Dune - Zeitline Artikel von Ulrich Blode |
Das Universum aus seinen Angeln heben. Das macht Frank Herbert in seinen Wüstenplanet Romanen. Die Geschichte fängt wie im Mittelalter an. Das Hohe Haus Atreides erhält vom Imperator ein neues Lehen, den Planeten Arrakis. Arrakis ist eine Extremwelt, vollständig bedeckt mit Wüsten und Felsen, die wie Inseln aus dem Sand emporragen. Zwei Dinge machen diese Welt so bemerkenswert, das Gewürz und riesige Sandwürmer.
Das Gewürz ist eine Droge, die einem ein längeres Leben und eine begrenzte Sicht in die Zukunft erlaubt. Die Gilde, das interstellare Transportwesen, benutzt die gewonnenen Fähigkeiten zur Navigation im Hyperraum. Und als politische Organisation nehmen die Bene Gesserit Einfluss auf die Geschicke der Menschheit. Sie wollen einen menschlichen Computer züchten mit Fähigkeiten, die über die der Bene Gesserit hinausgehen. Die Atreides sind in dieser Zuchtlinie miteingebunden.
Herzog Atreides erkennt die Gefahren, die auf dem Planeten lauern. Er ist für den Imperator und andere Häuser zu mächtig geworden. Schnell gelingt es ihm in dem einheimischen Fremenvolk Verbündete zu gewinnen. Die Fremen haben sich an die harten Umweltbedingungen angepasst und sehen im Herzog allmählich einen ehrenwerten Menschen. Dennoch fällt das Haus Atreides einer Intrige zum Opfer und das vormals auf Arrakis herrschende Haus Harkonnen übernehmt wieder seine grausame Herrschaft. Einzig Paul Atreides, der Sohn des Herzogs, und seiner Mutter gelingt die Flucht. Sie finden bei den Fremen Zuflucht.
Nach einer langen Wanderung und Sklavendasein siedelten sich die Fremen einst auf Arrakis an. Als Reiter der zuweilen über einhundert Meter langen Sandwürmer sind sie die eigentlichen Herrscher über die Sandwüsten. Die Würmer sind es, die das einzigartige Gewürz produzieren.
Paul erweist sich als der von den Bene Gesserit angekündigte Prophet. Durch eine Überdosis Gewürz mutiert Paul zu einem Übermenschen, der in entfernte Gebiete des Universums und der Zukunft sehen kann. Alsbald verlieren die Harkonnen ihre Überlegenheit über weite Teile des Planeten. Aufgewachsen in einer todbringenden Umgebung und angeführt von Paul besiegen die Fremen selbst die Sardaukar Elitetruppen des Imperiums. Der Imperator muss abdanken und alsbald schicken sich die Fremen an in einem heiligen Krieg das bekannte Universum zu erobern.
Der Wüstenplanet ist ein Machwerk und erschien zuerst in mehreren Teilen von 1963 bis 1965 im amerikanischen Magazin Analog. 1965 erhielt Dune (dt. Der Wüstenplanet) den Nebula Award und 1966 den Hugo Award. Science Fiction Motive werden mit denen irdischer Geschichte wie des Mittelalters und der Religion verknüpft. Besonders stark treten bei den Fremen Abwandlungen des Buddhismus hervor. Computer und denkende Maschinen sind seit einem langen zurückliegenden Krieg verboten. Die Maschinengesellschaften von Ix und Richese werden argwöhnisch beäugt, ebenfalls die biologisch-chemischen Experimente der Tleilaxu. In seiner Komplexität und Detailliertheit bietet Frank Herbert ein Szenario an, das mehrere Lesarten erlaubt. Letztlich sind alle Personen in einen vielfältigen Zusammenhang an Gesellschaftsformen und Ökologien eingebunden in denen die eigene Handlungsfähigkeit schnell sinkt. Selbst der scheinbar allmächtige Paul Atreides sieht, dass er den sich anbahnenden Kreuzzug nicht verhindern kann.
Frank Herbert ist 1920 in Tacoma, Washington, geboren. Vor und nach dem Wüstenplaneten schrieb er andere Geschichte. Doch die Geschichten um diesen Planeten und den Personen, die in seinem Bann stehen, sollten über die Jahre hinweg sein herausragendster Erfolg werden.
Mit Dune sind alle wesentlichen Prämissen für die folgenden Bände gelegt. Die deutsche Erstausgabe von 1967 ist auf die Hälfte verkürzt und ist weitaus lesbarer als das Original. Die Gedanken Herberts und damit die bislang einzigartige Qualität des Romans gehen andererseits damit verloren. Erst 1978 veröffentlichte der Heyne Verlag eine ungekürzte Neuübersetzung von Ronald M. Hahn.
Dune Messiah (1969, dt. Der Herr des Wüstenplaneten) und Children of Dune (1976, dt. Die Kinder des Wüstenplaneten) schließen an das erste Buch an. Der Dschihad hat stattgefunden und das Ränkespiel geht weiter. Ein früherer Weggefährte der Atreides kehrt als Klon zurück. Es ist Duncan Idaho, der als Offizier wichtige Dienste geleistet hat. Bei einem Anschlag verliert Paul sein Augenlicht. Um sich nicht durch künstliche Augen kompromittieren zu lassen, geht er gemäß des Fremenbrauchs in die Wüste. Seine Schwester Alia bleibt als Thronnachfolgerin zurück, ebenso Pauls Kinder Leto und Ghanima. Alia wird durch ungezügelten Gewürzgenuss durch die Stimmen ihrer Vorfahren gepeinigt und verfällt dem Wahnsinn. Nach mehreren Jahren kehrt überraschenderweise Paul, zunächst unerkannt, als Prophet aus der Wüste zurück und spricht sich gegen Alias Herrschaft aus. Am Ende sterben beide.
Mit Die Kinder des Wüstenplaneten schließt die Geschichte um das Haus Atreides ab. Der junge Leto geht eine Symbiose mit einer Sandforelle ein, der Vorform des Sandwurms. Der Verlust seiner Menschlichkeit ermöglicht ihm die Gestaltung der Zukunft, eines Goldenen Pfades für die Menschheit.
God Emperor of Dune (1981, dt. Der Gottkaiser des Wüstenplaneten) ist ein Übergangsroman zwischen der ersten Trilogie und einer darauffolgenden zweiten. Dreieinhalb Jahrtausende sind auf Arrakis vergangen und Leto II. herrscht über das Imperium. Inzwischen ist er fast vollständig ein Sandwurm geworden. Mit der Umwandlung Arrakis in eine grüne Welt sind die Fremen in die Bedeutungslosigkeit gefallen. Für Ordnung sorgen die Fischredner, eine aus Frauen bestehende Armee. Leto führt das Zuchtprogramm der Bene Gesserit weiter.
Gleichzeitig stellen die Tleilaxu Klone Duncan Idahos für den Gottkaiser her, einerseits als manipuliertes Geschenk und andererseits als Gefährte. Jeder Idaho stellt über kurz oder lang Leto in Frage, weil er die früheren Atreideswerte in Letos Imperium verletzt sieht.
Letos Goldener Pfad ist das zentrale politische Thema des Bandes. Die Menschheit soll aus ihrer Stagnation hervortreten und in ein Universum der Wunder eintreten. Die unterschiedlichen ansichten und Diskussionen über die Menschheit. der das Überleben der Menschheit sichern soll. Leto II. sieht eine Zukunft in der die Menschheit stagniert und in einer evolutionären Sackgasse endet. Leto zwingt den Menschen seinen Frieden auf, damit sie lernen das eigene Schicksal nicht in die Hände von absoluten Herrschern, Superhelden oder Tyrannen zu legen. Sein Friede ist ein Gefängnis, ein erzwungenes Zur-Ruhe-Kommen.
Mit Siona, eine Atreides Nachkommin, erreicht sein Zuchtprogramm ein Stadium indem ein Mensch nicht mehr in Vorhersehungen zu erfassen ist. Bei einem Attentat stirbt Leto. Aus seinem Wurmkörper lösen sich Sandforellen, die die Reste seines Bewusstseins tragen. Keiner dieser Splitter wird jemals erwachen, für Leto wird es ein ewigwährender Traum sein. Der Kreislauf aus Sandwürmern, Melange und Sandforellen beginnt neu. Die Menschheit beginnt sich aus den Fesseln des Tyrannen zu lösen und in die Weiten der Milchstrasse zu ziehen.
Heretics of Dune, 1984 (1984, dt. Die Ketzer des Wüstenplaneten) und Chapterhouse: Dune (1985, dt. Die Ordensburg des Wüstenplaneten) sind die bislang letzten Teile von Frank Herberts Zyklus.
Die Diaspora dauerte mehrere Jahrhunderte. Eintausend Jahre später kehren die Nachkommen der Auswanderer in das alte Imperium zurück. Der Schwesternorden der Bene Gesserit kontrolliert inzwischen die genetischen Beziehungen der Herrscherhäuser und widmet sich der Zucht außergewöhnlicher Persönlichkeiten. Eine unerwartete Folge ist die Fähigkeit Abschirmtechnologien sogenannter Nicht-Schiffe zu durchdringen. Der Sand beherrscht Arrakis wieder und das junge Mädchen Sheeana kann überraschender Weise Sandwürmer kontrollieren und mit ihnen kommunizieren. Ein neu herangezüchteter Duncan Idaho soll sie im Sinne der Bene Gesserit kontrollieren. Die Tleilaxu statten indes diesen Klon mit überragenden geistigen und körperlichen Fähigkeiten aus der Diaspora aus.
Die Geehrten Matres sind eine Gruppe der Diasporavölker, sie stammen von einer Gruppe Fischredner ab und besitzen ähnliche Eigenschaften wie die Bene Gesserit. Das Motiv der Geehrten Matres ist Macht zu erlangen und die Bene Gesserit zu besiegen. Gleichzeitig fliehen die Geehrten Matres vor einer ungenannten Bedrohung. Im Konflikt wird die Gesellschaft der Tleilaxu vollständig vernichtet. Nur die in der Diaspora lebenden Gestaltwandler der Tleilaxu bleiben übrig. Die Geehrten Matres erhoffen sich wertvolles Wissen von den Bene Gesserit gegen gefährliche biologische Waffen der Diaspora. Indessen wird der Planet Arrakis, nun Rakis genannt, zerstört, ein Sandwurm kann im letzten Moment gerettet werden. Mit diesem Sandwurm soll ein Ordensplanet der Bene Gesserit zum neuen Wüstenplaneten werden.
Letztlich besiegen die Matres die Bene Gesserit, langfristig kommt es jedoch zu einer Synthese beider Gesellschaften. Sheanna, Duncan und andere fliehen daraufhin mit einem Nicht-Schiff, weil sie nicht länger bleiben wollen.
In den letzten Bänden vollzieht Frank Herbert konsequent die Abkehr von einer zentralen Handlungsfigur hin zu Protagonisten, die in einer Welt mit widerstrebenden Elementen agieren müssen. Auf tragische Weise findet sich Duncan Idaho in verschiedenen Zeitaltern wiederbelebt und muss so Jahrtausende durchleben. Ein abschließender siebter Band steht noch aus.
1986 verstarb Herbert. Im Prinzip hätte der Zyklus mit jedem Band enden können, weil die Bücher insgesamt sehr offen angelegt sind.
Vierzig Jahre überdauert die Wüstenplanetsaga bereits in unserer Welt. Der erste Band ist für das Kino und Fernsehen verfilmt worden. Trotz des beträchtlichen Umfangs der Bücher sind die Informationen über das fiktive Universum rar. Der Blick bleibt auf die Entscheidungsträger beschränkt, deren Motive nur vage angedeutet sind. Über die Auswirkungen der Entscheidungen, die ein ganzes Imperium betreffen, erfährt der Leser so gut wie nichts. Die breite Masse der Bevölkerung bleibt ausgeblendet. Und der Verdacht drängt sich auf, dass nur den Eliten der Zugang zu Technologien gestattet ist. Zum Beispiel werden die Familien der orbitalen Wachmannschaften als Geiseln gehalten, um eine effektive Verteidigung des Planeten zu ermöglichen. Es ist eine ärmliche Fülle an politischen und philosophischen Theorien, die sich vor dem Leser auftun.
Zu lange variiert Frank Herbert die multiplen Gedankengänge ohne Schlussfolgerungen zu ziehen. Die wenigen sicheren Aussagen reichen nicht für ein lebendiges Universum aus, wie es zum Beispiel bei Dan Simmons Hyperion der Fall ist. Einerseits ist es spannend eigene Interpretationen und Kreativität zu entwickeln, andererseits werden die Besonderheiten nicht klar genug herausgestellt. Obwohl die Bene Gesserit über Jahrtausende lang hochgezüchtete Fähigkeiten verfügen, erscheinen sie nicht besonders fremdartig. Das gelingt Gregory Benford im Contact Zyklus wesentlich besser.
Am verständlichsten sind die ökologischen Bezüge des Wüstenplaneten, die sich jedoch hauptsächlich in einem Anhang zum Buch befinden. Die religös-mythischen Themen sind schwerer zu verstehen und aufgrund des Erzählcharakters der Hauptpersonen oft widersprüchlich oder wenig beleuchtet, was kein Nachteil sein muss.
Eine Enzyklopädie aus dem Jahr 1984 fasst die ersten vier Bücher zusammen und gibt umfangreiche Erweiterungen. Die lexikonartigen Einträge sind zuweilen besser zu lesen als die Romane.
Wesentlichen Anteil am Wüstenplaneten haben die Illustrationen John Schoenherrs. Bereits auf dem Umschlagbild eines Analog Magazins ist der erste Sandwurm zu sehen. Bestechend sind die gleichzeitige Einfachheit und Fremdartigkeit seiner Bilder. Sie ähneln Gebirgsformationen, die z. B. in Australien zu finden sind. Schoenherr avancierte zu Herberts Lieblingsmaler. Für seine großartigen Illustrationen zur Dune Serie in Analog erhielt er 1965 den Hugo Award.
Das genaue Gegenteil sind die düsteren Konzeptentwürfe H. R. Gigers, die Kombinationen aus Biologie und Mechanik zeigen und für einen geplanten Film verwendet werden sollten. Giger ist international vor allem durch sein Design zu Ridley Scotts Film Alien bekannt geworden. Ohne Zweifel sind seine Arbeiten von besonderer Qualität. Die biomechanischen Wesen geben leider wenig von Frank Herberts Vorstellungen wieder und passen mehr zu Benfords Contact Büchern. Für die neueste deutsche Edition hat der Heyne Verlag den Zeichner Frank M. Lewecke herangezogen.
Brian Herbert, der Sohn Frank Herberts, undKevin J. Anderson erweitern zur Zeit den Dune Zyklus um weitere Geschichten. Die beiden Autoren nutzen dabei die im Nachlass gefundenen Notizen. In ihrer Häuser Trilogie erläutern sie die Quellen der Fehde zwischen Harkonnen und Atreides und in den Legenden die frühen Anfängen, die sich alle in Der Wüstenplanet wiederfinden. In sich abwechselnden Kapiteln werden die Erlebnisse der Protagonisten erzählt. Es sind leicht zu lesende Romane und gänzlich anders als die Schreibweise Frank Herberts.
Brian Herbert und Anderson wollen den ursprünglichen Zyklus mit einem siebten Band abschließen. Die Notizen von Brians Vaters sind derart umfangreich, dass sie sogar zwei Bücher mit den Arbeitstiteln Hunters of Dune und Sandworms of Dune schreiben wollen.
Frank Herberts Erfolg ist eng mit den Wüstenplanet Romanen verbunden. Weniger Beachtung fanden seine ebenso qualitativ hohen Bücher des Schiff Zyklus oder Die Leute von Santaroga. Wie intensiv sich Herbert mit seinen Themen beschäftigte, zeigt die von seinem Sohn geschriebene Biographie. Unvergessen bleibt vor allem für den Leser und Filmzuschauer, wie ein gigantischer Sandwurm sich majestätisch über die Wüste erhebt und sich dem Auge des Beobachters einprägt.
Alle deutschen Übersetzungen sind im Wilhelm Heyne Verlag als Taschenbuch erschienen
Über Frank Herbert:
Brian Herbert, Dreamer of Dune: The Biography of Frank Herbert, New York 2003
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