Titel: Heldenwinter Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Unbeachtet, fast unbekannt lebt Namakan fernab der Menschen als Halbling bei seiner Pflegefamilie von Dalarr. Namakan ist ein kleiner fast ausgebildeter Schmied mit dickem Bauch und haarigen Füßen. Die friedliebenden Leute haben es sich auf der Alm gemütlich gemacht, frei nach dem Motto Auf der Alm, da gibt’s keine Sünd'. Sie nehmen das Leben, wie es kommt, wissen aber auch zu feiern, wenn es darum geht, ihren Spaß zu haben. Das Leben könnte so schön sein, wenn im Tal nicht der König wohnte, der über die Menschen herrscht.
Ganz schnell rückt der Halbling in die Mitte der Erzählung. Auf der Türschwelle gefunden, wurde Namakan von Dalarr und dessen Frau Lodaja in die Familie aufgenommen und großgezogen. Bei der Rückkehr von einer Wanderung erwartet Namakan und Dalarr eine böse Überraschung: Ihre Familie - Brüder, Schwestern und Pflegemutter Lodaja - wurde umgebracht. Zudem wurde seine Pflegemutter mit einem seltsamen drachenähnlichen Zeichen versehen. Klar, dass die beiden, gelinde gesagt, stinksauer sind. Wie kann man nur eine Familie, noch dazu ohne Grund, umbringen? Pflegevater Dalarr scheint Antworten auf einige unausgesprochene Fragen zu kennen. Die beiden schwören am Grab der Familie Rache. Schmied und Schmied machen sich auf den Weg, Gerechtigkeit einzufordern und Rache zu üben. Allerdings ist der Tollpatsch Namakan nicht unbedingt von der Idee seines Pflegevaters begeistert. Eine Wanderung mit ihm ist ja noch in Ordnung, aber ein Rachefeldzug in die weite, unbekannte Welt jenseits der Almen? Darüber könnte man doch noch einmal reden. Auf dem Weg hinaus in die Welt, die nicht gerade am Fuße der Almen bereits endet, erfährt man ein ums andere Mal Neuigkeiten aus der Vergangenheit. Geheimnisse, die lange von Dalarr bewahrt wurden, finden ihren Weg ins Licht. Dalarrs Ziel auf dem Weg durch das Reich Tristborn ist recht einfach gehalten: König Arvid und sein Gehilfe Waldur, der Ritter in Weiß, müssen sterben. Mit jedem Kilometer, den sie sich von zu Hause entfernen, finden sie neue Informationen und Hinweise. Gleichzeitig mit dieser Reise lernt man aber auch andere Völker und Kulturen und deren Eigenschaften kennen. Im Mittelpunkt steht die Geschichte des Königreichs. Der als schlecht bezeichnete König wird vom Volk verehrt. Wohlstand und Gerechtigkeit stehen auf seiner Fahne. Die bösen Barbaren wurden besiegt, und so hat der König einen weiteren Pluspunkt auf seiner Seite und Namakan Grund zu grübeln. Auf ihrer Reise schließen sich ein Zwerg, eine Halbelfe, ein Gestaltwandler und andere mehr an.
Jonas Wolf bedient sich bei seinem Roman vieler Ideen von John R. R. Tolkien, dessen bekanntestes Werk Der Herr der Ringe ist und dessen Der Hobbit dieses Jahr zu Weihnachten in die Kinos kommen soll. Ein eindeutiges Vorbild für Namakan ist sicherlich Sam Gamdschie. Wie auch John Ronald Reuel Tolkien und andere Autoren bedient er sich letztlich einer Abenteurergruppe, die mit überspitzt gezeichneten Charakteren eine Aufgabe erfüllen soll. Damit sind wir aber auch schon beim Rollenspiel. Dort, gerade bei den Pen & Paper genannten Spielen, befinden sich Abenteurer unterwegs, um die Aufgabe des Spielleiters, in diesem Fall des Autors Jonas Wolf, auszuführen. Im Prinzip ist es eine simple Rachegeschichte. Rachegeschichten beginnen alle nach dem gleichen Schema. Erst muss ein Verbrechen her, das den oder die Helden zum Rächer macht, dann folgt die Abenteuerreise, um schließlich in der Szene zu enden, in der die Hauptfigut sich entscheidet, ob sie Rache will oder es ihr möglich ist zu vergeben. Am Ende wird die Geschichte, die recht interessant im Mittelteil wurde, wieder sehr einfach. Die große Auseinandersetzung reduziert sich auf gut und böse, natürlich mit einem Sieg des Guten. Oder dessen, was dafür gehalten werden soll. Die Handlung überzeugt den Leser durchaus. Der Stil, etwas altertümlich angehaucht, ist gefällig und gut lesbar. Vieles ist, bedingt durch die Geschichte und das Thema, vorhersehbar, aber abwechslungsreich gestaltet mit ein paar unvorhersehbaren Wendungen. Heldenwinter ist der Auftakt zu weiteren Geschichten aus dem Land Tristborn, die in sich abgeschlossen sind. Im Juli erscheint bereits Heldenzorn.