Titel: Herr der Zeit Eine Rezension von Martin Wagner |
Seit H.G. Wells damals in einem seiner Romane eine Maschine beschrieb, mit deren Hilfe man durch die Zeit reisen kann, erfreut sich das Thema Zeitreisen hoher Beliebtheit. Immer wieder Reisen die Helden verschiedener Bücher, Filme und Serien durch die Zeit und nicht selten kommt dabei das Wort Zeitparadoxon vor. Wissenschaftler haben sich über die Theorien des Zeitreisens ausgelassen. Solange aber keine Möglichkeit gefunden wird Zeitreisen wirklich durchzuführen, ist alle Theorie nicht viel wert und jeder Autor und Drehbuchschreiber kann seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Auch Joe Haldeman, der Preisträger der bedeutendsten SciFi-Preise, Hugo und Nebula, hat sich in „Herr der Zeit“ dem Thema angenommen. Das Buch erschien in Amerika bereits 2007. Der Mantikore Verlag und der Übersetzer Alexander Kühnert haben es jetzt dem deutschen Publikum zugänglich gemacht und zeigen einen etwas anderen Zeitreisenden, als man ihn aus anderen Werken kennt.
Matt Fuller, der Protagonist der Reihe, ist nicht gerade das, was man sich unter einem Helden vorstellt. Er ist Forschungsassistent am MIT und schreibt nebenbei an einer mittelmäßigen Doktorarbeit, mit der er wahrscheinlich nicht durch die mündliche Promotionsprüfung kommen wird. Genau dieser Assistent stolpert dann bei einer einfachen Beobachtung von Quantenbeziehungen zwischen Anziehungskraft und Licht auf die Zeitmaschine. Seine Zeitmaschine ist dabei aber keine Zeitmaschine im Sinne eines Gerätes, das für eine Zeitreise konzipiert wurde, seine Zeitmaschine ist der Kalibrator, mit der Einstellungen vornehmen wollte, um die Quantenbeziehungen zu messen. Ohne lange zu zögern, nimmt er das Gerät, das beim ersten Einsatz kurz verschwand und wenig später wieder auftauchte mit nach Hause. Zu Hause setzt er die Maschine wieder ein und diesmal bleibt sie deutlich länger weg, bevor sie, um einige Millimeter verschoben wieder auftaucht. Nach einigen Berechnungen ist er der Überzeugung, dass das Gerät sich und Dinge, die sich in dessen Nähe befinden, in die Zukunft schickt. Nach dem dritten Versuch, bei dem er das Gerät und eine Schildkröte wegschickt, vergehen einige Tage, ist seine Theorie bewiesen und er plant den Selbstversuch. Von da an verläuft das Experiment nicht ganz wie geplant und er springt immer weiter in die Zukunft, um den Problemen, die er geschaffen hat aus dem Weg zu gehen. Seine Reise in die Zukunft, die eigentlich das Ziel hat, ihn wieder zurückzubringen, führt ihn in einen Gottesstaat, in eine Zukunft ohne wirkliche Nöte und ins Weltall aber scheinbar nicht dahin, wo er eigentlich hin will.
Ein interessanter und runder Protagonist, tolle Zukunftsaussichten und gelungene Antagonisten verschiedenster Prägungen finden sich in Herr der Zeit. Die Spannung selbst kommt dabei aber leider des Öfteren viel zu kurz und man bekommt schnell das Gefühl, dass dem Autor weniger die Spannung sondern eher die Beschreibung der Zukunft wichtig war. Kritik an aktuellen Situationen, die zugespitzt zu seiner vorgestellten Zukunft führen können, kann man zwischen den Zeilen lesen. Da aber viele Dinge sehr amerikanisch sind, muss man sich mit Amerika schon etwas besser auskennen, um die Kritik vertiefend wahrnehmen zu können. Sehr schwach sind das Korrektorat und leider auch die Übersetzung. Bei ersterem wurden einige offensichtliche Rechtschreibfehler übersehen. Letzteres zeigt sich vor allen Dingen in den Beschreibungen, die irgendwie lieblos wirken, bei denen man aber erkennen kann, dass sie im Original viel besser geschrieben worden sein müssen, aber auch an einigen Stellen, wo schlichtweg nur eins zu eins übersetzt und der Sinn dadurch völlig ad absurdum geführt wurde. Das ist wirklich sehr schade und zerstört den positiven Eindruck, den Protagonist, Antagonist und die Zukunft, hinterlassen hatten. Alles in allem ist „Herr der Zeit“ deshalb leider nur ein durchschnittliches Buch, das sehr viel mehr Potential gehabt hätte, wäre die Übersetzung um einiges besser.
Fazit: Die Übersetzung von Joe Haldemans „Herr der Zeit“ bietet einen kritischen Blick auf eine mögliche Zukunft der Erde und auch auf die heutige Zeit, in der sich die Ursachen finden lassen. Ein runder Protagonist und wirklich gelungene Antagonisten und eben diese guten Zukunftsbeschreibungen, können aber leider die vielen Schwächen der Übersetzung nicht ungesehen machen und man kann nur hoffen, dass irgendwann eine überarbeitete Ausgabe erscheint, die Haldemans Werk gerechter wird.