Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Andreas Gruber verfasst als Hobby bereits seit Jahren Kurzgeschichten und veröffentlicht diese in diversen Anthologien. So ist sein Gesamtwerk weit verstreut. Lediglich in den Sammlungen „Der fünfte Erzengel“ und „Die letzte Fahrt der Enora Time“ finden sich einige seiner Kurzgeschichten versammelt.
Mit beiden Anthologien war und ist er überaus erfolgreich. So wurde „Der fünfte Erzengel“ für den Phantastik Preis 2001 nominiert und ist mittlerweile längst vergriffen. Neu aufgelegt wurde dagegen gerade die weitaus erfolgreichere Storysammlung „Die letzte Fahrt der Enora Time“. Mit diesem Band gewann er dann den Phantastik Preis 2002 gleich in zwei Kategorien: „Beste Kurzgeschichte“ und „Beste Originalkollektion“.
Mit „Jakob Rubinstein“ betritt er ein ganz anderes Genre. War noch „Der fünfte Erzengel“ eine Horror-Anthologie, dann „Die letzte Fahrt der Enora Time“ eine SF-Anthologie, so legt er nun mit „Jakob Rubinstein“ ein Werk mit fünf Kurzgeschichten um den gleichnamigen, jüdischen Privatdetektiv vor, der in Wien seine Ermittlungen durchführt.
Dabei verbindet er die Krimikurzgeschichten mit Humor und phantastischen Elementen, die mal mehr, mal weniger Teil seiner Geschichten sind.
In „Der fünfte Fahrgast“ wird ein kleines Mädchen bei einem Regierungsexperiment in einem Raum jenseits der Wirklichkeit gezogen und von Rubinstein gerettet. In „Landgasthaus Einsamer Wanderer“ holt er die kleine Schwester seines besten Freundes Nicolas Gazetti aus einer Scheinwelt zurück. Lebensverlängerung mittels Tiefengefrierverfahren kommt Rubinstein in „Wenn das Unglück zuschlägt“ auf die Spur. Danach ermittelt er in Sachen Bewusstseinslöschung in „Renée Reno“ und kann seinem ärgsten Widersacher, dem Innenminister Frank Rohrschach, in „In der Hofburg“ es so richtig zeigen.
Die Hintergründe der meisten Stories sind nicht neu und gehören zum Allgemeingut des Krimigenres. Der SF-Fan wird lediglich in der ersten Story bedient und so würde ich die Kurzgeschichten nicht als „Phantastik-Krimis“ bezeichnen. Von dieser Verlagszuordnung sollte sich also kein Leser in die Irre führen lassen.
Andreas Gruber kann erzählen, ohne Zweifel. Nur geht er mir mit einigen Wiederholungen ein wenig zu weit. In fast jeder Story werden die Charaktereigenschaften Jakob Rubinsteins ausführlich dargestellt, was aus meiner Sicht unnötig ist. Solches erscheint nur notwendig, wenn die Stories isoliert in verschiedenen Publikationen erschienen wären. Wäre dies der Fall gewesen, dann hätte Gruber solche Wiederholungen sicherlich überarbeitet, um so einen gewissen Lesefluss bieten zu können. Die Stories wirken so als wenn sie unüberarbeitet im vorliegenden Buch zusammengefasst wären, was aus meiner Sicht völlig unnötig ist.
Jakob Rubinstein ist eine Figur, die vor Klischees nur so wimmelt. So bewegt er sich immer am Rande der Insolvenz, kann seine überaus kluge Sekretärin nur mit Mühe und Not bezahlen, verfügt über einen ungesunden Lebenswandel, ist Ex-Polizist und besitzt aus seiner aktiven Zeit noch diverse Fähigkeiten und Hinterlassenschaften, verfügt über eine lockere Liebesbeziehung und ist ansonsten ein Einzelgänger.
Interessant dagegen ist, dass er jüdischen Glaubens ist, auch wenn er diesen nicht mehr lebt und sich so gut wie gar nicht an die Glaubensregeln hält, er eine gut aussehende, gebildete und streng gläubig lebende Schwester hat, sein bester Freund ein homosexueller Lebemann ist und das ganze in Wien spielt, für den bundesdeutschen Krimileser kein ganz alltäglicher Handlungsschauplatz.
Probleme hatte ich persönlich mit der Ausarbeitung der Figur im Hinblick auf ihre Glaubensrichtung. Zwar dürfte ein jüdischer Detektiv wohl eher selten in der Kriminalliteratur vorkommen. Warum Grubers Held aber ausgerechnet diesem Glauben angehören muss, bleibt für mich im Dunklen. Da Jakob Rubinstein seinen Glauben nicht mehr „lebt“ ist dieser für die Gesamthandlung ziemlich unwichtig.
Insgesamt gesehen haben die Stories einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Aufgrund ihrer Kürze kommt die Lösung für meinen Geschmack einfach zu schnell und wird Jakob Rubinstein zu leicht vor die Füße gelegt. Von den Ideen her, hätten die Stories durchaus doppelt so lang sein können, um so einfach mehr Raum zum Entfalten der Krimihandlung zu haben.
Ich würde einem Phantastikleser eher seine Kurzgeschichtensammlung „Die letzte Fahrt der Enora Time“ empfehlen als die vorliegende.