Genre: Mystery / Thriller Eine Rezension von Judith Gor (Weitere Rezensionen von Judith Gor findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
Nachdem Thanatos quasi mittendrin begann, führt Takuya Nonaka den Zuschauer in Mordverdacht zurück zum Anfang der Freundschaft zwischen Shiki und Mikiya. Die Stadt wird von einer grausamen Mordserie erschüttert: Bereits fünf Leichen wurden zerstückelt vorgefunden. Der einen fehlen nur bestimmte Gliedmaßen, eine andere ist kaum noch als menschlichen Wesen zu erkennen. Mikiyas Cousin ist Polizist und ermittelt in den mysteriösen Mordfällen, die irgendwie mit Mikiyas Mitschülerin Shiki in Zusammenhang stehen - einem schweigsamen Mädchen, das stets einen Kimono trägt und den Kontakt zu den anderen Schülern vermeidet. Nur Mikiya sieht, dass unter ihrer kalten Oberfläche eine interessante und liebenswerte Persönlichkeit steckt. Doch als die Verbindung zwischen Shiki und den Morden sichtbar wird, wird Mikiyas Vertrauen auf eine harte Probe gestellt …
Der Einstieg in Mordverdacht fällt wesentlich leichter als beim ersten Film, denn Shiki und Mikiya lernen sich gerade erst kennen – wodurch man als Zuschauer wiederum Zeit hat, die beiden Protagonisten erst einmal in Ruhe kennen zu lernen. Shiki kapselt sich bewusst von ihren Mitschülern ab, sie scheint eine gute Schülerin zu sein, doch sie sucht absichtlich die Einsamkeit. Mikiya ist fasziniert von ihr und drängt sich der kühlen Shiki quasi auf. Der Beginn ihrer Freundschaft ist eine Begegnung auf der Straße, wo Shiki mitten im Winter ganz allein und wie versteinert dasteht – nur mit ihrem Kimono bekleidet. Diese seltsame Szene geht Mikiya einfach nicht mehr aus dem Kopf. Und nachdem er Shikis Eispanzer erst einmal durchbrochen hat, ist es um ihn geschehen. Selbst, als sie ihm offenbart, eine gespaltene Persönlichkeit zu sein, nimmt er sie bedingungslos an. Mikiya ist zwar schon ein wenig irritiert, doch er glaubt so fest an das Gute in Shiki, dass er ihre dunkle Seite einfach ausblendet.
Bereits Thanatos beeindruckte mit einer finsteren, urbanen Atmosphäre, die den Zuschauer in ihren Bann schlägt. Mordverdacht zeigt hingegen die Protagonisten in ihrer Jugend, die Szenen sind heller, aber nicht minder beklemmend. Der Schulalltag wird von befremdlichen Begebenheiten aufgebrochen und die bestialischen Morde sorgen für eine unheilvolle Stimmung. Unweigerlich fragt man sich: Wer ist Shiki wirklich? Irgendwie scheint sie immer in der Nähe zu sein, wenn ein Mord geschieht. Doch tötet tatsächlich sie die Menschen? Ihr entrücktes Lächeln lässt einem kalte Schauer über den Rücken laufen – und in der nächsten Szene unterhält sie sich mit Mikiya und man erlebt hautnah, wie die beiden sich annähern und eine Jugendliebe erblüht. Die Emotionen springen über und man hofft für Mikiya, dass Shiki sich ihm weiter öffnet. Und gleichzeitig, dass Shikis Finsternis nur ein böser Traum ist.
Mordverdacht wirkt besonders intensiv, weil man die ältere Shiki in Thanatos bereits als selbstbewusste, erwachsene Frau kennengelernt hat. Und so versucht man fieberhaft, diese Shiki mit der schweigsamen Schülerin in Einklang zu bringen, was teilweise auch gelingt. Teilweise scheint sie aber auch eine vollkommen andere Person zu sein. Hier offenbart sich der Vorteil einer nicht-chronologischen Erzählweise: Man sucht permanent nach Antworten. Dabei muss das Kunststück gelingen, den Zuschauer trotz verschachtelter Ereignisse bei Laune zu halten. Man muss einen Zugang zu den Figuren bekommen, um die vielen offenen Fragen zu akzeptieren – und das gelingt the Garden of sinners bisher meisterhaft. Mordverdacht ist atmosphärisch noch etwas dichter als Thanatos und psychologisch interessanter. Während im ersten Film der Suizid thematisiert wurde, erhält man im zweiten Film wertvolle Einblicke in Shikis Persönlichkeit. Und in ihre Abgründe.
Auch der Soundtrack wirkt ein wenig stärker. Die Symbiose von Klang und Optik ist äußerst gelungen und macht Mordverdacht zu einem akustischen und visuellen Highlight. Man wird regelrecht in den Film hineingezogen, der mit wundervollen Animationen glänzt. Die Mordopfer werden relativ explizit gezeigt, wobei sich Ekel und Schönheit zu einer grausigen Ästhetik vermischen. Die Bildqualität der DVD ist wie auch beim Vorgänger gut und die Gestaltung der Box wieder ein Traum. Mit Soundtrack-CD und stabilem Schmuckkarton ist die DVD-Ausgabe von the Garden of sinners genau das Richtige für Sammlerseelen. Der zweite Teil von „Mordverdacht“ ist übrigens der siebte und letzte Film der Reihe – und auch wenn man vor lauter Neugier die anderen Filme am liebsten überspringen würde, sollte man sie beim ersten Mal in ihrer vorgesehen Nummerierung anschauen.
Fazit
Der erste Teil von Mordverdacht führt zu dem von grausigen Morden überschatteten Anfang der Freundschaft zwischen Shiki und Mikiya. Der Film glänzt mit einer gleichermaßen düsteren wie ästhetischen Inszenierung und bringt dem Zuschauer die Protagonisten richtig nah: Insbesondere Shiki mit ihrer vielschichtigen, abgründigen Persönlichkeit fasziniert, doch auch Mikiya mit seinem unerschütterlichen Vertrauen überzeugt. Ein beklemmend stiller Psychothriller mit dichter Atmosphäre, intensiven Emotionen und phantastischer Note. 9 von 10 Punkten.