Serie / Zyklus: SF-Personality, Band 16 Besprechung / Rezension von Ulrich Blode |
In der SF-Personality Reihe werden schlaglichtartig Autoren des Science Fiction-Genres mit ihren Werken vorgestellt. Christian Hoffmann widmet sich John T. Sladek.
John Thomas Sladek wurde 1937 in Waverly, Iowa (USA) geboren. Seine erste Veröffentlichung "A Section from the Adventures of I.E.M." erschien 1963 in der Zeitschrift Region. Thomas M. Disch ermutigte später Sladek zum Schreiben von Science Fiction-Geschichten. Kurzgeschichten von ihm erschienen in Magazine, wie IF, Amazing Stories und New Worlds. Der erste Roman The Reproductive System (auch: Mechasm) kam 1968 heraus. Zeitweilig lebte er in England, zog 1986 nach Minnesota, wo er in seinem Haus in Edina am 10. März 2000 verstarb.
2002 gab David Langford die Sammlung Maps: The Uncollected John Sladek heraus. Sladeks letzter Roman Wholly Smokes, bizarr mit wenigen SF-Elementen, erschien posthum 2003 und handelt von einer Tabakdynastie, die im Jahr 2011 durch Schadensersatzklagen bankrott geht.
Sladeks Kurzgeschichten sind pointiert, manche satirisch und bösartig. In "Guesting" stürzt ein Außerirdischer ab, eigentlich eine Sensation, aufgrund eines Gedächtnisverlustes ist er aber weder für das Militär noch für das Fernsehen interessant genug, so dass ein entflohener Massenmörder bessere Einschaltquoten verspricht. "Elephant mit Holzbein" ist eine Geschichte über ein Forschungsinstitut, in dem der Wahnsinn ausbricht, nachdem alle Probleme der Menschheit (bis auf die wirklich wichtigen) gelöst worden sind. Eine witzige Geschichte ist "Dining Out", in der ein Wahnsinniger verlangt das Maskottchen Barry der Bär einer Fast-Food-Kette zu sehen, bis Barry tatsächlich auftaucht und dem Geiselnehmer vortanzt, was für die außergewöhnlichen Methoden der Polizei spricht.
Neben den Kurzgeschichten verfasste Sladek viele weitere Texte, z. B. Lyrik und Krimis, also nicht nur SF. Hervorragend sind seine Parodien auf Autorenkollegen, in denen er z. B. Heinleins Militarismus oder Clarkes Hard-SF Vorlieben aufs Korn nimmt. Die "Satire" auf Philip K. Dick ist hingegen eine liebevolle Hommage.
Bekannte SF-Romane von ihm sind Die stählerne Horde, Robot Roderick, Roderick II, Tik-Tok und Der Müller-Fokker-Effekt. Sladek hat einen kritischen Blick auf neue Technologien, Roboter und Kybernetik. "Obwohl John Sladek mit Sicherheit viele „durchschnittliche“ SF-Leser, die sich von einem SF-Roman [Anm.: Der Müller-Fokker-Effekt] etwas anderes erwarteten, mit seinem Stil überforderte, darf man nicht vergessen, dass er lediglich literarische Traditionen aufnahm, die in der Mainstream-Literatur schon lange gang und gäbe waren. Die Darstellung eines digitalisierten Menschen scheint mir durch den Kunstgriff des stream of consciousness recht gut gelöst, auch wenn der Lesefluss dadurch nicht gerade beschleunigt wird.“ (Hoffmann) Die Roderick-Romane handeln von einem intelligenten Roboter, der als gut zu charakterisieren ist, und Tik-Tok von einem bösen Roboter. Dabei wird die menschliche Gesellschaft und ihr Benehmen analysiert, zuweilen satirisch ohne allzu zynisch zu werden. "Immer wieder setzte er gekonnt die verschiedenen Stilmittel der Satire ein. Er war ein wahrer Meister der Ironie und der Parodie bis hin zum Sarkasmus und nahm immer wieder soziale und politische Fehlentwicklungen aufs Korn." (Hoffmann)
Christian Hoffmann präsentiert einen unterhaltsamen Blick auf John T Sladeks Werke. Es macht ihm Spaß zu folgen, weil er die Charakteristika der Romane und Kurzgeschichten exzellent herausarbeitet. Einziger Wehrmutstropfen ist die Kürze dieses Sekundärbandes, was sich aber durch die vermittelte Faszination leicht verschmerzen lässt.
Ergänzt wird der Werkführer durch zwei Interviews mit Sladek, in dem seine scharfsinnige Persönlichkeit zum Vorschein kommt. Zuletzt findet sich in dem SF-Personality Band eine Bibliographie zu Sladek, erstellt von Hans-Peter Neumann. Insgesamt ist Hoffmann ein sehr schöner Band zu einem der herausragendsten Vertreter der Science Fiction gelungen.