Serie: Jennifer Blood, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Man hielte Jennifer Fellows ohne jedes Zögern für eine ganz normale fürsorgliche Mutter und Ehefrau, würde sie einen in ihr Haus einladen: ein liebevoller, zärtlicher Gatte – Andrew -, zwei reizende Kinder - Alice und Mark – sowie eine alles in allem ehrbare Nachbarschaft zeugen von einer heilen Suburb-Idylle.
Doch Jennifer hat ein dunkles Geheimnis, eines, das sie nur ihrem Tagebuch anvertraut: des Nachts begibt sie sich regelmäßig, nachdem sie ihre Lieben mit heißem Kakao und einer Dosis Valium ins Reich der Träume befördert hat, im coolen Lederoutfit, mit Perücke, Sonnenbrille und High-Tech-Arsenal als Jennifer Blood auf einen gnadenlosen und blutigen Rachefeldzug.
Primäres Ziel der Vergeltung ist ihre eigene kriminelle Verwandtschaft in Gestalt von fünf Onkeln, welche vor vielen Jahren eine unsägliche Bluttat begingen. Und so bläst sie Nacht für Nacht einem der Verhassten das Lebenslicht aus, wobei sie auch vor Massenmord nicht zurückschreckt und mit geradezu perverser Lust die grausamen Hinrichtungen ihrer Gangster-Oheime regelrecht zelebriert.
Selbst kleinere Ablenkungen wie ihr notgeiler Nachbar Jack, der gerne mal in ihrer Gegenwart seinen kleinen Kameraden rausholt, oder drei von einem Onkel angeheuerte Kunoichis – weibliche Ninjas – können sie nicht beirren und verwirren.
Dass Garth Ennis zu den Comic-Autoren gehört, die intelligente Satire, zotige Komik, schwarzen Humor, Political Incorrectness und den Blick auf allzu menschlich Schwächen aus dem Effeff beherrschen, hat er in der Vergangenheit nicht zuletzt durch Serien wie „Preacher“, „The Boys“ oder seinen „Hellblazer“-Run beeindruckend unter Beweis gestellt. Umso bedauerlicher ist es, dass er mit Jennifer Blood nicht einmal ansatzweise an seine guten Zeiten, Storys und Figuren anknüpfen kann. Zwar hat die vorliegende Geschichte auch ihre komischen Momente – insbesondere dann, wenn Nachbar Jack seinen Larry raushängen lässt oder Jennifer in ihrem Tagebuch dem Planen der bestialischen Morde den selben Wert zumisst wie dem Einkauf von umweltfreundlichem Oberflächenreinigern -, aber der Fokus liegt eindeutig auf dem humorlosen Abschlachten und der voyeuristischen Befriedigung. Dass das Ganze zudem relativ spannungsarm vonstatten geht, weil die Gegenspieler der Helden weder einzeln, noch als Familie das Geringste entgegenzusetzen haben und wie Lämmer – kleine, gemeine Lämmer - auf einer Schlachtbank wirken, trägt ein Übriges zum lahmen Gesamteindruck des Tradepaperbacks bei.
Fazit: Wer Spaß am spannungsarmen dafür aber um so blutigeren Abschlachten hat, soll gerne einen Blick riskieren. Wer echte Originalität und ennis'schen Humor sucht, der sollte die Finger von diesem Comic lassen