Interview von Erik Schreiber mit Stephan Bosenius

Es ist mal wieder an der Zeit, für Kino im Kopf zu sorgen. Die beste Möglichkeit dazu besteht darin, sich in eine ruhige Ecke zu setzen und einem Hörspiel zu lauschen. Eine der erfolgreichsten Hörspiel-Gesellschaften ist Titania Medien. Schon seit einiger Zeit verfolgte ich äußerst wohlwollend die Produkte von Titania Medien. Auf der Buchmesse 2006 konnte ich die beiden Macher persönlich kennen lernen. Es wurde ein sehr anregendes Gespräch, und daraus entstand bei mir die Idee, Titania Medien einmal einem größeren Publikum ausführlicher vorzustellen. Ich hoffe, es gelingt mir auch. Hervorzuheben sei an dieser Stelle, dass vom Start an das neue Label jede Menge Preise abräumte. Allein dies bezeugt, dass Titania Medien Qualität liefert. Genug der Vorrede, lassen wir an dieser Stelle Stephan Bosenius selbst zu Wort kommen. Aber gestatten wir uns erst einmal einen Blick auf die Preise, die Titania-Medien gewann.

Preise:

2003
"Bestes Newcomer-Label" (Kritiker- & Publikumspreis in Gold)
"Bestes Einzelhörspiel" Edgar Wallace - Das indische Tuch (Kritiker- und Publikumspreis in Gold)
"Beste Sprecherin" Dagmar von Kurmin (Kritiker-Preis in Gold, Publikum in Silber)
"Beste Musik" Manuel Rösler für Das indische Tuch (Kritiker-Preis in Gold, Publikum in Silber)
"Beste Regie" (Publikums-Preis in Bronze)
"Beste Nebenrolle" Manja Doering (Publikums-Preis in Bronze)
"Cover des Jahres" Das indische Tuch (Publikums-Preis in Bronze)

2004
"Bestes Hörspiel-Label" (Kritiker-Preis in Gold)
"Bestes Einzelhörspiel" Charles Dickens - Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge! (Kritiker- und Publikumspreis in Gold)
"Beste Serie" Gruselkabinett (Kritiker-Preis in Gold, Publikum in Bronze)
"Beste Serienfolge" Gruselkabinett 3 - Die Familie des Vampirs (Kritiker-Preis in Gold, Publikum in Silber)
"Bester Musiker" Manuel Rösler (Publikums-Preis in Gold)

2005
"Bestes Hörspiel-Label" (Kritiker-Preis in Gold, Publikum in Bronze)
"Bestes Einzelhörspiel" Der kleine Lord (Kritikerpreis in Gold, Publikum in Silber)
"Beste Regie" (Kritiker-Preis in Gold und Publikum in Bronze)
"Beste offizielle Homepage" www.titania-medien.de (Kritiker-Preis in Gold, Publikum in Bronze)

2006
"Bestes Hörspiel-Label" (Kritiker-Preis in Gold)
"Beste Regie" (Kritiker-Preis in Gold)
"Beste Serie" Gruselkabinett (Publikums-Preis in Silber)
"Beste Serienfolge" Gruselkabinett 15 - Der Freischütz (Publikums-Preis in Gold)
"Beste Serienfolge" Gruselkabinett 12 & 13 - Frankenstein (Kritiker-Preis in Gold)
"Cover des Jahres" Gruselkabinett 15 - Der Freischütz (Kritiker- und Publikums-Preis in Gold)
"Beste Nebenrolle" Jürgen Thormann in Der Freischütz (Competition-Preis in Gold)
"Beste offizielle Homepage" www.titania-medien.de (Kritiker- und Competition-Preis in Gold)

Netzwerk:
www.titania-medien.de

Ich freue mich sehr, an dieser Stelle Stephan Bosenius vorstellen zu dürfen. Nicht immer gelingt es mir, ausführliche Interviews zu führen. Stephan hat nicht nur geantwortet, sondern ausführlich geantwortet. Dadurch lernen wir ein wenig die Geschichte von Titania Medien kennen.

Erik Schreiber:
Hallo Stephan, vielen Dank erst einmal, dass du dir die Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten. Kannst du euch bitte kurz vorstellen?

Stephan Bosenius:
TITANIA MEDIEN ist ein 2002 gegründetes Hörspiel-Label mit dem Schwerpunkt auf atmosphärischen Hörspielen für Erwachsene. Meist sind es Vertonungen der Meisterwerke der literarischen Schauer-Romantik, gesprochen von den prominenten deutschen Synchronstimmen vieler Hollywood-Stars. Labelinhaber sind Marc Gruppe und ich, Stephan Bosenius. Marc hat Theaterwissenschaft, sowie Literatur- und Musikwissenschaft studiert und diverse Assistenzen und Hospitanzen an bekannten Theatern gemacht. Noch während seines Studiums hat er begonnen, Bühnenfassungen bekannter Kinderliteratur zu schreiben, die bei einem renommierten Theaterverlag erscheinen. Im Bereich Weihnachtsmärchen zählt er zu den vielgespielten Autoren in Deutschland. Marc ist hauptverantwortlich für den künstlerischen Bereich unserer Labelarbeit. Ich selbst habe Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Organisationsentwicklung studiert und bin für die geschäftlichen, organisatorischen, marketingtechnischen Bereich unserer Produktion verantwortlich. Außerdem übernehme ich die Pressebetreuung und Öffentlichkeitsarbeit.

Erik Schreiber:
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein eigenes Label zu gründen?

Stephan Bosenius:
Im Prinzip, weil uns Anfang des neuen Jahrtausends gute Produktionen für den erwachsenen Hörer von heute mit dem akustischen und atmosphärischen Charme der Hörspiele der Kindheit fehlten.
Konkret verlief die Sache so: Anfang 2002 besuchten Marc Gruppe und ich eine Theateraufführung, in der Dagmar von Kurmin die Hauptrolle spielte. Marc hatte diese Aufführung recherchiert, da Frau von Kurmin eine unserer Lieblingssprecherinnen auf so mancher LP war, die wir in unserer Kindheit rauf und runter gehört hatten. Nach der Vorstellung ergab sich die Gelegenheit, Frau von Kurmin kennen zu lernen. Die Sympathie war so groß, dass wir die Adressen austauschten. Auf der Autorückfahrt entstand dann die Idee, eigene Hörspiele zu produzieren. Ende 2002 gründeten wir dann das Label TITANIA MEDIEN. In der Zeit bis zur ersten Produktion belegten wir diverse Seminare, Fortbildungen und Kurse, um uns fit für die wirtschaftlichen, steuerlichen und marketingtechnischen Anforderungen unserer Firmengründung zu machen. Dann wurde alles zusammengekratzt, was an Erspartem zur Verfügung stand. Im August 2003 kam dann mit "Edgar Wallace - Das indische Tuch" die erste Hörspiel-Produktion von uns heraus. Dagmar von Kurmin glänzte in der Hauptrolle und gewann auf Anhieb den begehrten Hörspiel-Award als "Beste Sprecherin". Insgesamt wurde die Produktion mit stolzen neun Hörspiel-Awards prämiert. Damals sind wir auch als "Bestes Newcomer-Label" ausgezeichnet worden. Mittlerweile konnten wir schon drei Jahre in Folge den Kritiker-Gold-Award als "Bestes Hörspiel-Label" (2004, 2005 & 2006) erringen, was uns sehr freut und eine schöne Anerkennung unserer Arbeit ist.

Erik Schreiber:
Seit wann macht ihr das profimäßig?

Stephan Bosenius:
Von Anfang an! Denn wir waren uns einig, dass wir das entweder in allen Arbeitsbereichen ordentlich oder gar nicht machen wollten.

Erik Schreiber:
Was macht ihr selbst, und was lasst ihr machen?

Stephan Bosenius:
Wir suchen gemeinsam die zur Vertonung geeigneten Stoffe aus. Dann schreibt Marc die Dialogbücher, die wir anschließend gemeinsam überarbeiten und uns hierbei bereits Gedanken über die Besetzung der einzelnen Rollen machen. Als nächster Schritt werden die Sprecher angefragt und Studiotermine gemacht. Im Studio sprechen die Schauspieler dann unter unserer Regie ihren jeweiligen Part. Marc wählt in der Post-Produktion schließlich die besten Aufnahmen eines jeden Satzes aus und erstellt einen Dialog-Rohschnitt, der mit Musik unterlegt wird. Dann geht es wieder mit unserem Tontechniker ins Studio zur Nachbearbeitung. Hier werden die Stereo-Einstellungen vorgenommen, die Räume kreiert, die Geräusche und Atmosphären unterlegt und alles zu einem Endmix zusammengefügt. Dieser wird anschließend in einem Masteringstudio noch klanglich veredelt. Danach ist das Hörspiel-CD-Master fertig und wandert zur Vervielfältigung ins Presswerk. Zuvor habe ich mit unserem Illustrator bereits besprochen, wie das Titelbild aussehen soll. Dies fertigt er dann an. Gemeinsam mit allen Angaben zu Sprechern und Inhalt wird die Illustration von unserer Graphikerin layoutet und die CD-Drucksachen ebenfalls im Presswerk hergestellt. Vom Presswerk aus werden die verkaufsfertigen CDs zu unseren beiden Vertrieben geliefert. Das ist für den Bereich Buchhandel LÜBBE AUDIO und für den Bereich Tonträgerhandel SPV. Diese Firmen sorgen dafür, dass unsere Hörspiele an die Großhändler und die einzelnen Filialen geliefert werden, wo die Kunden sie dann kaufen können. Bei uns wird soviel wie möglich innerhalb unseres Teams erledigt, um auch rentabel arbeiten zu können. Dies ist sehr entscheidend, denn noch sind wir ein vergleichsweise kleines Label - allerdings bereits mit einem stolzen und stetig wachsenden Programm vielfach preisgekrönter Hörspiele.

Erik Schreiber:
Da wir gerade bei euren Mitarbeitern sind. Wer ist der Graphiker? Er gefällt mir sehr gut und erinnert mich ein wenig an Lonati, der für Macabros, Larry Brent und zum Teil für Silber Grusel Krimi zeichnete. Wie läuft die Zusammenarbeit? Du hast eine Idee und sagst, was er zeichnen soll?

Stephan Bosenius:
Genau, da gibt es bei uns motivisch sehr klare Vorgaben, schließlich muss das Dargestellte ja zum Inhalt des Hörspiels passen. Der Illustrator ist Firuz Askin. Er hat bereits für die Europa-Hörspiel-Serie Hui Buh die Cover der Folgen 16-23 gemalt und ist uns dadurch aufgefallen. Wir suchten zu dieser Zeit einen Künstler für die graphische Neugestaltung unserer Hörspiel-Reihe Gruselkabinett, der noch rein handwerklich mit Pinsel und Farbe arbeitet. Von den ersten Entwürfen waren wir bereits sehr begeistert, da sie dieses klassische Flair früherer LP-Cover hatten. Das Echo auf das neue Gruselkabinett-Layout mit den exklusiv für jede Folge angefertigten Cover-Gemälden von Firuz Askin war überwältigend positiv. Sehr gefreut hat uns, dass das Cover der Produktion Der Freischütz zum "Cover des Jahres 2006" gewählt wurde und zwar sowohl von den Kritikern als auch vom Publikum beim Hörspiel-Award.

Erik Schreiber:
Nach welchen Gesichtspunkten wählt ihr die Vorlagen für ein Hörspiel aus?

Stephan Bosenius:
Zunächst einmal danach, ob die Vorlage uns selbst gefällt, packt, anrührt und bewegt. Allerdings ist für eine Hörspielbearbeitung natürlich auch von entscheidender Wichtigkeit, dass sich die Geschichte mit rein akustischen Mitteln gut erzählen lassen muss.

Erik Schreiber:
Du sagtest gerade, ob euch die Vorlage gefällt, wäre wichtig. Aber ihr müsst doch erst einmal eine Auswahl von Vorlagen haben? Geht ihr nach bekannten Namen oder Empfehlungen?

Stephan Bosenius:
Beides. Marc kennt viele Gothic-Novel-Titel aus seinen Studientagen. Wir recherchieren aber auch viel, besorgen uns dann die Bücher, lesen sie und diskutieren darüber, ob man daraus ein gutes Hörspiel machen könnte. Vielfach erreichen uns mittlerweile aber auch Wünsche unserer Hörer, was sie gerne von uns vertont hören würden. Da waren auch schon schöne Vorschläge dabei.

Erik Schreiber:
Wer schreibt euch die Drehbücher?

Stephan Bosenius:
Das macht mein Kollege Marc Gruppe. Durch seine Arbeit für den Theaterverlag "Vertriebsstelle und Verlag" ist er sehr geübt im Dialoge schreiben, was ja schon noch einmal etwas anderes ist als Prosatexte.

Erik Schreiber:
Wie sieht die Arbeit von Marc aus, die Dialoge zu schreiben? Es fehlt doch das `Drumherum’.

Stephan Bosenius:
Tja, das muss dann eben noch geschaffen werden! Unsere Spezialität ist ja quasi, dass die Handlung zu ganz großen Teilen in Dialogen erzählt wird und der 'Erzähleranteil' nicht so groß ist. Dadurch 'fühlt' der Hörer eine größere Nähe zu den handelnden Figuren und ist mehr mittendrin in der Handlung als in mancher Konkurrenzproduktion. D.h., dass Marc viele Prosa-Stellen quasi erst einmal in Dialogform 'übersetzen' muss. Das ist mitunter nicht ganz leicht, denn die Hörspiel-Version soll ja nach Möglichkeit den Inhalt nicht zu arg verflachen und dem Ganzen somit die Tiefe nehmen. Die Dialoge müssen lebensnah und für die Sprecher natürlich zu sprechen sein. Um diese Kriterien zu erfüllen, braucht man viel Erfahrung und Gespür für Sprache. Ich finde, Marc macht da einen richtig guten Job. Was er beispielsweise aus diesem dicken Schmöker Dracula gezaubert hat: Hut ab! Das fand ich in dieser ungemein spannenden epischen Breite von 260 Minuten Hörgenuss besser als alle Dracula-Filme, die ich kenne.

Erik Schreiber:
Vielen Dank Stephan, für deine bereitwilligen Antworten. Ich wünsche euch noch viel Erfolg mit euren Hörspielen. Und an die gewonnenen Preise denkend, bin ich mir sicher, ihr werdet weiterhin erfolgreich weitermachen. Und ansonsten denke ich, wir sehen uns wieder auf der Buchmesse in Frankfurt.

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