Reihe/Serie: ~ Eine Besprechung / Rezension von Jens Weißbach |
Inhalt
London 2050: Chris Faulkner tritt seine neue Stelle bei Shorn Associates, einer Londoner Investmentfirma, an. Diese Firma investiert u.a. in Krisengebieten und ist die aggressivste ihrer Art. Man unterstützt eine Person oder politische Gruppe beim Kampf um die Macht und wenn diese siegt, erhält die Firma Handelsmonopole und Beteiligungen an den Staatseinnahmen. Eine andere Form des Kampfes um die Auftragsvergabe sind Karambolagerennen. Der Sieger erhält den Auftrag, der Verlierer ein Begräbnis, dem man meist auch noch mit einem Gnadenschuss nachhilft. Bei Shorn Associates mag man klare Entscheidungen. Ähnlich geht es auch bei der Bewerbung um neue Jobs und Beförderungen zu.
Der Sinn solcher mörderischen Auftragsvergaben ist es, den härtesten und engagiertesten zu finden, da alle mehr oder weniger gleich qualifiziert sind. Durch diese Rennen werden keine Unbeteiligten gefährdet, da die Autobahn abgesperrt ist und es abgesehen von Investmentbankern und ihren Anwälten niemanden gibt, der Geld für Benzin oder gar ein Auto hat.
Diese Karambolagefahrer sind aber nicht nur gutbezahlte Investmentbanker sondern auch die umschwärmten Stars und Medienlieblinge der Gesellschaft, wie einst die Gladiatoren des antiken Roms.
Neben der großen Politik und des großen Geschäfts gibt es noch viele Kleinigkeiten in der Handlung die kurz erwähnt werden sollten: innerbetriebliche Intrigen, Streit mit Mrs Faulkner, weil Chris seine Frau mit der Geliebten seines Chefs und Förderers betrügt, was ebenfalls dem Betriebsklima abträglich ist. Auch hält Chris’s Frau den Job ihres Mannes für unmoralisch, in Kriege zu investieren. Am Ende vermittelt Chris’ Schwiegervater Chris einen Job bei der UN, bei dem er gegen das kriminelle Konzernunwesen vorgehen soll. Bevor er diesen Job antreten kann, muss Chris noch ein Rennen gegen seinen Boss, den ungeschlagenen Champion, fahren.
Kommentar
Das Buch wird mit dem Titel des „definitiven Globalisierungsthrillers - von einem der neuen Stars der internationalen Literaturszene“ auch der Rückseite beworben. Diese Aussage ist natürlich völlig übertrieben, wie alle Werbung, insbesondere das Wort definitiv. Und da heutzutage jeder Möchtegern als Star bezeichnet wird, ist dies auch nicht die unmittelbare Qualitätsaussage.
In dem Buch wird nichts Neues kritisiert. Solches Unternehmensverhalten, wenn auch weniger hart gegen die eigenen Angestellten, ist demjenigen, der mal ein Buch über den Kolonialismus des 18. und 19. Jahrhundert oder ein Buch über die amerikanische Lateinamerikapolitik gelesen hat, nichts Neues. Und auch die Massenentlassungen, weil Arbeitsplätze in die Entwicklungsländer verlagert werden, stehen heute in jeder Zeitung.
Aber das Buch ist schließlich ein Roman und kein Fachbuch, und als solcher sehr unterhaltsam.
Doch um es direkt auszudrücken, das Buch ist gut. Richard Morgan versteht sein Handwerk und auch der Übersetzer Singelmann war nicht überbezahlt, da sich der Text sehr gut lesen lässt. Die Akteure werden gut charakterisiert, es gibt keine wirklichen Bad Guys in dem Buch, da alle ihren Überzeugungen entsprechend versuchen, ihre Stellung in der Firma zu verbessern, auch mit unmoralischen Mitteln. Die Investmentbanker sind alle Mörder, aber sie kommen menschlich rüber, da das Morden nur zum Job gehört. Und neben der Profitgier der Konzerne geißelt der Autor auch die politisch korrekten Gutmenschen, welche zwar große Reden halten und Bücher schreiben und vielleicht auch mal demonstrieren, die aber wenn es hart auf hart kommt, nicht für ihre Überzeugung einstehen.
Nach soviel Lob kommt nun das Negative. Missfallen hat mir an dem Buch nur wenig, die Familienstreitereien waren zu lang, das führte für meinen Geschmack zu gelegentlichen Längen.
Fazit
Ein sehr guter und unterhaltsamer Roman über die negativen Aspekte der Globalisierung und des Kapitalismus, den man weiterempfehlen kann.
13 von 15 Punkte erhält das Buch wegen der gelegentlichen Längen.