Reihe: Die uralte Metropole, 4. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Scarlet Hawthorne erwacht im New Yorker Battery Park, einen bunten Flickenmantel ihr Eigen nennend, der sie gerade mal so gegen die Kälte und den Schnee schützt. In ihrer Hand hält sie einen Talisman. Das ist alles, was sie besitzt, denn noch nicht einmal eine Erinnerung ist ihr geblieben. Während sie noch um ihre Erinnerung kämpft, hört sie dieses Heulen. Dabei ist ihr durchaus bewusst, dass es in einer Stadt wie New York - oder auch Gotham genannt - keine Wölfe geben kann. Dennoch findet sie sich auf der Flucht wieder vor den Schneesturmgeborenen. Wölfe, die viel zu groß sind, um natürlichen Ursprungs zu sein. Geboren aus Schnee und Eis. Eine Dornenhecke schützt unsere kommende Heldin, indem sie sie vor dem Wolf schützt. Kurz darauf trifft sie auf die Ich-Erzählerin des Buches, eine gewisse Anthea Atwoods. Diese nimmt Scarlet mit in ihr Zuhause, eine verwunschene Mühle mitten im Park, die niemand zu bemerken scheint. Anthea erzählt ihr, dass sie nicht zufällig zur Stelle war, als Scarlet Hilfe benötigte. Scarlet steht im Mittelpunkt dunkler Machenschaften, die die Stadt unter der Stadt in Bedrängnis bringen. In der Uralten Metropole wimmelt es von Eistoten. Zudem verschwinden ständig Kinder, ohne eine Spur zu hinterlassen. Immer wieder ist von einer Lady Solitaire die Rede, die niemand wirklich zu kennen scheint. Lady Solitaire sucht aus unerfindlichen Gründen nach Scarlet Hawthorne.
"Somnia" ist der vierte Band, der sich mit der uralten Metropole beschäftigt. Wer die anderen drei Bücher nicht kennt findet mit den neuen Handlungsträgern - Scarlet Hawthorne, Anthea Atwoods, Jake Sawyer und dem Streifenschwanzmungo Buster Mandrake - einen neuen Anfang.
Es gelingt dem Leser sofort, sich in die Hauptfigur hineinzuversetzen. Mir gefiel es von Anfang an, dass Christoph Marzi neue Handlungsträger einführte. Aber auch die Nebenfiguren haben es in sich. Ich fand Scarlet, die Tochter Mortimer Wittgensteins, sofort sympathisch. Gerade Mortimer, der die anderen Bücher dominierte, ist nicht mehr der Handlungsträger. Mit dem Wechsel der Hauptfiguren änderte sich auch ein wenig die Erzählweise. Anthea Atwoods, mit ihrer Begleitung, dem Streifenschwanzmungo Buster Mandrake, sorgt für eine erfrischend neue Lesart. Natürlich gibt es auch ein Wiedersehen mit den Figuren aus den anderen Büchern. Die sorgen nicht nur für einen Aha-Effekt, sondern sind gleichzeitig die Klammer, die die ersten Bände mit "Somnia" verbindet. Mir persönlich gefallen auch die Ideen, die Christoph Marzi einbringt. Die seelenlosen Kinder erinnern an die Schneekönigin von Hans Christian Andersen, anderes erinnert an Neil Gaiman, an Sagen wie den Rattenfänger von Hameln, Legenden und Märchen.
Der Autor hat wieder ein Buch geschrieben, das dem Leser viele neue Ideenkombinationen vorlegt. Gleichzeitig ist es aber auch ein Buch, das es mir schwer machte, ein Ende vorherzusehen. Immer wieder ändert sich etwas, und die Erzählung scheint eine neue Richtung eingeschlagen zu haben.