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Titel: Magie der Schatten
Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Bei “Magie der Schatten” handelt es sich um eine Neuauflage des Romans “Das Land der sterbenden Wolken”. Ich weiß leider nicht, was sich außer dem Cover gegenüber der alten Ausgabe geändert hat. Das Cover hat sich allerdings definitiv verbessert: Der graue Hintergrund bildet ein Portal, das dem Betrachter einen Blick in eine andere Welt erlaubt. Es zeigt einen ganz in schwarz gehüllten Mann mit gezücktem Dolch vor einem verdorrten Baum. Ein düsteres Cover, aber da auch die Geschichte ziemlich düster ist, eben auch sehr passend.
Nachdem der Krieg vorbei ist, führt Raigar die Suche nach einer “ehrlichen” Arbeit in die Hauptstadt des Landes. Statt Arbeit findet er dort nur Verachtung – und befindet sich, eh’ er sich versieht, im Kerker wieder. Der Kaiser versucht nämlich, den Frieden des Landes durch das Ausrotten aller Überbleibsel des Krieges – und damit auch der Menschen, die damals für ihn kämpften – zu wahren.
Nairod ist ein junger Magier, dessen Magie nicht für Bewunderung oder Prahlerei taugt. Als er einen Hinweis auf eine Magie findet, die alle beeindrucken sollte, macht er sich auf die Suche danach.
Auf den ersten Blick haben die zwei Hauptpersonen, von denen “Magie der Schatten” handelt, nichts miteinander zu tun. Der Ort an dem die Handlungen spielen ist der gleiche, nicht aber die Zeit. Und auch ihre Ziele sind ganz andere – eines haben die zwei allerdings gemeinsam, sie wollen sich nicht einfach mit ihrem Schicksal abfinden.
Raigar musste sich schnell dazu entscheiden – hätte er sein Schicksal akzeptiert wäre er schon zu Beginn des Buches gestorben. Aber auch ein Leben auf der Flucht – ein Leben als Söldner, wie er es war – ist nicht das, was er sich wünscht. Und so bewahrt er sich allen Widrigkeiten zu Trotz seine Menschlichkeit, versucht sich selbst treu zu bleiben und aus seiner Lage stets das Beste zu machen. Die Menschen, die ihn umgeben, allen voran seine Mitflüchtigen und ihr fast schon schon bösartige zu nennender Anführer Vicold, lassen den Leser erkennen, dass Raigar tatsächlich anders ist. Gut kann man ihn dennoch nicht nennen, denn ebenso wie seine Gefährten schreckt er vor kaum etwas zurück, um zu überleben – Diebstahl ist dabei noch das Harmloste. Und während er seinem unfreiwilligen Schützling – ein Opfer eines ihrer Raubzüge, das er vor dem Tod bewahren konnte – seine Geschicht erzählt, wird er einem dennoch immer sympathischer. Man kann sich gut vorstellen, dass unter ähnlichen Bedingungen so mancher Held alter Schlachten nicht anders handeln würde als Raigar, manche vielleicht sogar so wie seine Kumpanen – denn auch jeder von ihnen hat gute Gründe für seine Taten. Gründe, die man sogar als Leser zum Teil nachvollziehen kann.
Nairod ist deutlich jünger als Raigar, ihn treibt der Wunsch nach etwas Besonderem an – ist seine Magie in seinen Augen doch gerade das Gegenteil von etwas Besonderem, nichts, mit denen man Menschen faszinieren kann, im Gegenteil: Das Nichts, das er hervorrufen kann, ist einfach nur erschreckend. Seine Freundin Lenia zeigt ihm, wozu er fähig ist, wenn er erst einmal ein Ziel hat. Ein kleines Buch, ein Geschenk, das ihm zum Lernen animieren soll, lässt ihn zu einer Suche aufbrechen. Eine Suche mit dem Ziel, die Unsterblichkeit zu erlangen. Eine Suche, die ihn verändert: Mit jedem Schritt, dem er sich den Ziel nähert – und mit jeder Seite – wächst beim Leser die Furcht, dass Nairod sich ob dieser Suche selbst verliert.
Gegen Ende laufen die zwei Erzählstränge aufeinander zu. Langsam bekommt der Leser eine Ahnung, was die beiden Protagonisten außer ihrem Willen, etwas zu verändern, gemeinsam haben. Aber so düster wie die Geschichte selbst ist auch das Bindeglied, das Nairod und Raigar verbindet.
Das Erstaunliche bei “Magie der Schatten” ist allerdings, dass man als Leser, obwohl man keinen der Figuren als wirklich gut ansehen kann – abgesehen von Nairods Gefährtin Lenia – sich in die Figuren einfühlen kann. Mit ihnen mitfiebert und genau wie sie hin- und wieder die falschen Schlüsse zieht. Und selbst die Schurken in diesem Buch haben gute Gründe für ihre Taten: Der Wunsch nach Frieden (auch wenn die Maßnahmen zur Umsetzung mehr als fragwürdig sind), die Suche nach einer verlorenen Liebe oder auch schlichte Rache. Selbst die kleinste Nebenfigur hat eine Vergangenheit – und an Raigar und Nairod sieht man, wie selbst die kleinsten Begebenheiten, aber auch die Gefährten, die man sich wählt, die Zukunft eines Menschen bestimmen.
“Magie der Schatten” ist eine düstere Geschichte, die Thomas Lisowsky mit unzähligen Facetten von Grau zum Leben erweckt hat. Eine Geschichte, wie sie nach jedem fantastischen Abenteuer beginnen könnte, allerdings keine Geschichte für zartbesaitete Gemüter oder hoffnungslose Romantiker. Eine spannende Geschichte, die einen bis zum Schluss in Atem hält, aber keine Geschichte die wirklich gut ausgeht, auch wenn dem Leser zumindest ein Hoffnungsschimmer und das Wissen um etwas Gutes in jedem Menschen bleiben. Glücklich lässt einen die Geschichte damit nicht zurück, dafür wird man bis zum Ende hin wirklich spannend unterhalten.