Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Ulrich Blode |
Michael Marrak (diesen Namen sollte man sich längst gemerkt haben!) tritt als Autor, Grafiker, Illustrator und Herausgeber in Erscheinung. Sein Roman Lord Gamma wurde mit dem Kurd-Laßwitz-Preis und dem Deutschen-Phantastik-Preis ausgezeichnet. Ebenfalls den Kurd-Laßwitz-Preis erhielt er für Imagon und das Titelbild zum Magazin Phantastisch! Nr. 15. Zweifellos hat er auch andere Auszeichnungen erhalten, aber hier soll es um sein neues Buch Morphogenesis gehen.
Morphogenesis beruht auf dem Konzept eines Romans mit dem Titel Die Stadt der Klage, der 1997 und 1998 als Zweiteiler erscheinen sollte, mit den Untertiteln Lament und Legion. Aufgrund des mangelnden Budgets der Edition Mono erschien nur eine gekürzte Fassung in einem Einzelband. In Morphogenesis erzählt Michael Marrak die ganze Geschichte des Hippolyt Krispin, sein ganzes schreckliches Schicksal in einer Welt jenseits aller Vorstellungen.
Hippolyt Krispin ist von Beruf Archäologe und Ägyptologe. Während Ausgrabungsarbeiten in der ägyptischen Wüste entdecken er und seine Kollegen eine sechsseitige Pyramide einer uralten Kultur. Die Arbeiten sind gefährlich und die Entdeckungen überschreiten die Grenzen zur bekannten Realität. Krispin findet einen Armreif, der einen Uroboros (eine sich in den Schwanz beißende Schlange) darstellt. Zurück in Kairo betört ihn eine Frau namens Sahia und nimmt wieder seine Erinnerung an ihr. Seine Heimreise nach Europa ist eine Trip in die Hölle. Der seltsame Archon "entführt" ihn in die Duat. Im Totenreich der Ägypter wird er zum Liebhaber Sahias, bis er entkommen kann.
Das Totenreich der alten Ägypter hat sich jedoch auf erschreckende Weise verändert. Wo einst der Strom der Seelen floss, erstreckt sich nun eine endlose Stadt, die die Höllen zahlloser irdischer Kulturen in sich vereint. Auf seiner Odyssee durch die Nekropole findet Krispin immer mehr Hinweise auf jenen unheilvollen Prozess, der die Duat zu dem werden ließ, was sie heute ist. Und tief unter der Stadt existiert eine Maschine, die alle Fragen auf das Inferno und die menschliche Schöpfung beantworten könnte... (Klappentext)
Marrak schickt seinen Protagonisten durch die bekannten Höllen der Erdkulturen und unbekannte Abgründe: Pechseen, Kriegsgebiete zusammengewürfelt aus dem 20. Jahrhundert, Golems, Zeitverschwender und immer auf der Flucht vor den herrschenden Geschöpfen dieses Alptraums. Hinter all dem steckt eine außer Kontrolle geratene Maschinerie, Nanoroboter flicken die Toten und Verletzten wieder zusammen. Die Entscheidung die Science Fiction als Hintergrund für alle Geschehnisse zu verwenden, ist einerseits geglückt, andererseits unnötig. Morphogenesis hätte als Fantasie ohne Technik funktionieren können.
Während in den Kapiteln "Nekropalladium" (totes Heiligtum) Hippolyt Krispin einen Weg aus der Hölle sucht und wissen will, wer sie erschaffen hat, muss Herr Ka (die Lebenskraft Hippolyts) aus dem "Lazarium" herausfinden. Diese Zweiteilung des tragischen Helden, die Mythen und Religionen (immer wieder durchsetzt mit altägyptischen Vorstellungen) sind Marrak im Aufbau und zuweilen schockierender Sprache gelungen. Für zarte Gemüter ist Mophogenesis keineswegs geeignet, "ich musste an die annähernd fünfzig Milliarden Toten aus Morphogenesis denken - und vor allem daran, wie oft allein mein Protagonist im Verlauf der Geschichte „den Löffel abgab“." Brutale Darstellungen sind an der Tagesordnung in Morphogenesis.
Michael Marraks Morphogenesis ist packend, fesselnd und alptraumhaft. Ein Roman, den man entweder mag oder verabscheut. Ein Meilenstein deutscher Phantastik.
Morphogenesis - Rezension von Rupert Schwarz
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Morphogenesis - Rezensionsübersicht