Serie/Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Von Bodo Kroll sind wir schon öfter mit Science Fiction Romanen verwöhnt worden, die die normalen, ausgetretenen Pfade des futuristischen Genres verlassen und dem Leser neue Sichtweisen präsentieren. Wie schon in seinem letzten Roman Nexen, wo der Hauptcharakter in eine für ihn fremdartige Welt versetzt wird - jedoch nur mit seinem Geist - und den Weg nach Hause finden muss, setzt er mit seinem neuen Werk Goon eine ähnliche Schiene.
Mit dem junge Mädchen Anda Neffow auf dem Planeten Goon hat es eine besondere Bewandtnis. Verschiedene Gruppen und Mächte sind hinter ihr her und versuchen ihrem Geheimnis habhaft zu werden. Das verzwickte dabei: Anda weiss nicht, was ihre Besonderheit ausmacht. Zusammen mit dem pensionierten Raumsoldat Rainer Bagstenner, den sie zufällig bei einem Mordanschlag kennenlernt, macht sie sich auf, den Spuren ihrer Vergangenheit zu folgen. Sowohl das Militär Goons, deren rebellische Opposition und offenbar auch die ausserirdische Rasse, welche die Menschheit unter ihre Fittiche genommen hat, versuchen Anda an sich zu reissen. Beide können jedoch mit mehr Glück als Verstand alle Schwierigkeiten meistern und kommen der Wahrheit immer stückchenweise näher. Was die beiden zuletzt entdecken, übertrifft jedliche Erwartungen - sowohl der beiden Protagonisten als auch der Leser.
Der Familienvater Robert Jatho findet sich eines morgens plötzlich auf einer Erde wieder, die völlig von Metallplatten überzogen ist. Nur von seiner kleinen Tochter begleitet findet er seine Heimatstadt unter einer Energiekuppel wieder - in dieser läuft der selbe tag immer und immer wieder ab. Verzweifelt auf der Suche nach Nahrung, Wasser und einer Erklärung für die Veränderung der Welt über Nacht, findet er einen alten Bunker, in dem noch Vorräte zum Überleben vorhanden sind. Was ihn aber verstört - seit er seine haustüre verlassen hat, sind über 500 Jahre vergangen - offenbar haben er und seine Tochter Anja wie auch immer einen Zeitsprung hinter sich gebracht. In den Hinterlassenschaften des Bunkers findet Robert ein Tagebuch seines Sohnes Eric, welcher am Tage der Katastrophe vor 500 Jahren bei einem Schulausflug unterwegs war. So kann er nach und nach miterleben, was der Erde widerfahren ist und wie die Menschheit versuchte zu überleben. Mehrmals hat Robert in dem Bunker Hinweise auf ein Projekt namens GO ON gefunden - sind durch dieses Unternehmen alle Menschen nun verschwunden - oder sind sie im Laufe der Zeit einfach ausgestorben?
Beide Handlungslinien, die den ganzen Roman über parallel erzählt werden, scheinen, so wird dem Leser recht schnell klar, zusammen zu hängen. Wie jedoch Bodo Kroll die Kurven schafft, um beide Linien schlussendlich zu verbinden, das ist erstaunlich und im wahsten Sinne des Wortes phantastisch. Wird mit Anda und Rainer viel Action geboten und zudem ein wenig Sense of Wonder, so rührt das Schicksal der Familie Jatho an den Emotionen. Die Tagebuchaufzeichnungen von Eric und seiner Schulklasse nach der Katastrophe, die den ganzen Erdball betraf, sind mitreissend und gefühlsbeladen. Leider wird die Katastrophe - namentlich das Überziehen der Erde mit den Metallplatten - für mich zu schnell abgehandelt. Aber vielleicht ist das eine zu grosse Sehnsucht nach entsprechenden Szenerien, die in mir wohnen mag. Die Suche nach dem Heimatplaneten ist sicherlich ein Thema, das in der Science Fiction schon oft angerissen wurde - denken wir an Eschbachs Quest oder gar an Kampfstern Galactica. Jedoch kann ich mich nicht erinnern, das diese Suche bislang mit Charakteren gestaltet wurde, die mehr oder weniger unsere Nachbarn sein könnten - Menschen wie du und ich. Insofern wird dieser Strang von einer interessanten und für mich auch neuen Sichtweise geschildert.
Die Pointe selbst ist Geschmacksache. Natürlich ist sie, was kann man bei einem Kroll-Roman anderes erwarten, logisch und nachvollziehbar. Ich war aber nach dem für mich äussert guten Roman schon ein wenig entäuscht, das Bodo Kroll derart weit in die Trickkiste greift. Wie gesagt, das war ein reiner subjektiver Eindruck und mag bei jedem anders ausfallen. Anders gesagt - der Roman hat die Messlatte so weit hoch gelegt, das der Schluss womöglich von mir unterschätzt wird. Sei es mir verziehen.
Deswegen und trotzdem möchte ich jedem diesen Roman ans Herz legen. Kauf ihn euch und folgt den phantastischen Abenteuern der Familie Jatho, ihr werdet es nicht bereuen!
Meine Bewertung: 9 von 10 Punkten