die Landschaften. Cordell beschreibt genug um den Charakter zum Leben zu erwecken und Hintergründe anzudeuten, überläßt dem Leser aber den Rest. Das Buch erscheint ein bisschen wie eine Wegkreuzung, am Ende könnte man den Weg Marrecs weitergehen, oder aber Ususis, Elowens oder Gunggaris Weg weiterverfolgen. Sie alle weisen das Potential interessanter Geschichten auf, vielleicht tut er uns ja den Gefallen und schreibt die Geschichten dieser Figuren auf.
Das Cover scheint passend zum Buch entstanden zu sein, da es eindeutig eine Szene aus demselben zeigt und auch die Figuren als Marrec und Ususi nach den vorgegebenen Beschreibungen zu erkennen sind.
Vom Stil her erinnert es an Fresken und Wandmalereien aus dem späten 19. bzw Anfang des 20. Jahrhunderts, wie man sie in alten Schlössern findet. Gefällt mir an sich sehr gut, spiegelt aber nicht unbedingt den Grundton wieder, der im vorliegenden Buch herrscht. Die gedämpfte, ernste Stimmung mag zwar zum Motiv passen (nicht gerade eine der witzigen Szenen...), jedoch ist der Roman eher heiter geschrieben und das etwas strenge Titelbild vermittelt einen falschen Eindruck. Wegen diesem Cover lag das Buch eine ganze Zeit lang auf dem Lesestapel und ich traute mich nicht so recht ran, einfach weil meine eigene Stimmung zu düster war um auch noch ein düsteres Buch zu lesen. So kann man sich irren bzw. irreführen lassen.
8 von 10 Punkte.
- März 2005 -
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