Genre: Mystery / Fantasy / Comedy Eine Rezension von Judith Gor (Weitere Rezensionen von Judith Gor findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de)
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Der fünfzehnjährige Oz Vessalius, der Erbe einer einflussreichen Herzogsfamilie, wurde bei seiner Volljährigkeitszeremonie in die Tiefen des Abyss gestoßen – einer dunklen Dimension, in der die Uhren anders ticken und die von grotesken Kreaturen, Chains genannt, bevölkert wird. Mit Hilfe der Chain Alice, die wie ein Mädchen in Oz‘ Alter aussieht, gelingt ihm die Flucht. Allerdings sind seit seinem Verschwinden zehn Jahre vergangen und während Oz nicht gealtert ist, ist sein Jugendfreund Gilbert längst erwachsen. Sowohl Oz, als auch Alice und Gilbert haben etwas mit der großen Tragödie von Sablier zu tun: Vor einhundert Jahren wurde die Hauptstadt des Reiches in den Abyss gerissen, abertausende kamen dabei um. Nun droht erneut Gefahr aus dieser finsteren Welt. Oz und seinen Freunden müssen um jeden Preis wissen, was damals wirklich geschah …
Das möchte auch die Organisation Pandora, die Oz unterstützt, um an den Willen des Abyss heranzukommen. Denn wer den Abyss kontrolliert, könnte die Vergangenheit ändern. Die Baskervilles, deren Vorfahren für die Tragödie verantwortlich gemacht werden, arbeiten auf das gleiche Ziel hin. Und so entbrennt ein Kampf um die Wahrheit, der mehr und mehr grausame Erinnerungen ans Tageslicht bringt. Alice, die einmal ein Mensch gewesen war, steht im Mittelpunkt dieser Erinnerungen und allmählich fügen sich die Puzzleteile zusammen. Allerdings nehmen sich die Macher des Anime noch die Zeit, ihre Protagonisten einen ordentlichen Rausch erleben zu lassen: In der zwanzigsten Episode haben nahezu alle zu tief ins Glas geschaut und man sieht fassungslos zu, wie ihre Zungen immer schwerer werden und die Stimmung von Aggression zu Melancholie umschlägt. Eine unterhaltsame Comedyeinlage tut vielen Serien gut, doch kurz vor dem Finale wirkt diese einfach unpassend.
Die letzten fünf Folgen werden wieder ernsthafter, doch die verbleibende Episodenzahl scheint nicht auszureichen, um die Geschichte zu einem vorläufigen Ende zu bringen. Denn Pandora Hearts ist nach 25 Folgen keineswegs abgeschlossen und schreit geradezu nach einer Fortsetzung. Die große Frage, die alle Protagonisten antreibt, bleibt unbeantwortet und das große Finale verkümmert zu einer verwirrenden und halbgaren Auflösung. Charaktere, die erst vor wenigen Folgen eingeführt und als bedeutsam eingeschätzt wurden, verblassen und tauchen am Ende gar nicht mehr auf. Der Zuschauer bleibt auf vielen Fragen sitzen und wird von den dramatischen Ereignissen regelrecht überrumpelt. Warum plötzlich eine ganze Stadt brennt, lässt sich schwer nachvollziehen, und auch Oz Gedanken sind kaum zu durchschauen. Er war schon immer ein ambivalenter Charakter, doch auf der Zielgerade geht der Kontakt zu ihm leider verloren. Und immer noch fragt man sich: Was genau hat er nun mit der Tragödie zu tun?
Die letzten Folgen bieten allerdings auch diverse spannende und stimmungsvolle Szenen, die man gerne ausführlicher betrachtet hätte. Insbesondere die Einblicke in den Abyss faszinieren und überraschen den Zuschauer. Hinter der Tragödie von Sablier scheint eine sehr persönliche und traurige Geschichte zu stecken. Pandora Hearts begeistert nach wie vor mit seiner unheimlichen und leicht makabren Atmosphäre, vermischt mit dem Charme des viktorianischen Zeitalters und Fantasyelementen. Die Wunderlandthematik wird dabei konsequent fortgesetzt und immerhin erlebt man Alice zum Schluss noch mehrmals in Aktion – als gigantischer schwarzer Hase, der sich anderen Chains stellt. Über die Bildqualität wurde in den Rezensionen zu den ersten drei DVD-Boxen genug geschrieben: sie hat sich dieses Mal nicht verbessert. Der hochatmosphärische Soundtrack und die tolle Aufmachung reißen da immerhin noch einiges raus.
Fazit
Das Finale von Pandora Hearts fällt leider ziemlich dünn aus: Der Zuschauer bleibt auf vielen Fragen sitzen und die Ereignisse der letzten Folgen verwirren mehr, als dass sie zur Aufklärung beitragen. Dabei hatten sich bereits viele Puzzleteile zu einem tragischen Bild zusammengefügt – welches jedoch unvollendet bleibt. Da muss eine zweite Staffel folgen, sonst bleibt ein bitterer Nachgeschmack nach diesem atmosphärischen und originellen Anime, der Elemente aus Alice im Wunderland zu einer modernen und packenden Mysterystory verwebt. 7 von 10 Punkten.
Rezension zu "Pandora Hearts" (Volume 1)