Interview mit Steffen Volkmer vom Panini Verlag

Zehn Jahre sind in der heutigen schnelllebigen Zeit keine großartige Zeitspanne. Zehn Jahre sind heute ein überschaubarer Abschnitt in der Weltgeschichte. Und Panini hat in der deutschen Comic-Welt Geschichte geschrieben. Aus diesem Grund will ich die Möglichkeit nutzen, einen Blick auf den Verlag und seine Arbeit zu werfen. Aus den Kinderschuhen entwachsen, zeigt sich Panini stolz als Deutschlands größter Comic-Verlag. Es war der 17. Februar 1997, als der international tätige Panini Verlag mit seinen Marvel-Lizenzen auf dem deutschen Markt seine Präsenz zeigte.

Das Interview wurde geführt von Erik Schreiber
(weitere Beiträge von Erik Schreiber auf fictionfantasy findet man hier)

Das Marvel-Universum mit Spiderman, Thor, Hulk und den Fantastischen Vier wurde in Deutschland bereits mehrfach lizenziert, zuletzt beim Condor Verlag. Panini konnte sich die deutschen Lizenzen sichern und wuchs mit diesen am deutschen Comic Markt. Der große Konkurrent zu dieser Zeit war Dino, der die Lizenzen des DC-Universums hielt und mit Superman, Batman und anderen in Deutschland trumpfte. Die beiden Verlage rieben sich aneinander und wuchsen aneinander. Es war eine Konkurrenz, die dem Comicfan zum Vorteil gereichte, wurde die Comicvielfalt doch mit günstigen Preisen auf dem Markt angeboten. Im Jahr 2000 verlor Dino seine DC-Lizenz, und nach zwei Jahren übernahm Panini Dino. Seit 2000 ist Panini der Herrscher der Comic-Universen, da sich vor allem die großen Welten von Marvel und DC unter einem Dach, zumindest in Deutschland, zusammenfanden. Seither wurden weitere neue Serien aufgenommen. Die neuesten Mitglieder bei Panini stellen Wildstorm und Vertigo dar. Aber auch die Kultserie Spawn von Image und Silent Hill und CSI von D&D Graphic Novels fanden eine neue Heimat. Nicht zuletzt die japanischen Mangas finden Eingang in das Programm und runden in ihrer Vielzahl einen ständig wachsenden Verlag mit seinem abwechslungsreichen Programm ab.
Doch Panini wächst weiter. Längst ist man den Weg vom Comic-Heftchen weitergegangen. Einige der interessantesten Titel, zuletzt Elric von Melniboné des Briten Michael Moorcock, wurden nicht einfach als Comic veröffentlicht. Inzwischen geht der Verlag dazu über, hochwertige Graphic Novels zu veröffentlichen. Der Erfolg gibt den Machern Recht, die hochwertigen Bildwelten finden immer mehr Anhänger.
Inzwischen weitet Panini sein Programm aus. Weg von den Bildern, hin zum geschriebenen Wort. Dabei geht der Verlag einen neuen Weg. Seine Romane, die in altbewährter Taschenbuchmanier erscheinen, kommen zum Großteil aus dem Bereich der Computerspiele. Manch eines dieser Bücher, zum Beispiel S.T.A.L.K.E.R, wurde von deutschen Autoren extra zum Spiel geschrieben und erschien fast zeitgleich. Andere Bücher werden aus dem Amerikanischen übersetzt und finden den Weg nach Deutschland. Zu ihnen gehören auch die Bücher zum berühmtesten Sammelkartenspiel der letzten Jahrzehnte, Magic.

Erik Schreiber:
Hallo Steffen, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, mir ein paar Fragen zu beantworten. Den Panini Verlag gibt es in seiner jetzigen Form seit zehn Jahren. Seit wann bist Du dabei?

Steffen Volkmer:
Bei den Comicern bin ich schon länger, als es Panini gibt. Ich habe vor über 10 Jahren bei Dino angefangen. Bei Panini bin ich dann, seit der Verlag Dino übernommen hat.

Erik Schreiber:
Hat sich der Verlag in den Jahren wirklich so rasant entwickelt, oder vollzog sich die Änderung eher schleichend?

Steffen Volkmer:
Vor allem seit der Übernahme von Dino, mit dem dort liegenden Knowhow, den Kontakten und Lizenzen, ging die Entwicklung wirklich rapide schnell.

Erik Schreiber:
Ich kenne Panini noch als Sammelbilder-Verlag. Irgendwo in meinen Kisten finden sich noch Alben mit Flugzeugen und ähnlichem. Kannst Du etwas darüber sagen, wie es kommt, dass eine Wandlung zum größten Comic-Verlag in Deutschland stattfand?

Steffen Volkmer:
Panini Deutschland wollte sich einfach im deutschen Markt ein zweites Standbein schaffen. Dabei suchte man nach einer Nische, die man ausfüllen konnte und mit der man eventuelle Synergien mit den Sammelalben nutzen konnte, die aber dennoch autonom wirtschaften sollte. Da Panini außerdem international bereits mit Comics hantierte, bot sich diese Sparte vor 10 Jahren an, als logischer nächster Schritt folgte dann die Ausweitung des Engagements durch die Übernahme des Dino Verlages.

Erik Schreiber:
Was wird uns in den nächsten Monaten erwarten? Werden neue Verlage das Programm erweitern?

Steffen Volkmer:
Wir sind immer auf der Suche nach neuen, interessanten Themen und Formaten. Nachdem inzwischen ja alle bedeutenden US-Labels unter dem Panini-Dach zusammengeführt wurden, sondieren wir auch die "neuen Wilden". In den USA haben sich die letzten Jahre einige kleine Verlage mit großem Potenzial gebildet, die wirklich interessantes Material haben. Mit denen stehen wir in Verbindung und da wird bis zum Jahresende noch das eine oder andere kommen. Vor allem Comic-Bände, die in unsere neue und erfolgreiche Fantasy-Graphic-Novel-Schiene passen, die sich auch sehr gut im Buchhandel machen. Das gilt übrigens auch für die Vertigo & Wildstorm-Titel, und da muss ja auch noch einiges großartiges Material nachgeholt werden, auf das sich die Fans freuen können.

Erik Schreiber:
Du betontest eben, alle bedeutenden amerikanischen Labels zu vertreten. Ist angedacht, auch Comics aus anderen Ländern zu übernehmen? Vielleicht auch nur testweise als eine art `Best of’? Amerika ist für mich nicht das Nonplusultra, die japanischen Mangas sind mir ein wenig zu kindlich. Da gäbe es doch sicherlich in Europa oder gar Afrika und Asien auch geeignete Zeichner und Themen.

Steffen Volkmer:
Es kann schon sein, dass wir in Zukunft aus den US-amerikanischen Grenzen ausbrechen. Allerdings gibt es da keine konkreten Pläne. Letztlich entscheidet immer die Antwort auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit eines Themas.
Frankreich steht bei solchen Ideen sicher eher hintenan - das ist traditionell eher der Spielplatz der Kollegen anderer Verlage.

Erik Schreiber:
Ich bin ja nun weniger der Comic-Fan und mehr der Roman-Fan. Die Bücher zu den Computerspielen gefallen mir sehr gut. Die Autoren, die für Panini schreiben, verstehen ihr Handwerk, und die Romane aus dem Amerikanischen sind auf Deutsch auch gut zu lesen. Wo Schwierigkeiten bestehen, sehe ich in den asiatischen Produktionen. Wie man an meinen Buchbesprechungen sieht, bin ich mit diesen Übersetzungen nicht sehr zufrieden. Werden die Romane aus der Originalsprache übersetzt oder aus der englischen Übersetzung?

Steffen Volkmer:
Die Romane sind aus der Originalsprache übersetzt. Das führt zu einigen Schwierigkeiten, vor allem weil sich die Asiaten generell eines völlig anderen Schreibstils bedienen, der für unsere Lesegewohnheiten bisweilen eher seltsam anmutet. Die Romane sind von Sprachkennern sehr nahe am Original übersetzt... um sie unserem Leseverhalten abzugleichen, müsste man sie generalüberholen und praktisch neu schreiben. Wir haben aber gemerkt, dass genau diese Übersetzungsnähe zum Original bei der avisierten Zielgruppe sehr gut ankommt und haben uns deswegen entschieden, das so beizubehalten.

Erik Schreiber:
Bei den Büchern wurde zuerst unter Dino firmiert, jetzt unter panini books. Verabschiedet man sich von der Marke Dino oder findet nur eine Umstrukturierung statt?

Steffen Volkmer:
Das ist in erster Linie eine Umstrukturierung - bei den Büchern soll Dino als Marke aber ganz abgelöst werden, weil sie sich hier, bei den Händlern, eh nie richtig durchgesetzt hatte.

Erik Schreiber:
Wie ist die Planung mit den von deutschen Autoren geschriebenen Romanen? Steht da eine langfristige Planung? Haben die Autoren Kontakt zu den Spieleentwicklern?

Steffen Volkmer:
Wir gehen davon aus, dass der Anteil von uns in Auftrag gegebener Romane weiter steigen wird, schon deshalb, weil wir das international verfügbare Material weitestgehend abgegrast haben und viele der Games-Verlage recht scharf auf eine Zusammenarbeit mit uns sind. Für sie bedeuten die Romane ja nicht nur eine Unterlizenz zu ihrem Spiel - es sind zudem Werbe- und Marketing-Werkzeuge und dienen der Fan-Bindung, wenn sie beispielsweise inhaltlich die Lücke zwischen Spielen schließen, eine Vorgesichte erzählen, das Universum erweitern, geheime Tipps zum aktuellen Spiel geben oder einfach nur die Zeit bis zum nächsten Add-On überbrücken. In der Natur der Sache steht, dass wir mit den Spielentwicklern sehr eng zusammenarbeiten. Wir suchen die besten Autoren für einen Roman aus, das Buch selbst entsteht dann in Zusammenarbeit zwischen Autor, Entwicklern und Panini-Redaktion.

Erik Schreiber:
Nach welchen Kriterien suchst Du die AutorInnen aus? Werden sie Dir empfohlen, hast Du etwas von Ihnen gelesen, oder treten Agenten an Dich heran?

Steffen Volkmer:
Die Autoren sucht unser Chefredakteur Jo Löffler aus. Viele davon sind Empfehlungen von uns Redakteuren, zumeist Schreiber, mit denen wir bereits Erfahrungen als Übersetzer oder freie Mitarbeiter gemacht haben. Aber wir bekommen auch freie Bewerbungen, Empfehlungen von den Game-Entwicklern oder über Fachmagazine oder wir schauen uns um, wer bereits bei anderen Verlagen ähnliches Material herausgebracht hat. Grundsätzlich sollten die Autoren Schreib-Erfahrung und Genre-Kenntnis mitbringen. Haben wir jemanden ausgewählt, muss zuerst ein Plot erstellt sowie ein Probekapitel geschrieben werden, die hier verschiedene Stellen durchlaufen (ggf. auch noch bei den Lizenzgebern). Erst wenn das alles abgenickt ist, bekommt der Autor/die Autorin den Zuschlag. Haben wir mehrere Schreiber zur Auswahl, kann auch ein (Schreib)-Pitch die Entscheidung bringen. Indirekte Kontakte über Agenten werden von unserer Seite eher ungern angenommen.

Erik Schreiber:
Werden alle Serien weitergeführt oder kommen neue dazu bzw. werden Serien beendet?

Steffen Volkmer:
So lange eine Serie sich rechnet und es ausreichend Material gibt, wird sie fortgeführt. Derzeit ist keine Einstellung geplant, neue Serien stehen sehr wohl auf dem Programm... am wichtigsten ist wohl der Einstieg in die ANNO Reihe.

Erik Schreiber:
Die Anno-Reihe hat nun viel mit Karibik-Feeling zu tun. Wie schätzt Du die neue Piraten-Film-Begeisterung ein? Wird sie bei Anno hilfreich sein?

Steffen Volkmer:
Das ist schwierig zu beurteilen - persönlich glaube ich nicht, dass die große Masse der Kinogänger den Titel Anno wirklich spontan mit etwa "Fluch der Karibik" in Verbindung bringt oder an einen Piraten-Roman denkt, auch wenn das sicher schön wäre. Aber ich denke, dass die Leserklientel hier wirklich ganz nah bei den Gamern liegt, und da dürfte das Potenzial groß genug sein, um den Roman abseits des Film-Hypes zum Erfolgstitel werden zu lassen.

Erik Schreiber:
Stehen die Autoren für Anno schon fest ,und wann kommt das erste Buch auf den Markt?

Steffen Volkmer:
Die Autorin steht fest und ist schon mitten in der Arbeit. Wann der Roman letztlich erscheint ist noch nicht klar. Die ursprüngliche Zeitplanung mussten wir schon ändern, derzeit fänden wir es nett, den Roman zur GC präsentieren zu können ... sicher ist das nicht, weil da über das reine Schreiben hinaus auch noch Approvals hineinspielen.

Erik Schreiber:
Ich danke Dir für Deine ausführlichen Antworten und wünsche Dir noch weiterhin viel Erfolg.

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