Serie: Hellblazer – Garth Ennis Collection, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Der 1970 in Nordirland geborene Garth Ennis sorgte mit seiner Arbeit an Serien wie „Preacher“, „Hitman“, „The Boys“ oder dem „Punisher“ bei Kritikern wie Lesern gleichermaßen für Furore, obwohl - oder weil - man einer erklecklichen Anzahl seiner Storys zwei Eigenschaften ganz sicher nicht zuschreiben kann: politische Korrektheit und demütige Heldenverehrung.
Für den Autor, der auf mittlerweile mehr als 20 Jahre Arbeit im us-amerikanischen Haifischbecken zurückblicken kann, markiert sein „Hellblazer“-Run 1991 nicht nur den Beginn seiner Karriere jenseits des Großen Teichs, sondern stellt mit zwei „Eisner Award“-Nominierungen – 1993 und 1994 – auch einen Höhepunkt der Serie dar, für zuvor Jamie Delano erzählerisch verantwortlich zeichnete.
In fünf umfangreichen Hardcover-Bänden veröffentlicht Panini diesen zum Klassiker avancierten Ennis-Run komplett und in chronologischer Reihenfolge, wobei Band 1, „Gefährliche Laster“ (Dangerous Habits), die Hefte # 41 bis # 49 umfasst.
John Constantin stirbt! Sein bisheriger Lebenswandel hat nicht nur in seiner Seele tiefe Spuren hinterlassen, sondern seinen Lungen werden von inoperablem Krebs zerfressen.
In einem Hospital, in das John die Suche nach Rettung vor dem Unausweichlichen führt, findet der Hellblazer zwar keine Hilfe, aber dafür die Freundschaft des alten Matt, der in seinem Leben auch schon viel Scheiße erlebt hat und der nun im in einem Krankenhausbett dahinsiecht. Anders als Matt ist John jedoch noch in der Lage, einen Kampf zu führen und sei der auch noch so aussichtslos. Und so sucht der Todkranke seinen alten Freund Brendan auf, in der Hoffnung, dass der Magier etwas gegen die Krankheit auszurichten vermag.
Doch Brendan liegt ebenfalls im Sterben, da seine vom Alkohol zerfressene Leber versagt. Und so begießen die beiden Freunde ihren Abschied von dieser Welt solange mit magischem Stout, bis Brendan aus dem Leben scheidet. Kaum dass der Freund tot ist, taucht der Erste der Drei auf, um Seele, die der Tote dem dämonischen Herrscher verkaufte, in die Hölle zu führen. Doch Luzifer hat die Rechnung ohne John Constantine gemacht. Mit einem raffinierten Trick gelingt es John, Luzifer um seinen Lohn zu betrügen; der Preis, den er dafür zahlen wird, ist allerdings unabsehbar, da er sich selbst in Kürze in der Hölle wiederfinden wird; und das ist schon dann keine angenehme Aussicht, wenn einem der Herrscher dieser Domäne nicht in tödlichen Hass verbunden ist.
Nachdem Brendan gestorben und seine Seele gerettet ist, mach sich John auf Suche nach weiterer Hilfe; als jedoch seine Bitten überall auf taube Ohren stoßen, verabschiedet sich Constantine von seinen Lieben – seiner Schwester und dem alten Matt – und fasst den Plan, ein letztes riskantes Spiel um sein Leben zu spielen, ein Spiel, das Hölle und Himmel selbst zerreißen könnte.
Ich persönlich sah dieser neuen, fünfbändigen Panini-Hellblazer-Edition freudig und mit nostalgischen Gefühlen entgegen, markiert doch der vorliegende Story-Arc den Zeitpunkt, als ich anno dazumal lesenderweise zur Serie stieß. Und tatsächlich geht von Ennis' Geschichte und seinen Figurenzeichnungen auch heute noch die noch die gleiche Faszination aus wie vor rund 20 Jahren. Welches Comic beginnt schon mit der fast beiläufigen Feststellung eines lakonisch wirkenden Helden, dass er stirbt?
Ennis' Constantine gehört zweifelsohne zu den ambivalentesten (Anti-)Helden des DC-Universums. Einerseits ist er berechnend, zynisch, eine regelrechter Hasardeur, dem kein Einsatz zu hoch ist und der rücksichtslos und verschlagen seinen Weg geht, anderseits ist er impulsiv, ein Spielball seiner Süchte, nennt nur wenige Vertraute sein Eigen - und ist insoweit schwach in seiner Welt verwurzelt-, versteckt seine Ängste hinter einer coolen Fassade und trägt Schuld, die er permanent auf sich lädt, mit einer fatalistischen Gleichmut, der ein leiser selbstmitleidiger Unterton innewohnt. Mit viel Gespür für das Menschliche und Zwischenmenschliche zeichnet Ennis den Fall dieses Helden und seine phoenixhafte Wiedergeburt aus Schmerz und Feuer, sodass der Story-Arc nicht nur einer spannenden Dramaturgie folgt, sondern zahlreiche emotionale Momente aufweist.
Das Artwork der unterschiedlichen Kreativen ist in toto mit klarem Strich gezeichnet und verhalten koloriert, so dass kein künstlerischer Eskapismus den Blick des Lesers auf das Wesentliche – die Geschichte – verklärt.
Fazit: Ganz großes Kino. Originell, hochspannend und zutiefst menschlich! Ein echtes Highlight des us-amerikanischen Comics, das in dieser Hardcover-Ausgabe jeden Euro wert ist.