Serie / Zyklus: Uplift-Zyklus, Band 1 Besprechung / Rezension von Jürgen Olejok |
Der erste Band des Uplift-Zyklus entstand 1980 und eine Fortsetzung oder gar Trilogie war weder in Planung, noch beabsichtigt. Die Idee, eine feste Handlungsumgebung für weitere Romane bzw. Kurzgeschichten zu entwickeln, ergab sich eher zufällig. Sonnentaucher ist im Stil eines klassischen Krimis aufgebaut und besitzt den SF-Charme der späten Siebziger.
Dieser Roman benutzt das Uplift-Universum als roten Faden. Für alle, die dieses Universum nicht kennen, ein kleiner Auszug aus dem Handlungsrahmen:
Alles begann vor ca. 2 Milliarden Jahren. Die erste raumfahrende Rasse, die Progenitoren, gründeten durch den Prozess des Uplifting die galaktische Zivilisation. Das uplifting ist eine genetische Veränderung einer tierischen Spezies, die durch diesen Eingriff als intelligente Lebensform in der galaktischen Zivilisation aufgenommen wird. Die geliftete Rasse muss als Klient ihren Patronen dienen, eine Bringschuld, die Tausende von Jahren dauern kann.
Irgendwann darf diese Rasse als Patron andere Rassen upliften. Das ist das Gesetz des Universums. Eines Tages tauchen die Menschen als raumfahrende Rasse im Weltraum auf und treffen auf die Galaktiker. Für die Menschheit gibt es keine Patrone - ein Umstand, der eigentlich nicht sein kann und darf. Die Konsequenz wäre, dass sich die Menschen ohne fremde Hilfe zur raumfahrende Rasse entwickelt hat... unmöglich !
Es gibt keine Informationen zu einer Patronatsrasse in diesem Sonnensystem. Selbst die "allwissende" galaktische Bibliothek besitzt keine Aufzeichnungen. Die Menschheit geniesst deshalb eine Ausnahmestellung innerhalb der galaktischen Gemeinschaft und wird als "Wölflingsrasse" bezeichnet. Die autarke Entwicklung der Menschen und die dadurch entstehende Eigenständigkeit und der Stolz, sind den Galaktikern ein Dorn im Auge.... zumal die Menschen bereits mit den Delphinen und Schimpansen selbst das Uplifting betreiben und sich so ihre eigenen Klientenrassen schafft. Es gibt nur einen kleinen Unterschied... während die ausserirdischen Klientrassen eine gewisse Ehrfurcht vor ihren Patronen besitzt und ehrerbietig ihren Status innerhalb der Gemeinschaft akzeptieren, sprühen die upgelifeteten Erdenrassen vor Selbstvertrauen und lassen jeden Respekt gegenüber ihren Patronen missen... halt eine Wölflingswelt mit ihren "Jungen"... ein Zustand, der von den galaktischen Rassen misstrauisch beobachtet wird.
Jakob Demwa befasst sich mit dem uplifting-Prozess von Delphinen. Er hat eine Vergangenheit, die ihn in früheren Jahren zu einem Helden gemacht hat. Eigentlich ist Jakob kein Draufgänger und die Ehre, die ihm zuteil wurde, erzeugt nun mehr Unbehagen als Befriedigung. Jakob trägt nämlich ein kleines Geheimnis mit sich rum und hält es für alle Welt verschlossen. Als ein "alter Freund", Fagin, der zur Rasse der Canten gehört, Jakob um Unterstützung bittet, ahnt er schon, dass sich diese Hilfe nicht allein auf seine Tätigkeit als Patron bezieht. Er soll als Beobachter einem Ereignis beiwohnen, das terranische und galaktische Ingenieurskunst vereint... eine Reise mit einem speziellen Raumschiff in die Corona der Sonne.
Bei unbemannten Flügen dahin wurde eine Entdeckung gemacht, die die Frage eines Patronats für die Menschheit neu definieren könnte. Diesmal soll eine Besatzung aus Ausserirdischen und Menschen die Reise zur Sonne antreten um einige Ungereimheiten dieser Entdeckung aufzudecken. Jakob erklärt sich mit einem unguten Gefühl bereit, diesem Abenteuer beizuwohnen... nicht ahnend, dass bei diesem Flug politische Extremisten ihre Finger im Spiel haben. Was als Expedition begann, entwickelt sich zu einer Reise ohne Wiederkehr...
Sonnentaucher erschien 3 Jahre vor Sternenflut und David Brins eigenwilliger Stil ist hier noch nicht so ausgeprägt. Seine Dialoge sind weniger spritzig und haben nicht die Natürlichkeit, durch die sich der Leser in die Situationen hinein versetzen kann. Eine gewisse "Hast", die den früheren SF-Autoren zu eigen war, ist hier zu erkennen. Manchen Situationen fehlt ein wenig der Schliff. Da beide Romane von Rainer Schmidt ins Deutsche übersetzt wurden, bleibt als Erklärung für die Mängel nur die damals noch nicht vorhandene stilistische Reife von David Brin übrig, die in Sternenflut durchaus erkennbar ist.
Trotz der Kritik ist Sonnentaucher kein Buch für vertikale Ausgleichsaufgaben an schiefen Regalen und Schreibtischen. Für Fans kompliziert verstrickter Ermittlungen und Aufklärungen bietet es jede Menge Lesevergnügen; die Story ist straff geführt und weicht nicht vom Handlungsrahmen ab. Auch der Spannungsbogen wird durchgehend aufrecht gehalten und das Ende ist gleichzeitig überraschend und konsequent.
Brin hat hier nicht nur eine spannende SF-Story abgeliefert, sondern verschafft mit diesem Roman den Leser einen kleinen Einblick in die Welt der politischen Untiefen. Was er als SF-Schriftsteller logischerweise in ein Universum mit vielen ausserirdischen Rassen transportiert, ist ein kleiner Auszug aus dem Reich der politischen Interessen, Seilschaften und Überlegungen, die vom interessierten Leser als Extrapolation der hiesigen Verhältnisse eines Parlaments erkannt werden. In diesem Sinne ist Sonnentaucher teilweise ein politisches Buch. Brin versteht es, dem Leser zu vermitteln, wie Diplomatie und Interessenklüngel funktionieren und warum manchmal Entscheidungen getroffen werden, die ein Normalsterblicher nicht nachvollziehen kann.
Sonnentaucher ist nicht unbedingt ein Highlight der SF, denn dazu fehlen ganz einfach herausragende Erzählelemente und stilistische Feinheiten, aber für Anhänger des Uplift-Universums und Fans von David Brin durchaus lesenswert.
Sonnentaucher - Rezension von Christian Plötz
Eine Übersicht des gesamten Zyklus gibt es auf der Autorenseite.
[auf fictionfantasy.de rezensierte Bücher sind mit Link unterlegt und fett gekennzeichnet.]