Titel: Ice Age Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter |
Nach dem Totalflopp des SF-Spektakels Titan A.E. im Jahr 2000, wagte sich 20th Cent Fox erneut an einen computeranimierten Streifen. Ursprünglich hätte Ice Age ein Drama werden sollen, doch offensichtlich bekam Fox kalte Füße und befürchtete finanzielle Einbußen. Somit musste Ice Age ein kinderfreundlicher, harmloser Spaß für die ganze Familie werden.
Der Plot: Europa vor 20.000 Jahren. Riesige Tierherden flüchten vor der unbarmherzigen Kälte in klimatisch wärmere Gefilde. Nicht so das verbitterte, zynische Mammut Manny, das aus der Herde ausschert und unfreiwillig das Leben des etwas dämlichen Faultiers Sid rettet.
Das ungleiche Duo nimmt sich bald darauf eines hilflosen Menschenbabys an, dessen Mutter auf der Flucht vor Säbelzahntigern ihr Leben verlor. Einer dieser Säbelzahntiger, der hinterlistige Diego, versucht nun, Manny und Sid das Baby zu entreißen, indem er die beiden in einen Hinterhalt seiner Sippschaft lockt...
Der Vergleich zum Vorjahreshit Shrek aus dem Dreamwork-Studios drängt sich unweigerlich auf. Ein Vergleich, dem Ice Age in fast allen Belangen nicht stand hält. Wie in Shrek ist es auch hier ein dauernd quasselnder Außenseiter, der sich einem Schicksalsgenossen, der weitaus stärker und furchteinflößender ist, anbiedert, um dessen Schutz zu genießen - sehr zu dessen Verdruss.
Fast wie ein Plagiat wirkt eine Dialogzeile aus Ice Age : "Es gibt kein wir!". Das haben wir doch schon in Shrek gehört?!?
Natürlich raufen sich die beiden trotz aller Unterschiede zusammen und werden zu wahren Helden.
Doch weiter im direkten Vergleich der beiden Animations-Blockbuster: Die Gagdichte von Ice Age bleibt hinter der von Shrek zwar nicht zurück, woran es der neueren Produktion jedoch gehörig mangelt sind Seitenhiebe und Anspielungen, die teilweise nur für Insider (bei Shrek jene, die mit Disney vertraut sind) verständlich sind - ein klares Eingeständnis an die Zielgruppe der Kinder!
Ebenso schafft es Ice Age nicht, einen wirklich charismatischen Bösewicht zu präsentieren.
Enttäuschend ist Ice Age aber vor allem in einer Hinsicht, der Optik: Während Shrek farbenprächtige Hintergründe und Details aufweist und sämtliche Figuren fein animiert sind, selbst die Menschen, hinkt Ice Age dem Konkurrenten doch hinterher. Die Menschen, klischeehafte Neandertaler, sind einfach nur grausam anzuschauen. Sid ist wenig mehr als eine Comicfigur und die Säbelzahntiger zum Teil kantig, wie aus einem Computerspiel entnommen.
Die Landschaften sind naturgemäß karge, öde Eiswüsten, aufgelockert von Vulkanausbrüchen, die das Kraut aber auch nicht mehr fett machen.
Die Moral der Geschichte - Herden müssen zusammenhalten, die Starken die Schwachen beschützen, den Feinden verbergen - wird mitunter mit dem Steinkeil auf die Stirn gedrückt. Ganz davon zu schweigen, dass der Film einige Brüche im Erzählfluss aufweist, die das Spektakel streckenweise langweilig machen - ich spreche von jenen Szenen, in denen die wohl ursprünglich vorgesehenen dramatischen Elemente eingebunden werden.
Nur in einem Punkt ist Ice Age dem Meister aller Klassen, Shrek , überlegen: Ice Age hat Scrat! Dieses merkwürdige Tierchen, eine Mischkulanz aus Eichhörnchen (="Squirrel") und Ratte (="Rat"), jagt während des ganzen Filmes ein und derselben Eichel nach, die es unentwegt verliert, zurückgewinnt und vergeblich zu verstecken sucht.
Scrat kann man in die Tradition alter Warner-Cartoons stellen, in denen meist nur mittels Mimik und Gestik Komik erzeugt wurde. Dies gelingt Scrat, der kein Wort spricht, absolut perfekt! Aus seiner Gesichtsmimik kann man stets seine Verzweiflung, Freude, Angst und das berüchtigte "Oh nein, was hab ich jetzt wieder angerichtet?!?" ablesen.
Alles in allem ein vergnüglicher Streifen, der in der Synchro sogar noch lustiger ist, und einige gewagte Anspielungen enthält, für deren Verständnis man doch etwas älter sein muss.
Bedenklich finde ich, wenn mir dieser Gedanke gestattet ist, dass die besten Komödien der letzten Zeit Computeranimationen sind. Gleichzeitig erfüllt mich das jedoch mit der Hoffnung, dass Hollywood die Zeichen der Zeit erkennt - es reicht nicht mehr aus, nru auf Effekte zu setzen: Eine clevere, interessante Story bzw. gute Gags sind unabdingbar wenn es gilt, einen Film nicht nur für zwei Wochen dank aggressiver Werbung profitabel zu machen.