Reihe: Die Wölfe aus Mercy Falls, Band 2 Eine Rezension von Damaris Metzger |
Klappentext
Obwohl alles verloren schien, ist Sam zu Grace zurückgekehrt. Er hat den Wolf in sich besiegt und jetzt liegt ein ganzes Leben in seiner Menschengestalt vor ihm. Doch nun ist es Grace, deren Zukunft ungewiss erscheint. Sie, die sich ihrer menschlichen Haut immer so sicher war, hört nachts die Stimmen der Wölfe und weiß: Sie rufen nach ihr.
Wogegen Grace sich mit aller Macht wehrt, wäre Cole hochwillkommen. Cole wünscht sich nur eines: Vergessen. Vergessen, wer er ist. Vergessen, was er getan hat. Die Wolfshaut ist seine Zuflucht. Doch trotz der eisigen Kälte gelingt es ihm nicht, die Wolfsgestalt dauerhaft anzunehmen.
Als Coles Vergangenheit ihn einholt und sich immer mehr neugierige Augen auf die Wölfe richten, muss Sam zusehen, wie seine Welt zerbricht: Das Rudel schwebt in größter Gefahr und Grace hält nur noch die Liebe zu ihm in ihrem menschlichen Leben. Sam ahnt, dass der Wolf in ihr eines Tages siegen wird ...
Über die Autorin
Maggie Stiefvater, geboren 1981, hatte glücklicherweise immer Schwierigkeiten, ihren Hang zu Tagträumereien und Selbstgesprächen mit ihren Jobs zu vereinbaren. Anstatt also als Kellnerin, Kalligrafielehrerin oder technische Redakteurin zu arbeiten, versuchte sie es mit der Kunst. Heute lebt sie als erfolgreiche Musikerin, Malerin und Autorin in Virginia, ist verheiratet, hütet zwei kleine Kinder sowie zwei neurotische Hunde und hofiert eine verrückte Katze. "Ruht das Licht" ist der zweite Band ihrer Trilogie um die Wölfe von Mercy Falls.
Rezension
Der erste Satz: Dies ist die Geschichte eines Jungen, der ein Wolf war, und eines Mädchens, das zu einem wurde.
Oha! Ein Prolog, der praktisch in einem Satz die ganze Geschichte verrät?! So mag man als aufmerksamer Leser gleich zu Anfang denken, und kritisch die Stirn runzeln. Ob man das so gutheißt? Wird die Geschichte so denn funktionieren? Und ob! Diese Gedanken sind natürlich und berechtigt, doch so einfach, wie hier im ersten Satz, ist es nicht.
Sam muss sich erst an sein neues Leben als Mensch gewöhnen, was ihm nach all den Wintern als Wolf nicht immer leicht fällt. Grace macht sich Gedanken um ihre Zukunft. Sie träumt von einem Leben, dass für immer an der Seiten von Sam sein wird. Doch manchmal fühlt sie sich nicht sehr wohl in ihrer Haut, was aber nichts mit Sam zu tun hat. Das macht ihr Angst und verwirrt sie.
Isabel trauert immer noch um ihren toten Bruder und leidet unter der schlechten Beziehung zu ihren Eltern. Als sie den unnahbaren und egozentrischen Cole trifft, wirft das ihr Leben noch mehr durcheinander.
So viel zum Inhalt. Grace und Sam, sind dem Leser schon aus dem Vorgängerband "Nach dem Sommer" bekannt. Auch in "Ruht das Licht" wechselt die Ich-Perspektive zwischen den beiden hin und her. Zusätzlich schenkt uns die Autorin noch die Ich-Perspektive von Isabel und Cole, wodurch sich vier Personen die Erzählung der Geschichte teilen. Dadurch gewinnt der Plot an Fahrt und da nur Cole als komplett neue Person dazukommt, macht es unheimlich Spaß die Geschichte aus den vier Perspektiven zu lesen.
Alle Charaktere haben sofort die Sympathien des Lesers. Anders, als meist üblich, ist Sam der sensible und romantische Denker, während Grace eher das pragmatische Mädchen mimt. Die innige Beziehung der beiden, spürt der Leser genau wie im Vorgängerband. So bleiben sie authentisch und greifbar. Selbst die schnippische und anscheinend kaltherzige Isabel liest man gerne, trifft sie mit ihren Aussagen doch den Nagel immer direkt auf den Kopf. Das tut dem Lesefluss richtig gut, da sie einfach sagt, was Sache ist. Cole ist wohl der schwierigste Charakter. Auch wenn er mit seinem Verhalten überall aneckt, sind seine Gedankengänge plausibel und nachvollziehbar. Man möchte mehr über ihn erfahren.
Ich fror, Schnee fiel auf meine Hand und ich war ein Mensch.
Die Zukunft lag vor mir, unendlich weit, sie erstreckte sich immer weiter und sie gehörte mir, so sehr, wie mir noch nie etwas gehört hatte. (Sam, S. 66)
"Ruht das Licht" ist ein sanftes, gefühlvolles, ja, trotz der Dramatik ein leises Buch. Die Sprache ist einzigartig gut. Man möchte sie fast schon als lyrisch bezeichnen. Englischkenntnisse sind von Vorteil, da alle Songtexte und einige Gedanken von Sam im englischen Original belassen wurden. Nur so versteht man die volle Tragweite seiner Gedanken.
Die Geschichte wirkt leicht entrückt, man fühlt sich als würde man über die Seiten schweben. Vor allem sind manche Sätze so ausdrucksstark und gefühlvoll, dass man unweigerlich eine Gänsehaut bekommt oder einem manchmal das Herz wehtut. Ist die Erzählung bis auf den Schluss nicht sehr actionlastig, baut sich während des Lesens unmerklich eine solche Spannung auf, dass man es kaum auszuhalten vermag.
Die Beziehung zwischen Grace und Sam ist hochromantisch, aber anders, als man es erwarten würde. Kleine romantische Dinge, die man so aus anderen Büchern gewohnt ist, werde hier anders gelöst. So würde jeder Leser erwarten, dass Sam und Grace sich, nachdem sie sich ein paar Tage nicht gesehen haben, beim Wiedersehen um den Hals fallen. Nicht bei "Ruht das Licht". Solche Kleinigkeiten laufen hier anders ab und schaffen trotzdem Gänsehaut pur!
Gegen Ende wird die Geschichte hochdramatisch und sehr emotional. Mancher Leser wird das Buch kurz zur Seite legen müssen, um sich zu sammeln. So traurig und aufgewühlt man am Ende auch sein mag, stimmt der Schluss einen auch hoffnungsvoll. Für alle begeisterten Leser, die nun auf den letzten Band der Trilogie "In seinen Augen" warten müssen, wird es ein hartes Jahr!
Persönliches Fazit
Müsste ich das Buch, bzw. meine Gefühle dafür, mit fünf Adjektiven beschreiben, so würden sie wohl so lauten: Gefesselt, melancholisch, verzweifelt, traurig und hoffnungsvoll. Alles nur im positiven Sinn. Die Geschichte steht ihrem Vorgänger in nichts nach. Selten war ich während dem Lesen so aufgewühlt und emotional wie hier. "Ruht das Licht" ist ein wundervolles Buch, mit einem Ende, das ... Wie gehen noch mal diese Origami-Kraniche? Ich würde jetzt gerne anfangen zu falten - und zwar 1000 Stück! 5 von 5 Sternen, was sonst?!