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Serie: Der schreckliche Papst, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Kaum dass Giuliano della Rovere, der Meister der Zerstörung, der Blutsäufer, den Papst-Thron als Julius II. bestiegen hat, lässt er alle Zurückhaltung gegenüber Klerus und weltlichen Herrschern fallen und frönt offen einem Lebenswandel, der auf Hedonismus, Terror und Allmachtsphantasien fußt. Nachdem er seinen Geliebten, den blonden Jüngling Aldosi, zur Päpstin Juliane und zur Inkarnation der Jungfrau Maria ausgerufen hat, sehen sich Julius' Gegenspieler im Vatikan gezwungen, zumindest Aldosi ob dieser Gotteslästerung zu beseitigen, werden jedoch bei ihrer Untat beobachtet und daraufhin von della Rovere gnadenlos zur Rechenschaft gezogen. Der innervatikanischen Opposition entledigt kann sich Julius, inspiriert von Machiavelli, der Aufgabe widmen, die Besitztümer, welche an diverse Okkupanten verlustig gingen, heim in den Schoß der Kirche zu holen. Zunächst wird Bologna mit Hilfe der zuvor brutal und grausam disziplinierten Schweizer Garde dem Tyrannen Bentivoglio entrissen, danach geht es den Invasoren weiterer päpstlicher Ländereien an den Kragen.
Als im Vatikan eines Tages Michelangelo Buonarroti auftaucht, findet Giuliano wieder Zeit für die schönen Dinge des Lebens, wozu nicht nur die Bildhauerei, sondern auch gleich das Vergewaltigen des berühmten Künstlers gehört. Immerhin jedoch springt für den neuen Gespielen des dekadenten Alten ein lukrativer Auftrag heraus, doch Loyalität und Treue sind Julius' Sache nicht.
Lies der erste Band der Reihe noch eine gewisse historische Ernsthaftigkeit erkennen, so verlässt Jodorowsky nun den achtbaren Pfad des Historien-Thrillers und schlägt den der Historien-Soap- Opera ein. Laster, Lust, Leidenschaft und Lügen aller Arten werden zu handlungsbestimmenden Momenten einer immer fiktionaler und irrealer erscheinenden Story; das Dokumentarische tritt zugunsten vordergründiger Gewalt, Obszönitäten und augenscheinlicher Überzeichnungen soweit in den Hintergrund, dass es mit jeder Seite schwerer fällt, die Figuren als historische Persönlichkeiten ernst zu nehmen, bis Giuliano della Rovere kaum noch etwas von Papst Jacko unterscheidet, der in Garth Ennis' "Chroniken von Wormwood" der ganzen Welt zeigt, wo Petrus' blasphemischer Nachfolger die Locken hat.
Auch wenn – oder vielleicht weil – die Handlung deutlich actionorientierte, leicht trashige Züge angenommen hat, ist die Geschichte kurzweilig und spannend, während das Artwork Theos nach wie vor grandios ist.
Mit leichtem Strich bannt er die Opulenz des vatikanischen Ambientes in hochauthentisch wirkende Bilder, verleiht seinen Charakteren insbesondere durch die Elaboriertheit der Gesichter und der Körperformen Ausdruckskraft und Charisma, beweist einen generell hohen Kenntnisreichtum die zeitgenössische Architektur betreffend, komponiert Bilder wie Seiten lebendig-dynamisch und findet auch noch Zeit für kleine neckische Anspielungen wie bspw. Michelangelo Buonarrotis "Die Erschaffung Adams".
Fazit: Inhaltlich eine spannende, kurzweilige, allerdings nicht mehr sonderlich authentisch wirkende Historien-Klamotte, die auch in Details von Theo so großartig visualisiert ist, dass es auf die Handlung ohnehin nicht ankommt.