Titel: Ich bin kein Serienkiller Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Serienkiller töten aus Hass, Wahnsinn, Perversion.
Um einen Serienmörder zu fangen und seiner gerechten Strafe zuzuführen, muss man seiner erst einmal habhaft werden. Die Polizei benutzt dafür psychologische Täterprofile, in der Hoffnung, Verhaltensweisen daraus ableiten zu können. Das muss John Wayne Cleaver gar nicht erst versuchen. John ist ein ganz normaler Teenager. Fünfzehn Jahre alt und mit Problemen behaftet, die kein normaler Mensch für möglich hält. Er ist freundlich und zuvorkommend, hilfsbereit und ruhig, aber er interessiert sich für Serienkiller und ist davon überzeugt, dass, wenn man ihn lässt und er sich nicht mehr unter Kontrolle hat, er ebenfalls zu einem Serienkiller mutiert.
Der Leser lernt den Jugendlichen zuerst ganz normal und harmlos kennen. Die Geschichte selbst beginnt mit dem Tod einer alten Dame. Im gleichen Atemzug wird der Dämon Jeb Jolley genannt. Dieser scheint ein Serienmörder zu sein. Damit ein Profil erstellt werden kann, müssen die Taten des Serienkillers erst einmal zueinander in Beziehung gesetzt werden. Ein Abgleich soll gemeinsame Merkmale hervorbringen. Wie es dazu kommt und wie John den Dämon entlarvt, dauert erst einmal den halben Roman. Die andere Hälfte benötigt John, um den Dämon zur Strecke zu bringen. Er erkennt in dem Dämon einen Serienkiller, der geplant vorgeht. Der Dämon sucht von seinen Opfern Körperteile aus, um sie in seinen Körper einzusetzen - praktisch eine Transplantation am lebenden Körper. Der Dämon steckt in einem alternden Körper und ersetzt verbrauchte Organe, kaputte Knochen etc. Dafür hinterlässt er am Tatort eine schreckliche Masse, die einmal das Teil war, das er von seinem Körper absonderte und durch das Ersatzteil der Leiche ersetzte. Das Schlimme daran, den Dämon erkannt zu haben, ist für John, er kann nicht einfach zur Polizei gehen und sagen: Der alte Mann dort ist ein Dämon. Wie gut, dass Max der Sohn des örtlichen Polizisten ist und sein Freund. Weil er selbst in psychologischer Behandlung ist, würde man ihn selbst in die Klapsmühle stecken. Zudem sind seine Mutter und ihre Zwillingsschwester Margaret die Besitzer des örtlichen Bestattungsunternehmens in einem kleinen Ort in Clayton County.
Nach einer Formel, die ‚Warum und was ergeben wer’ heißen könnte, ist man in der Lage, den Killer zu entlarven. Aber man hat ihn noch nicht. Die Fragen stellen sich für John ständig aufs Neue. Johns Wissen über die Serienkiller und deren Verbrechen, ihr Vorgehen, kommt ihm zugute und er ersinnt ständig neue Pläne, um den kaltblütigen Mörder zur Strecke zu bringen.
Ab diesem Zeitpunkt ist es um John geschehen. Denn um einen Serienkiller zu töten, muss er selbst zu einem Killer werden. Zumindest ist das sein Ansatz.
Während Dan Wells seinen Helden, den Ich-Erzähler, in stetige innere Zweifel stürzt, lässt er den Leser mit seiner packenden Erzählung nicht los. Was als scheinbar normaler Thriller beginnt, wird bald darauf ein Gruselroman par excellence Ich habe selten einen so intensiven Roman gelesen, der zugleich spannend wie auch nachdenklich wirkt. Für ein Erstlingswerk ist das Buch hervorragend geworden. Die Atmosphäre des Buchs wirkt authentisch, ist aufwühlend und dennoch nachdenklich. Dan Wells bereichert die Thriller-Szene mit einer Handlung packend und mitreißend.