Titel: Shazam #1 Verlag: Panini Comics, 2014
Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Gehörte Shazam, der 1940 unter dem Namen Captain Marvel bei Whiz Comics reüssierte, nicht einfach nur zu beliebtesten Superhelden seiner Ära, sondern lief zeitweise sogar Superman den Rang ab, so sank sein Stern in den folgenden Jahren –nachdem DC die Rechte an der Figur erworben und Marvel, die sich die Rechte an dem Namen gesichert hatten, die Namensänderung durchgesetzt hatte –rapide, bis Billy Batson und sein Alter Ego Shazam gänzlich von der Bildfläche verschwanden und erst in den frühen 70'ern in der zweiten und dritten Reihe der Helden wieder auftauchten. Im Zuge des „The New 52“-Relaunches wird neben einigen anderen vergessenen oder in die Bedeutungslosigkeit abgedrifteten Charakteren auch Shazam eine erzählerische Frischzellenkur spendiert, die mit einem grafischen Aufpimpen einhergeht.
Als Billy Batson aus dem Kinderheim in die Pflegefamilie Vasquez kommt, hält sich seine Freude in Grenzen, obgleich die Eltern überaus freundlich sind und ihn die anderen Pflegekinder –Mary, Freddy, Pedro, Eugene und Darla –mit offen Armen willkommen heißen; seine Erfahrungen haben Billy trotz seiner Jugend zu einem zynischen Egozentriker gemacht, der auch mal die Fäuste sprechen lässt, wenn ihm jemand schief kommt. Insbesondere droht der Streit mit dem gleichermaßen reichen wie rüden und rücksichtslosen Nachbarn Mr. Bryer, der die Vasquez' übelst drangsaliert, zu eskalieren.
Dass unter seiner rauen, harten Schale dennoch ein guter Kern zu stecken scheint, erfährt Billy als er eines Abends auf der Flucht vor Bryers Kindern in der U-Bahn unversehens in eine Parallelwelt gelangt, wo ihm der Letzte des Rats der Magier eröffnet, dass er fortan und trotz seiner dunklen Seiten nicht nur der Hüter des Felsen der Ewigkeit sein wird, sondern auch mit besonderen Kräften gesegnet sein wird, die er mit dem Wort SHAZAM aktivieren kann. Und der alte Wächter hat auch gleich einen schwierigen Auftrag für den Neuling: Billy soll verhindern, dass ein Äonen alter Magier namens Black Adam, der die Magie des Felsens für sich selbst beansprucht, die sieben Todsünden zum Leben erweckt.
Zunächst nimmt Billy diese Aufgabe nicht sonderlich ernst, sondern schlägt zusammen mit seinem Pflegebruder Tyler Kapital aus seinen neuen Fähigkeiten. Doch dann steht er urplötzlich Black Adam Auge in Auge gegenüber und muss erkennen, dass er hoffnungslos unterlegen ist. Doch wozu hat man eine große Pflegefamilie?
Ich selbst habe Shazam als Superhelden zuletzt irgendwann in den frühen 80'ern des vergangenen Jahrhunderts bewusst wahrgenommen; schon damals empfand ich das Konzept eines Jungen, der sich mittels eines Zauberwortes in einen Superman-Klon in uncoolem Outfit verwandelt, nervig bis langweilig. Umso mehr überraschte und erfreute mich der 52'er-Relaunch: nicht nur, dass Billy Batson als markanter, durch und durch grauer Protagonist daherkommt, der auf Grund seines egozentrischen, harten Auftretens zwar oft des Lesers Verständnis, nicht jedoch seine Sympathie besitzt, sondern auch die Familiendynamik unter den Pflegekindern wird von Geoff Johns zumindest gefällig in Szene gesetzt, obgleich die einzelnen Figuren sowie die Konstellation an sich relativ klischeebeladen sind. Nichtsdestotrotz steht im Fokus dieses ersten Tradepaperbacks das Menschliche und Zwischenmenschliche, hinter das die ebenfalls vorhandene und notwendige Action deutlich zurücktritt. Die Story selbst ist vergleichsweise einfach und vorhersehbar gestrickt, legt aber immerhin einen Grundstein für zukünftige Ereignisse.
Durch und durch erfreulich ist Gary Franks Artwork, das in seiner visuellen Dynamik und Tiefe, mit seinen feinen, realismusnahen Duktus und den zahlreichen Eyecatchern fast an Ivan Reis' congenialen Aquaman-Arbeiten heranreicht.
Fazit: Zweifellos gehört Shazam zu den großen Gewinnern des „The New 52“-Relaunches; hochinteressante, menschliche, vom Muff und Mief des Golden, Silver und Bronze Age befreite Charaktere und ein Artwork, das wie ein Blitz einschlägt.