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Titel: Graz im Dunkeln
Eine Rezension von Doris Michel-Himstedt |
Chefinspektor Armin Trost will in der Shoppingcity von Graz noch schnell ein Geburtstagsgeschenk für seine Frau kaufen als er sich schon mitten in einem Amoklauf befindet. Er wird als Geisel genommen und unternimmt, vom Geiselnehmer gezwungen, eine wahnwitzige Autofahrt quer durch Graz. Mitten in einem Autotunnel geschieht etwas mit dem Attentäter, das der Leser erst später erfährt. Unmittelbar darauf finden wir Chefinspektor Trost in einem eigenartigen Wellness-Hotel wieder, in dem sich die Bewohner mit Hilfe dort angebotener Programme erholen sollen. Es wird schnell klar, dass es sich nicht um die üblichen teuren Wellnessprogramme handelt. Nein, hier gibt es Menschen, die an Außerirdische glauben und alles für ihre bevorstehende Ankunft vorbereiten. Trost ist dort auch nicht, um sich zu erhole, obwohl das nach seinen Erlebnissen als Geisel logisch erscheint. Er soll eine vermisste Frau aufspüren. Das sollte in einem kleinen Hotel mit nur wenigen Gästen eigentlich nicht so schwer sein, stellt sich aber als sehr gefährlich heraus. Er begegnet Menschen im Umfeld des Hotels, die ihn immer mehr verstören und gerät in den Bann und die Gefangenschaft der Betreiber des Hotels. Im Gegensatz zu einigen anderen Beteiligten kommt Trost nach einer Reihe haarsträubender und hoch spannender Ereignisse gerade so eben mit dem Leben davon.
Das alles ist mit viel Nähe zu den Hauptfiguren geschrieben. Man ist immer über die Gedanken von Armin Trost im Bilde, erfährt seine Unsicherheit, seine Ängste und seinen Mut hautnah und unmittelbar. Auch einige seiner Kollegen lernen wir gut kennen, bis hin zu den drückenden Zahnschmerzen eines Beamten. Die ganze Story wird im Präsens geschildert, dies trägt zusätzlich zur Intensität bei. Es ist immer spannend, wird nie langweilig. Der Leser sieht zudem den Chefermittler öfter, wie er Dinge tut, erfährt, sieht, der Autor teilt uns aber nicht mit, was Trost nun erfahren oder genau getan hat. So gibt es Ereignisse, ohne dass wir die zugrunde liegende Ursache vorher wissen. Diese Ungewissheiten, die uns als Leser durch das ganze Buch begleiten, schaffen eine zeitweise bedrückende Atmosphäre. Dazu gehören auch Handlungsorte, wie ein unterirdisches Tunnelsystem, die ein Gefühl von Bedrücktheit und Klaustrophobie vermitteln. Aber es ist nicht nur düster in unserem Krimi. Der Autor beweist auch Humor und eine gehörige Portion Zynismus, etwa wenn er den Wellness-Wahn genüsslich auf die Schippe nimmt.
Jedem Kapitel sind einige Zeilen über UFO-Sichtungen aus den letzten Jahrtausenden vorangestellt. Die Daten dieser Sichtungen rücken mit dem Voranschreiten der Handlung immer näher. Irgendwann wartet man gespannt darauf, ob wohl der Autor doch noch einen Ausflug ins Mysteriöse unternimmt und UFOs und/oder Außerirdische auftauchen.
Mein Fazit: Ein Krimi mit viel Tempo. Er ist spannend, lässt die Leser ganz nah an die Figuren und die Handlung heran. Ein leichter Grusel-Faktor und etwas Mystik als Beiwerk würzen den Lesegenuss. Im Zeitalter der selbstverlegenden Autoren, deren Werke man oft schon nach den ersten Sätzen wieder aus der elektronischen Bibliothek löscht, kann man dieses Buch beim Lesen genießen. Hier stimmt die Story, die Handlung schreitet flott voran, die Figuren sind interessant und der Autor kann wirklich gut schreiben. Was will man mehr.
Und mir als Nicht-Österreicherin ist auch ausreichend, aber nicht zu viel Lokal-Kolorit enthalten.