Serie / Zyklus: ~ |
Herbert W. Franke zählt im deutschsprachigen Raum zu den wohl bekanntesten SF-Autoren, bzw. zählte, denn schon seit Jahren ist nichts neues mehr von ihm im Bereich SF erschienen. So Mitte/Ende der achtziger Jahre zog er sich aus der SF mehr oder weniger zurück. Danach wurden seine Kurzgeschichten vom Suhrkamp-Verlag immer mal wieder nachgedruckt, aber neues Material gab es seitdem kaum. In der Autorenvorstellung auf dem Backcover wird als letzte Veröffentlichung "Hiob ´s Stern" aus dem Jahre 1988 aufgeführt.
Mit "Sphinx-2" liegt nun ein neuer Roman vor, dem in Kürze ein weiterer folgen wird.
Herbert W. Franke siedelt seine Romanhandlung in einer nahen Zukunft an, die durchaus so eintreten könnte. Die Trennung zwischen Arm und Reich wurde auf drastische Weise vollzogen. Die Reichen leben in riesigen Kuppelstädten, in denen sie den gesamten industriellen und wissenschaftlichen Sachverstand der Menschheit integriert haben. Dank ihrer wissenschaftlichen und militärischen Überlegenheit sind sie in der Lage jeden Krieg um die für sie notwendigen Ressourcen zu gewinnen. Losgelöst von Staatengemeinschaften - wie sie heute noch existieren - führen sie ein Leben auf Kosten des Großteils der Weltbevölkerung. Die außerhalb der Kuppel lebenden haben sich notgedrungen ebenfalls zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um so ihre Interessen gegenüber den Kuppelbewohnern gemeinsam vertreten zu können.
Das ganze erinnerte mich bei der Lektüre stark an die "Festung Europa". Bereits jetzt schotten wir uns gegen den Zustrom aus anderen Ländern hermetisch ab und lassen nur diejenigen ins Land, die wir für die Aufrechterhaltung unseres Lebensstiles benötigen. Ebenso beuten die Industriestaaten die restlichen Länder der Erde hinsichtlich deren Bodenschätze aus und führen darum sogar Kriege.
Da die Kuppeln über die besten wissenschaftlichen Ausstattungen und Lehranstalten verfügen, stellen sie gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs der armen Länder das "Paradies" dar.
Diese Zweiteilung der Welt birgt natürlich eine ständig vorhandene Kriegsgefahr und die Problematik des internationalen Terrorismus ist ebenfalls nicht gelöst.
Vor diesem Szenario hätte der Autor eine farbenprächtige Story oder einen spannenden Thriller spielen lassen können. Die Ausarbeitung solch einer Zukunft hätte als Rahmen genügt und nur noch mit Leben erfüllt werden müssen, um so als Diskussionsanreiz fungieren zu können.
Franke eröffnet aber noch ein weiteres, aktuelles Themenfeld: dem des Klonens. Die beiden Haupthandlungsträger, aus deren Sichtweise der Roman abwechselnd geschildert wird, erkennen erst nach und nach, dass sie Original und Kopie sind. Während der junge, aufstrebende Wissenschaftler Gareth Lavalle durch die Eröffnung er hätte eine unheilbare Erkrankung mitten aus seinem Forscherleben herausgerissen wird, ahnt sein Original gar nichts von der Existenz eines Klons. Eines Klons, der aufgrund einer schwerwiegenden Verletzung des Originals nun als "Ersatzteillager" herhalten soll.
Auch hier werden verschiedene Fragekomplexe aufgeworfen, die durchaus nicht neu sind. Ist es moralisch vertretbar menschliche "Ersatzteillager" zu züchten und sei es nur für Spitzenwissenschaftler? Wie geht man mit den Klonen um? Bei Franke jedenfalls dürfen sie ein eigenständiges Leben führen. Man nutzt ihre genetisch vererbten Fähigkeiten aus und hält sie nicht wie "Vieh" bis zum Tage X gefangen. Vielmehr leben sie ihr eigenes Leben in völliger Unwissenheit ihres Status. Ein überaus humaner Umgang, wenn man die Werke anderer Autoren betrachtet (z.B. Michael Marshall Smith in "Geklont").
Der Roman hinterließ bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Herbert W. Franke gelingt es nachvollziehbar zwei große Problemkomplexe zu entwerfen und diese mit ihren Auswirkungen und moralischen wie gesellschaftlichen Fragestellungen auszuarbeiten. Sein Werk regt auf alle Fälle zum innehalten und Nachdenken an. Dafür sorgt allein schon der Autor, dem diese beiden Komplexe nicht nur als Mittel zum Zweck dienen einen unterhaltsamen Roman zu verfassen, sondern der bewußt die Finger in die Wunden gesellschaftlicher Weiterentwicklungen legt. Das Franke über einen überdurchschnittlichen Bildungshorizont verfügt und sich mit den Fragen der menschlischen Weiterentwicklung auseinandergesetzt hat, ist nicht zu übersehen.
Gelitten hat darunter ein wenig die Spannung. Als Thriller würde ich dieses Werk nicht bezeichnen, ebensowenig als "Gentechnik-Roman", da dies nur eine Facette abdeckt. SF ist es auf alle Fälle und zwar intelligent zu Papier gebrachte.
Ist der Einstieg noch spannend verfaßt und der Leser genauso unwissend wie der Protagonist, versandet diese Spannung in späteren Kapiteln. Hier hätte der Autor die Handlung ein wenig straffen können und zwar auf beiden Handlungsebenen. Die Handlung verliert an Fahrt und die Vermengung der beiden Komplexe trägt ihres dazu bei.
Vielleicht wären zwei kürzere Werke mehr gewesen. In dem einem hätte H.W. Franke die Fragen des Klonens und wie geht die Gesellschaft mit diesen um abhandeln können. Im zweiten hätte er sich auf die Darstellung der weiteren Entwicklung der Menschheit in Kuppelbewohner und in den zerstörerischen Umwelteinflüssen ausgesetzten widmen können. Mit der Vermengung beider wird er den Themen letztlich nicht gerecht.
Dennoch bleibt "Sphinx_2" ein lesenswerter SF-Roman eines deutschsprachigen Autoren .